Es soll der schönste Tag im Leben sein. Ein Tag, den Mann und Frau nie vergessen. Und an dem alles passt. Vom Strumpfband bis zum Hochzeitswagen. Also fahren vor den Kirchenportalen oft noble Schlitten wie Jaguar, Porsche oder Mercedes vor. Schön unpraktisch, denn wo soll die Angetraute in diesen Autos wohl Schleier und Schleppe lassen? Klare Sache, da hilft nur ein ausgewachsener Kombi. Und zwar einer, der nicht schon bei zwei Metern Schleppe schlapp macht. Als Braut(ent)führer stellen sich also vor: der neue Volvo V70, der dynamische Ford Mondeo Turnier, der vollreife Opel Vectra Caravan und der beliebte VW Passat Variant. Alle mit starkem Diesel, großer Klappe und nur einem Ziel: der Braut das Ja-Wort zu entlocken.

Beim Platzangebot weiß der VW Passat zu überzeugen

VW Passat Variant
Das Brautpaar, die beiden Trauzeugen, einen Chauffeur sowie handliche Hochzeitsgaben schlucken alle vier Kombis. Überzeugend spielt vor allem der Passat seine Rolle. Er bietet seinen Gästen nicht nur die bequemsten Polster und ausreichend Luft zum Lümmeln, sondern punktet auch mit 603 Liter Kofferraum (laut Werksangabe). Gespart hat VW dafür an anderer Stelle. So müssen die Kopfstützen zum Umklappen der Fondsitze raus. Und bei keinem Deutschen gibt es eine dreigeteilte Lehne wie beim Volvo. Auch das Schienensystem im Kofferraumboden bringt nur der kantige Schwede ohne Aufpreis mit in die Ehe. Der Volvo, ein Traumpart ner? Nicht ganz: Wer die hinteren Sitze wegklappt, schaut auf einen leicht ansteigenden Ladeboden. Außerdem kostet die Dachreling beim V70 extra.

Der Opel Vectra zeigt sich gereift und konkurrenzfähig

Opel Vectra Caravan
Nur beim Passat entsteht im Heck keine schiefe Ebene, bei Passat und Vectra gehört die Dachreling zur Serien-Mitgift. Ohnehin zeigt der älteste Mitbewerber, dass er im Alltag noch mithalten kann: Füllige 1850 Liter Maximal-Kofferraum und beeindruckende zwei Meter Ladelänge nehmen es auch mit Hochzeits-Präsenten im extragroßen Format auf. In die Flitterwochen fliehen die frisch Vermählten am liebsten im Mondeo. In beiden Sitzreihen herrscht die großzügige Atmosphäre eines Kirchenschiffs. Das mit lackiertem Plastik etwas bemüht auf Designermöbel getrimmte Cockpit kann es bei der Verarbeitung immerhin mit dem Passat aufnehmen – und fühlt sich feiner an als etwa der recht sachlich eingerichtete Vectra. Am edelsten erscheint hier der kühle Nordländer, dessen feines Finish fast schon das Premium-Prädikat verdient. Vorn geht es im V70 zwar rein rechnerisch am engsten zu, doch keiner der vier Hochzeits-Wagen kneift hier wirklich.
Der Volvo verwöhnt zudem mit moderner Innenarchitektur, die in der scheinbar frei schwebenden Mittelkonsole gipfelt. Okay, die Sitze könnten noch besser konturiert und die Tasten im Cockpit besser geordnet sein – doch für seinen sympathischen Auftritt sehen wir das dem Volvo nach. Anders beim Platzangebot in der zweiten Reihe, das längere Reisen trotz der angenehm hohen Sitzposition wenig entspannend gestaltet. Auf 4,83 Meter Gesamtlänge sollten die Interieur-Designer mehr Platz für Kopf und Knie finden. Vielleicht schauen sie mal zu Ford nach Köln rüber. Obwohl der Mondeo nur sieben Millimeter länger ist als der Volvo, bietet er hinten mehr Raum. Vorbildlich dagegen das Sicherheitsbewusstsein der Schweden. Die wichtigsten Airbags und elektronischen Fahrhilfen gehören zwar bei allen zur Serienausstattung, das Trennnetz für dachhoch geladenes Gepäck gibt es jedoch nur bei Volvo ohne Zuschlag. Die Deutschen verlangen zwischen 165 (VW) und 205 (Opel, Ford) Euro extra – und das für etwas, das in einen Kombi so selbstverständlich gehört wie Ringe zur Hochzeitszeremonie.

