Diese Story beginnt auf der A 1, Dreieck Ahlhorner Heide, 50 km hinter Bremen. Machen wir's kurz: Auf dem Flugplatz Ahlhorner Heide liegt das Testgelände von AUTO BILD. Hier messen wir jeden Testwagen. Zehnmal Bremsen aus Tempo 100, Beschleunigung, Elastizität, das ganze Programm. 182 Kilometer sind es von der AUTO BILD-Redaktion in Hamburg zum Testgelände; dem neuen Nissan Leaf und dem VW e-Golf wäre kurz vorm Ziel fast der Saft ausgegangen. Fünf Kilometer Restreichweite beim Golf, null beim Leaf.

Die Reichweite bleibt Thema Nummer eins beim Elektroauto

Nissan Leaf VW e-Golf
Die Reichweiten von Elektroautos weichen oft von den Herstellerversprechen ab – bei Leaf und e-Golf auch.
Sie können sich vorstellen, dass unsere Testfahrer Tom Genkel und Dirk Hansen kurzzeitig Schnappatmung hatten, so mitten auf der Autobahn, während die Akkus immer leerer wurden. Und sie schwören: "Wir sind wirklich nur 110 km/h gefahren!" Am Ende ist alles gut gegangen. Aber wenn demnächst mal wieder einer am Stammtisch sagt: Vergesst Diesel, Elektro ist die Zukunft, erzählen Sie von dieser AUTO BILD-Story: Freitag E-Autos von Hamburg nach Ahlhorn fahren, übers Wochenende aufladen, Montag mit Verbrennern nach Ahlhorn fahren, die E-Autos messen, testen, fotografieren. Über Nacht laden, Dienstag mit dem Verbrenner nach Ahlhorn, E-Autos nach Hamburg überführen, aufladen. Und warum der ganze Aufwand? Klaro: Wenn hinten weder CO2 noch NOx rauskommt, ist das gut fürs Gewissen. Aber sind diese Autos auch gut für mich? Oder für Sie?

Der Nissan macht zu wenig aus seiner Größe

Nissan Leaf
Der Nissan Leaf überragt den e-Golf in der Länge deutlich – und ist trotzdem enger als der VW.
Fangen wir beim Nissan an. Wir erinnern uns: Nissan Leaf, meistverkauftes Elektroauto der Welt, kam vor sieben Jahren in den Handel. Jetzt ist die zweite Generation da. Und die ist ganz schön groß! 4,49 Meter, damit überragt der Leaf den e-Golf um 22 Zentimeter. Merkt man aber nicht. Der Sitz vorn lässt sich nicht weit genug nach hinten schieben, wer 1,90 Meter und größer ist, wird da nicht glücklich. Hinten stöhnen schon Kleinere. Das liegt an der viel zu weichen Rückbank – und daran, dass im Fahrzeugboden die Akkus liegen und du die Beine arg anwinkeln musst. Wo wir schon mal hinten sind: Der Kofferraum ist mit Billig-Plastik ausgekleidet, wenn du da 'ne Kiste Bier reinwuchtest, hast du fiese Kratzer. Und dann diese Ladekante! Wir blicken in beiden Kofferräumen übrigens auf den Kabelsalat (keiner wird täglich das Ladekabel aufrollen und in einer Tasche verstauen) und fordern: Hey, Autobauer, geht mal bei Miele oder Vorwerk in die Lehre und guckt, wie die das mit der Aufroll-Automatik beim Staubsauger schaffen.
Ach ja: Wie wohnt es sich in einem e-Golf? So wie in jedem anderen auch. Heißt: gute Übersicht, viel Platz, bequeme Sitze vorn und hinten, er ist einfach ein Allrounder. Und leistet sich trotzdem eine Macke: Er hat (und das hätten wir von den VW-Sparprofis gar nicht erwartet) immer das große Navi an Bord. Das hat aber keinen Drehregler für laut und leise, doof!

Auf der Straße ist der Golf der klare Sieger

VW e-Golf
Ausgereift: Beim Fahrwerk und bei den Bremsen hat der Golf die Nase vorn – auch in der Elektroversion.
Abfahrt. So ein E-Auto hat immer Druck, braucht keine Gedenksekunde. Aber wenn du dauernd aufs Gas steigst wie im Autoscooter, dann leert sich die Batterie so schnell wie das Glas Bier im Hochsommer. Was auffällt: Der Leaf wirkt auf Kopfsteinpflaster und Straßen mit Frostaufbrüchen stößig an der Vorderachse, er rumpelt, wo der Golf die Fugen glatt bügelt. Und dann trittst du beim Leaf beherzt auf die Bremse, und deine Augen werden groß und größer, weil du keinen gleichbleibenden Druckpunkt hast, die Bremse nicht genau dosieren kannst. Außerdem verzögert sie nicht so gut wie im vorbildlichen Golf. Um die 40 Meter Bremsweg sind einfach zu viel! Sie wollen jetzt wissen, welchen der beiden Sie kaufen können. Ganz ehrlich? Der Leaf hat eine gemessene Reichweite von 230, der e-Golf schafft trotz kleinerer Akkus 240 km.
In jedes Leben passen beide nicht, taugen für Stadt und Pendler als klassische Zweitwagen. Soll es mehr sein, könnte es Ihnen so gehen wie uns auf der A 1, Autobahndreieck Ahlhorner Heide. Tom und Dirk haben gesagt, dass auch mal wer anders E-Autos aufs Testgelände fahren soll ...
Andreas May

Fazit

Diesen Umweltschutz musst du dir leisten wollen! Beide, Nissan Leaf und VW e-Golf, kosten mit ein bisschen Chichi an die 40.000 Euro und schaffen keine 250 Kilometer. Der Golf kann alles etwas besser – ist aber wie der Leaf nur ein Zweitwagen.