Polo contra Punto, Clio, Corsa

Luis hantiert locker am Laptop. Jonas gibt Börsentipps, Berkalb guckt nervös auf die Uhr, Jan kontaktet Kunden per Handy. Eben noch saßen die kessen Kerlchen brav in der Schule. Jetzt spielen sie das, was Erwachsene so tun. Im Zeitraffer gewachsen sind auch die vier Autos drumherum. Vor ein paar Jahren noch unscheinbare Kleinwagen, machen sie sich jetzt auf, ihre großen Brüder zu ärgern. Besonders frech treibt das der VW Polo und spielt ungeniert Mini-Golf. Hat er deshalb gleich das Zeug zum Klassenprimus?

Wie bei den Großen geht der Trend zum Diesel, deshalb fahren unsere vier Autos mit Selbstzündern vor. Und für die verlangen die Hersteller gesalzene Aufschläge. Gerade VW. Der 75-PS-TDI kostet 2787 Mark mehr als der 75-PS-Benziner. Damit kommt ein fünftüriger Polo Trendline auf satte 30 022 Mark. Und drängelt sich auch damit in die nächsthöhere Klasse. Aber er hat ja sowieso kaum noch etwas Kleinwagenhaftes mehr an sich. Mit 3,90 Meter Länge ist er eine stattliche Erscheinung, drinnen hast du Platz wie früher im Golf II - oder noch mehr. Spürbar mehr zumindest als in Punto, Clio und Corsa.

Besonders angenehm ist im Polo die viele Luft über dem Scheitel. Innen hat Volkswagen mit Akribie das getan, was sie am besten können: ein Gefühl für Qualität herzustellen. Wie lange das alles in Top-Form bleibt, werden wir noch sehen - spätestens die Leser werden uns gnadenlos auf die ersten Polo-Pannen hinweisen. Erst mal stellt sich aber wie bei keinem anderen ein Wohlfühleffekt ein. Überall schaust du gern hin, fasst du gern an. Die Sitze, straff und mit festem Seitenhalt, sind eine Klasse besser als die in den drei anderen Autos.

Komfort und Motoren

Komfort ist sowieso das große Thema. Der Polo federt auch auf üblen Strecken so geschmeidig und souverän, dass die drei anderen nur noch wie Kleinwagen alter Schule wirken. Zugleich fährt er sich mit der sehr leichtgängigen Lenkung am handlichsten, fast spielerisch. Zugegeben: Es fehlt ein bisschen der Bezug zur Realität - so schwebst du durch die Gegend. In die Wirklichkeit holt dich dann der Motor zurück.

VW setzt auf das Pumpe-Düse-System. Resultat ist hier ein heiserer, kerniger TDI, der quicklebendig am Gas hängt und kräftig durchzieht - trotz aufwendiger Dämmung aber lärmig wirkt. Im Schnitt verbraucht der Polo 5,9 Liter. Sicher, zusammen mit dem Punto ist der VW Sparmeister. Aber solange sich ein 100-PS-Golf TDI mit 6,0 Litern begnügt und selbst ein 131-PS-Audi A4 TDI mit 6,1 Litern, ist das nicht wirklich wenig. Wegen der weichen Aufhängung ruckelt es dazu häufig im Antriebsstrang. Und zusammen mit dem aufgeregten Dreizylinder-Hecheln entsteht so der Eindruck eines quengeligen, zappeligen Aggregats. Trotz der guten Fahrleistungen passt der Motor deshalb nicht besonders gut in den so komfortablen Polo.

Der 1,9-Liter-JTD im Fiat Punto ist da ein ganz anderer Typ. 2400 Mark teurer als der 80-PS-Benziner, trotzdem eine Empfehlung wert. Der kräftige Common-Rail-Diesel tritt stürmisch an, dreht freudig aus und läuft kultiviert. Nur im fünften Gang fällt der flotte Italiener in unpassende Müdigkeit: nicht etwa wegen schwächelnder Leistung, sondern durch die lange, drehzahlsenkende Übersetzung. Die macht Sinn, denn eines ist der Fiat-Diesel nicht: leise. Im Punto ist es insgesamt am lautesten, das Auto schlechter gedämmt als die anderen. Anders als der Polo federt der Fiat ziemlich steif. Er neigt besonders auf Querfugen und kurzen Bodenwellen zum Trampeln, wirkt dann stuckerig.

