Was spricht gegen eine kleine Affäre im Alltag? Eine, die nichts verlangt, die immer dann bereitsteht, wenn Frau sie braucht. Die der Ehemann akzeptiert, die Freundinnen einem neiden? Die hupt, wenn ihr was nicht passt, statt gleich das Handtuch zu werfen? Die auch mit 42 Jahren auf der Uhr noch prickelt wie Champagner? So wie die Mini-Affäre von Claudia Elze, Kfz-Mechanikerin und AUTO BILD-Kollegin aus dem Fahrerlager. Ihr Typ: grauer Engländer, Baujahr 1966, klein und auch ein wenig hölzern. "Den habe ich von einem Bekannten aus einer befreundeten Werkstatt gekauft."

Der Mini ist der Käfer Englands

Mini Clubman/Mini Countryman
Zwei mit Schnauzbart und Mister-Bean-Gesicht.
Gekauft? Es klingt ein bisschen kitschig, wie die Schlüsselszene aus einem Rosamunde-Pilcher-Film: Mini vom Lande, der stiefmütterlich in der Ecke einer Großstadt-Werkstatt steht. "Der Mini apellierte an mein Mitgefühl. Als ich ihn sah, war es um mich geschehen." Natürlich nahm sie ihn mit nach Hause, zwei sorglose Jahre bis zum nächsten TÜV blieben dem Austin noch. "So lange wollte ich ihn fahren." Claudia war nicht so naiv, zu glauben, dass der Countryman danach noch eine Chance hat. Der Karosserie-Zustand glich dem einer Jeans im Used-Look. Modisch angesagt, aber nicht bei der nächsten Hauptuntersuchung tragbar.
Bis zum Trennungs-Termin fuhr Claudias Mann Wolf den Woody zur Arbeit, täglich einmal quer durch die Stadt. Zu den schönsten Erinnerungen zählt ein Urlaub in England. Mit der "Prince of Wales" ging es von Hamburg nach Harwich in den Fährhafen, anschließend nach London, Camebridge und Brighton.
"Die Engländer flippten regelrecht aus." Jeder erzählte dem Paar aus Hamburg seine persönliche Mini-Geschichte – nur dass keiner mehr einen fuhr. Der Mini hielt durch. Bis auf den Thermostaten, der unterwegs getauscht werden musste, damit der 39-PS-Motor nicht überhitzt. Selbst das heikle Fahrmanöver in einem Kreisverkehr überlebte der Countryman, ohne Schrammen davonzutragen. "Mein Mann navigierte, konnte sich zwischen geradeaus und abbiegen nicht entscheiden." Für einen winzigen Moment stützte sich der Woody nur noch auf zwei Räder. Nach der glücklichen Landung seufzte Claudia erleichtert: "Wahnsinn!" Ihr Mann cooler: "Klar, is' doch 'ne wilde Hilde." Seitdem hat der Wagen den Spitznamen weg – "wilde Hilde".

Der Countryman lärmt wie Iron Maiden

Mini Clubman/Mini Countryman
Neben dem neuen Clubman ist der alte wirklich mini.
Heute schont ihn Claudia, wo es nur geht. Nie Vollgas, "da bin ich ganz pingelig", am liebsten keine Autobahntouren. Weil die Sitze weder Kopfstützen noch Gurte haben. Dafür sind sie aus feinem, schwarzen Leder. Ursprünglich waren die Polster rot. Wie auch der Lack und die gesamte Innenverkleidung. "Der Wagen sah aus wie eine billige Nachtbar." Als ihrem Mann Wolf kurz vor Ablauf der TÜV-Plakette jemand in den hinteren Kotflügel fuhr, stand für das Paar fest: "Der Mini wird neu gemacht." Roter Lack wechselte zu grauem, das Eschen-Holz tischlerte eine Freundin zurecht. "Wir haben den Fahrschemel nicht von der Karosserie gelöst, der Austin ist deshalb – sagen wir mal – teilrestauriert." Von außen steht er perfekt da, vom TÜV zum Oldtimer mit H-Kennzeichen geadelt. Innen fehlen die Türverkleidung, außerdem die zweite Reihe mit durchgehender Sitzbank. "Dafür hatte ich kein Geld mehr." Auch wegen seiner Nacktheit innen lärmt der kleine 986-Kubik-Motor auf der Autobahn wie Iron Maiden beim Wacken-Open-Air. Insassen genießen schweigend.

Clubman: eine Nummer größer

Trotz 25 Zentimeter mehr Länge, einem um zehn Zentimeter größeren Radstand bietet auch der Countryman das Fahrgefühl der Limousine. Martini-trocken (eine Flasche davon musste nach Mini-Erfinder Sir Alec Issigonis in die Türablagen passen), mit katapultierender Federwirkung, direkter Lenkung und gesunder Küchenstuhlhaltung. Das Beste davon versuchte BMW in die Neuauflage des Mini-Vans zu retten. Der heißt heute szenig, aber historisch nicht ganz korrekt: Clubman. Mit den gleichen Hecktüren, die wie Fensterläden aufklappen. Mit dem gleichen praktischen Laderaum. Alles natürlich eine Nummer größer. Am deutlichsten wird das an den Rädern. Zehn Zoll versus 16 Zoll, 3,30 gegen 3,94 Meter Länge. Sandra Heisch (40), Fotoredakteurin bei AUTO BILD, fährt ihren Clubman seit November letzten Jahres. Schon wieder eine Mini-Affäre in der Redaktion... "Ich wollte unbedingt einen Clubman fahren. Bei der Limousine war mir der Kofferraum zu klein und das Klappsystem zu unpraktisch."

Hamburg hat die meisten Mini-Affären Deutschlands

Mini Clubman/Mini Countryman
BMW versuchte, das Fahrgefühl des alten Mini in den neuen zu retten.
Klingt stark nach Zweckbeziehung. Leidenschaft fühlt sich anders an. Wie wäre es mit gedämmtem Licht, um in Stimmung zu kommen? "Meine Lounge-Beleuchtung steht auf Rosa im Winter, Blau im Sommer." Langsam kommen wir der Liebe auf die Spur. Besondere Ansprüche ans Aussehen, Frau Heisch? "Ohne Streifen auf der Haube hätte ich ihn nicht genommen." Aha! Etwa auch noch bestimmte Anforderungen an den Charakter? "Für den Clubman lasse ich jeden anderen Wagen stehen." Dieses Gefühl, der Straße nah zu sein, wie er mit den Kurven schmust, ohne auf Komfort zu verzichten, das ist typisch für den Mini. Da verzeiht man gern, dass die Beziehung trotz 120 bestellter PS nur stotternd in Bewegung kam. Am drehfreudigen Vierzylinder lag es nicht. Bei der Internetkonfiguration trat ein Systemfehler auf.
Partnerwahl im Netz – auch bei Autos boomt das Geschäft. "Ich hatte mich für die Farbkombination schwarzblau entschieden, ausgeliefert wurde er aber komplett in Blau.“ Sandra handelte schnell, ein Clubman in Uniblau, das ging in ihren Augen gar nicht. Der Wagen wurde nachlackiert. Heute schwärmt sie, dass sie noch nie einen Wagen in dieser Farbzusammensetzung gesehen hat. Verdammt schwierig in Hamburg, der Stadt mit den meisten Mini-Affären in Deutschland.

Von

Margret Hucko