Entspannt segelt der Mondeo durch den Verkehr

Ford Mondeo Turnier
Sparsame, aber nicht spaßarme Motoren? Da nicken wir ebenso selbstverständlich, wie wir als Antwort vorm Traualtar ein "Ja" erwarten. Und werden von unseren vier Diesel-Kombis (alle natürlich mit Partikelfilter) nicht enttäuscht. Für eilige Naturen empfiehlt sich der Zweiliter-TDI von VW. Mit 170 PS und 350 Nm Drehmoment bringt er die besten Anlagen mit in die Ehe. Aus den Startblöcken kommt er wie ein Leistungssportler, bei Sprint und Elastizität lässt er seine Nebenbuhler regelrecht verhungern. Allerdings fehlt dem Haudrauf-Diesel das Benehmen. Die alte Pumpe-Düse-Einspritzung nagelt uns die Trommelfelle wund, das ab 1800 Touren überfallartig einsetzende Drehmoment sorgt schon bei geringer Feuchtigkeit für hilflos radierende Vorderräder. Sorry VW – aber bevor der Passat nicht den neuen Common-Rail-Diesel bekommt, gibt es kein Eheversprechen. Wie viel harmonischer bittet da der Mondeo um unsere Hand. Sein Zweiliter leistet zwar nur 140 PS, bietet dafür aber absolut angemessene Fahrleistungen und lässt in keiner Situation Leistungsbereitschaft vermissen. Sanft grummelnd nimmt der Ford Fahrt auf und segelt entspannt durch den Verkehr. Erst bei höherem Tempo fällt auf, dass der TDCi nicht so entspannt ausdreht wie der VW und ab 4000 Touren etwas zugeschnürt wirkt.
Volvo V70
Der Volvo versucht, uns mit rauchiger Fünfzylinderstimme zu betören und von seinen Schwächen abzulenken. Und fast gelingt dem 163 PS starken 2.4 D das auch. Der tolle und absolut undieselige Klang sowie die guten Fahrleistungen lassen den 2,4-Liter in einem guten Licht erscheinen. Bei längerer Bekanntschaft tritt aber eine Anfahrschwäche deutlich zu Tage und lässt uns zweifeln. Dazu kommt noch der höchste Verbrauch im Feld, der mit 7,3 Litern zwar nicht gerade Verschwendungssucht verrät, aber doch um 0,8 Liter über dem des Vectra liegt. Der Rüsselsheimer erkauft sich die Sparsamkeit aber auch mit gebremstem Temperament. Im Sprint fährt er seinen Kollegen leicht hinterher und erreicht als letzter die Kirche, bei der Elastizität liefert er sich mit dem Volvo einen erbitterten Kampf um den vorletzten Platz. Auch mit den Manieren des Opel steht es nicht zum Allerbesten. Die 320 Nm Drehmoment wollen erstmal aus dem Drehzahlkeller gelockt werden, übermäßig spritzig oder kultiviert gehen seine 150 PS nicht an die Arbeit. Der 1,9-Liter-CDTI ist eben genau wie der Vectra selbst nicht mehr der Jüngste.

In Sachen Dynamik sind die Unterschiede groß

Volvo V70/Ford Mondeo/Opel Vectra/VW Passat
Auch den stürmischen Junggesellenabschied auf kurvigen Passstraßen begleitet der Opel mit hakeliger Schaltung am wenigsten dynamisch, aber immerhin sicher und erfreulich komfortabel. ESP gehört wie bei den drei anderen Brautwagen zur Serie, nur böse Querfugen bringen den Vectra etwas aus der Ruhe. Das Fahrwerk des V70 führt ebenfalls nicht zwangsläufig zur Liebe auf den ersten Drive. Für einen Volvo arbeitet es zwar bemerkenswert komfortabel, Frostaufbrüche und Kanaldeckel lassen die Insassen aber stets aufhorchen und bedächtig nicken. Die eher unverbindliche Lenkung begrenzt außerdem den Spaß. Der Passat vermittelt da schon eine Portion mehr Fahrdynamik. Präzise wirbelt er durch Kurven, ohne dass die leichtgängige Lenkung nervös wirken würde. Bekannt hohe Standards erreicht der Komfort. Kurze oder lange Wellen? Der VW nimmt sie meist gelassen, kommt allerdings nie ganz zur Ruhe und reicht Absätze trocken an die Insassen weiter. Hier kann der Ford Boden gut machen. Die straffen Federn schlucken Bodenwellen wie Frischverliebte die Macken des Partners. Einzig beim Abrollkomfort zeigt der Mondeo leichte Schwächen. Richtig wohl fühlt sich der Turnier immer dann, wenn es schnell gehen soll. Dank direkter Lenkung und tollem Handling erleben wir den kurvigen Weg zur Liebsten nicht als zeitraubend, sondern sogar als vergnüglich.
Wer den V70 2.4 D aus Liebe wählt, wird die stattlichen Preise ab 37.670 Euro akzeptieren. Alle anderen müssen schon mal schlucken. Denn auch wenn der Schwede gut ausgestattet vorfährt, kostet er fast 30 Prozent mehr als seine Mitstreiter und wird bei den Versicherern schlechter eingestuft. Da trösten dann auch die selbstbewussten Garantiezusagen nicht wirklich. Die bietet nämlich auch der Passat Variant 2.0 TDI – und zwar ab 29.975 Euro. Darüber hinaus bleibt der Wolfsburger auch im Alter ein zuverlässiger und vor allem ein wertstabiler Partner. Der Opel Vectra Caravan 1.9 CDTI geht schon ab 28.530 Euro eine feste Bindung ein. Wer es wagt, muss wie bei Ford aber mit einer schlechteren Mobilitätsgarantie leben. Mit Preisen ab 28.025 Euro empfiehlt sich der Ford Mondeo Turnier als Spartipp – der allerdings alle 20.000 Kilometer in die Werkstatt muss. Und nicht nur bei einem Bund fürs Leben geht das ins Geld.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Gerald Czajka

Am Ende nimmt unsere Braut den Mondeo Turnier. Wegen seiner praktischen Talente, seiner dynamischen Art und den trotzdem feinen Manieren. Der Passat Variant kann als Zweiter mithalten, gibt sich sogar noch etwas temperamentvoller. Seine ungestüme, mitunter raue Art mag aber nicht jede(r). Der Opel Vectra Caravan schlägt sich trotz oder gerade wegen seines Alters achtbar, beweist Größe und Reife. Der Volvo V70 verführt mit moderner Schale und feinem Interieur, Antrieb und Fahrwerk sind aber nur Durchschnitt.