Einer geht noch, einer geht noch rein ... Getreu diesem Gassenhauer greift Audi tief in den Konzernbaukasten und zaubert den A4 allroad auf die Straße. Ein rustikal gekleideter Grenzgänger, der sich frech in die (zu?) kleine Lücke zwischen A4 Avant und Q5 quetscht. Den allroad, im Grund nur eine 37 Millimeter höhergelegte "Matsch Fun"-Variante des zivilen A4-Allrad-Kombis, kennzeichnen ein mächtiger Kühlergrill mit senkrechten Chromstreben und rundum Schutzplanken. Die grauen Plastikblenden passen aber nicht wirklich zu dem eleganten Kombi – zum edlen Zweireiher trägt man ja auch keinen Tirolerhut. Geschmacksache, wie auch die betont bullige Front des Q5. Hier geht es jedoch nicht um Ästhetik, sondern um Talent. Und davon hat der A4 allroad genug, um als zeitgemäße, bodenständige Allrad-Alternative im Revier des großen SUV-Bruders zu wildern.

Unterm Blech unterscheiden sich die beiden Offroader kaum

Denn unterm Blech unterscheiden sich die beiden Offroader kaum, Radstand, quattro-Antrieb und der kultivierte 211-PS-Zweiliter-Turbobenziner sind sogar identisch. Selbst bei Ausstattung und Preis herrscht nahezu Gleichstand: Beim allroad beginnt die Preisliste ab 40.400 Euro – gerade einmal 300 Euro unter dem Q5 (40.700 Euro). Das SUV tritt hier jedoch mit der Siebengang-S-tronic an. Das Doppelkupplungsgetriebe kostet 2150 Euro Aufpreis und schmeichelt sich beim Cruisen mit ruckfreien Gangwechseln ohne Zugkraftunterbrechung ein. Bei sportlicher Fahrweise kann die S-tronic die leichte Ansprechverzögerung des Turbos aber nicht kaschieren, zudem ruckelt es, wenn per Kickdown zackig beschleunigt wird.

Die zusätzlichen 140 Kilo des Q5 drücken aufs Temperament

Audi A4 Allroad quattro 2.0 TFSI
Der A4 allroad verbraucht 1,6 Liter weniger als der dicke Bruder Q5.
Dass der stattliche Q5 insgesamt einen etwas angestrengteren Eindruck macht als sein schlanker Bruder, liegt vor allem an den zusätzlichen 140 Kilo, die das SUV zu schleppen hat. Die drücken auf Temperament und Sprintvermögen. Und kosten Sprit: Der wie eine Schrankwand im Wind stehende Q5 genehmigt sich im Schnitt 11,8 Liter Super, das sind immerhin 1,6 Liter mehr als beim allroad. Erstaunlich: Die fahrdynamischen Unterschiede fallen dennoch gering aus. Für ein SUV sticht der Q5 mit seiner fast schon übertrieben spitz ansprechenden Lenkung ausgesprochen flink in Kurven, dazu wankt er kaum und fährt stets sicher. Der allroad zeigt sich freilich noch ein wenig wendiger, sein Aufbau neigt sich geringer, außerdem hat er die gefühlvollere Lenkung. Tadellos bei beiden: standfeste Bremsen und aufmerksames ESP.
Innen ist dagegen der 16 Zentimeter höhere und vier Zentimeter breitere Q5 im Vorteil. Im Vergleich zum engeren, wenn auch nicht wirklich kneifenden allroad wirkt der Q5 luftiger. Das spüren vor allem die Fondgäste, die entspannt auf der angenehm hohen Bank sitzen. Und obwohl neun Zentimeter länger, zieht der allroad auch beim Stauraum den Kürzeren gegen das SUV. Motor- und Windgeräusche sind bei beiden gut gedämmt, lange Wellen schlucken die Federelemente hier wie dort gelassen. Kurze Stöße dringen jedoch trockener durch, beim Q5 kommen die 18-Zöller auf rasch hintereinander folgenden Querfugen mitunter ins Trampeln. Darf der A4 allroad sich also als der bessere Allradler fühlen? Nach Punkten ja. Doch der Vorsprung ist so knapp, dass am Ende vor allem eins entscheidet: der Geschmack.

Von

Uli Holzwarth