Innenraum und Komfort

Die positive Seite dieser harschen Abstimmung ist das knackige Fahrverhalten. Der Punto liegt straff auf der Straße, geht zackig um die Ecken und bleibt auch bei voller Beladung stets friedlich. Die Lenkung reagiert leicht und genau, lässt sich zudem in ihrer Empfindlichkeit verstellen: Im City-Modus ruderst du aber am Lenkrad wie in einem Jahrmarkt-Scooter. Andere Ideen der Italiener gefallen uns besser: der geräumige Innenraum etwa (vorn hat der Punto genauso viel Platz wie der Polo), der mit 297 Litern größte Kofferraum des Vergleichs und auch das kantig-freche Design.

Dagegen hat der Opel Corsa, gerade erst ein Jahr alt, schon spürbar an Frische verloren. Auch der Motor. Der 1,7-Liter mit 75 PS kostet 2249 Mark mehr als der gleich starke 1,2-Liter-Benziner. Der DTI arbeitet zwar mit Diesel-Direkteinspritzung, verzichtet aber auf moderne Systeme wie Common Rail oder Pumpe-Düse. Seine vier Ventile je Zylinder helfen da auch nicht mehr viel. Der Vierzylinder läuft rau, rappelig und unharmonisch. Mit 6,4 Litern verbraucht er am meisten und wirkt gerade im Vergleich zäh und gehemmt.

Nur Durchschnittsnoten bekommt auch der Innenraum. Diese graue Welt wirkt nicht wirklich anders als die alte. Und bei den straffen Polstern und schmalen Lehnen der Sitze sitzt du mehr drauf als drin. Unterschätzen sollte den Opel aber niemand. Er hat mehr Platz, als man denkt. Besonders im Fond sitze ich (1,93 Meter) überraschend bequem. Und der Corsa fährt sich angenehm. Die Federung arbeitet ähnlich straff wie beim Punto, die Dämpfung ist besser abgestimmt. Der Opel liegt ruhiger auf der Straße, ausgewogener. Schade eben nur, dass auch sein Design so schnell gealtert ist.

Ausstattung und Fazit

Der Clio guckt nach der jüngsten Kosmetik zwar besonders staatstragend, innen fehlt aber solche Extravaganz. Die Einrichtung ist brav und solide. Aber die Sitze sind zu weich, zu zierlich, und dann ist er einfach eng. Gerade in der zweiten Reihe zwickt es überall. Kleinwagenmäßig. In einem anderen Punkt liegt er dafür vorn: Sein geschmeidiger Common-Rail-Diesel arbeitet mit Abstand am leisesten. Die 2543 Mark Aufpreis gegenüber dem 60-PS-Benziner sind gut angelegtes Geld. Der dCi gefällt mit weichem Lauf und gleichmäßiger Kraftentfaltung. Da stört es kaum, dass er mit seinen 65 PS im Vergleich hinterherhinkt. Er empfiehlt sich mit seiner Gelassenheit auch so für die entspannte Reise, aber nicht zum bedingungslosen Sparen.

Diesen Diesel leistet man sich - ähnlich wie Fiat und VW. Und wer mehr Dampf will, muss nicht mehr lange warten: Anfang nächsten Jahres legt Renault nach. Dann wird auch ein ESP lieferbar sein, der Clio kann es gut brauchen. Leer fährt er sich handlich und friedlich, vergleichbar etwa mit dem Corsa. Aber bei voller Beladung - 470 Kilo sind erlaubt - entwickelt das Heck bei kritischen Manövern ein reges zickiges Eigenleben. Wie ein Kleinwagen alter Schule. So etwas ist in dieser Klasse nicht mehr Spitze. Dort steht jetzt der VW Polo.

Fazit Klein waren sie mal, jetzt sind sie erwachsen - und von Kleinwagen alter Schule weit entfernt. Erziehungsberechtigter wird der Polo: stattlich, komfortabel - trotz des etwas unglücklichen Motors. Der Punto überrascht auf Platz zwei vor allem mit einem klasse Motor und knackigem Fahrwerk. Ganz knapp dahinter der Corsa, früh gealtert: keine besonderen Stärken, keine auffallenden Schwächen. Der Clio auf dem vierten Platz hat ein bisschen die Entwicklung verpasst, wirkt im Kreise der kleinen Gernegroße - na, sagen wir - nur halbstark.

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