VW Passat B1: Coupe, technische Daten, kaufen
Ich bin fürs Volk

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Er ist ein guter alter Bekannter, gehört seit 50 Jahren zur Familie. Im Frühjahr 1973 fuhr der VW Passat erstmals vor deutsche Siedlungshäuser. Wir drehen die Zeit noch mal zurück.
Bild: Fred Roschki / AUTO BILD
Wie er so dasteht vor den Einfamilienhäusern in der niedersächsischen Tiefebene, wie sein panamabrauner Lack (Farbcode 12A) so in der Sonne blitzt, wie er also auf stolzer Oldie macht, da kannst du dir gar nicht vorstellen, wie vor 50 Jahren den Leuten hier in VW-Land der Arsch auf Grundeis ging.
Es krabbelte und brabbelte auf den Straßen, die Käfer samt heckangetriebener und luftgekühlter Derivate purzelten nur so vom Band. Aber die veraltete Modellpalette sorgte erstens für mangelnde Rendite und stieß den Konzern zweitens in eine Misere.
Und dann kam er.
Und dann kam er.
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Zur Feier des Tages fahren wir mit dem Passat durch VW-Land, setzen ihn in Szene vor Siedlungshäusern und der Konzernzentrale, wo du Formulare mit Stempel und Unterschrift brauchst, um reinzufahren. Wir schnuppern also noch mal 1973.

Die kantige Linie stammt von Giugiaro, der 74 auch Scirocco und Golf formte. Hier mit kleiner Heckklappe.
Bild: Fred Roschki / AUTO BILD
Wo haben wir früher eigentlich diese Drehzahlmesser zum Nachrüsten gekauft, und warum, verflixt und zugenäht, haben wir dafür Löcher links ins Cockpit gebohrt? Jedenfalls hat unser Passat von VW Classic so einen Murks, die Nadel verharrt stur wie ein Amtmann bei 800 Touren, und aus der schwarzen Röhre dröhnen Geräusche, die sich anhören wie der Bohrer beim Zahnarzt, wenn er dir deine Karies wegdübelt.
Dieser Passat hat seinen Ursprung in Turin
Wir wollen nicht nölen, sondern danken, alten Zeiten huldigen. Dass es diesen Passat überhaupt gibt, hat mit dem Turiner Autosalon 1969 zu tun. Eine VW-Delegation gönnte sich einen Ausflug in die bunte Glitzerwelt und erstellte eine Hitliste der sechs schönsten Autos.
Vier davon hatte Designlegende Giorgetto Giugiaro geschaffen, also war klar: Du bist unser Mann am Zeichenstift! Und bitte entwirf Familie Golf, also den Käfer-Nachfolger, das Sportcoupé Scirocco – und eben ein Mittelklasse-Fließheck, das es auch als Variant geben sollte.

Das Cockpit des Passat mit Zweispeichenlenkrad, Holzimitat und nachgerüstetem Drehzahlmesser. Spröder Charme der 1970er-Jahre.
Bild: Fred Roschki / AUTO BILD
Im Januar 1970 legte Giugiaro los, im Mai zeigte er, wohin die Reise geht. Seine Studie namens EA 272 war ein Fließheck mit quer eingebautem Motor, nicht mit einem in Längsrichtung wie später beim Serienmodell. Pech für den Meister, dass VW da schon ganz tief in der Krise steckte, Chefwechsel, das Aus für kostspielige Projekte, also auch für EA 272.
Die Rettung kam aus Ingolstadt. Dort fuhr 1972 der Audi 80 mit Längsmotor an den Start; VW übernahm die Konstruktion und ließ sich von Giugiaro eine Hülle im Stil von EA 272 zeichnen, mit Fließheck, mit zwei und vier Türen, mit kurzer Kofferraumklappe so wie bei unserem Fotowagen und erst 1975, als das technisch möglich war, mit der riesigen Öffnung und der umklappbaren Rückbank.
1974 lieferte VW die ersten Passat Variant
Bereits im Januar 1974 lieferte VW die ersten Passat Variant aus, heute wissen wir: das wichtigste Modell, zuletzt entschieden sich 90 Prozent für den Kombi, die Limo ging unter in der Bedeutungslosigkeit, bis sie vergangenes Jahr ganz eingestellt wurde.
Wenn wir mal ganz ehrlich sind, war der Passat immer ein Stück vom Glück. Kind eins, Kind zwei, das Eigenheim, der Variant. Im Fond von acht Passat-Generationen krümelten die Kleinen mit Keksen, dahinter passten ihre Kinderkarren und Bobbycars und Fahrrädchen, und zwar zusammen.

1.6er-Vierzylinder-Vergaser, 75 PS, längs eingebaut. Mit dem Passat ersetzte die Wasserkühlung den Luftikus.
Bild: Fred Roschki / AUTO BILD
Ja, so war das, bevor erst der Van und dann der SUV dem Passat ans Blech fuhren und heute in erster Linie Vertreter in schwarzen Kombis sitzen, linke Spur Autobahn. Eigentlich kein Wunder bei Preisen ab 41.710 Euro für den Diesel mit 150 PS und Siebengang-DSG, mit Navi und bisschen Ausstattung kommst du gut und gern auf 50.000 Euro.
Unser Fotowagen von 77 hat mal 13.030 Mark gekostet. Mark, nicht Euro! Wenn du ihn im Kontext seines Baujahres betrachtest, war er seiner Zeit voraus. Damals, im Mai 1973, als VW das Modell mit 1.3er-Benziner und 55 PS oder 1.5er mit 75 und 85 PS zu den Händlern schickte, da standen da noch Typen wie der 411 ("Nasenbär"), über den sie auch sagten: vier Türen, elf Jahre zu spät. Oder das Fließheck namens 1600 TL ("Traurige Lösung"), alle luftgekühlt mit Boxermotor hinten, damals alte Neuwagen.
Und dann kam er.
Und dann kam er.
Passat, der sichere Segelwind auf dem Kurs um die Welt
Am 13. Mai 1973 schrieb die VW-Presseabteilung, wie es zum Namen gekommen ist: "Es sollte ein Wort sein, zu dem man etwas sagen kann, ein Name mit Sinn. Passat, der sichere Segelwind auf dem Kurs um die Welt, hat gewonnen." Keine Worthülsen, schließlich haben die VW-Leute ihren Passat mehr als 30 Millionen Mal verkauft.

Die Sitze kennen wir aus Käfer 1303, Golf und Scirocco dieser Baujahre, hier mit Velours, Code 23 (Pergament).
Bild: Fred Roschki / AUTO BILD
Und jetzt sitzt du also im panamabraunen Fließheck, du fährst über Land, vierter Gang, 80 Sachen. Die Doppelscheinwerfer haben was Sportliches, als wär’s ein Scirocco, das Cockpit mit dem Tacho und seinen "schiefen" Zahlen von 30 bis 190 kennst du aus dem Audi 80. Du fährst also gemütlich die Landstraße längs, auf einmal rattert es im Kopf.
Warum sind unsere Autos eigentlich so dick geworden? Warum wurde der Passat immer länger und misst jetzt 4,78 Meter? Und warum sagen wir immer, dass er jetzt erwachsen geworden sei? War er das früher nicht auch schon? Unser Auto hat: Armlehnen an den Türen, Tageskilometerzähler, Make-up-Spiegel in Beifahrersonnenblende, und weil’s ein GLS ist, von innen verstellbare Außenspiegel. Und es fährt manierlich, kleine Karosse gleich kleines Gewicht, keine 900 Kilogramm.
Irgendwann scharwenzelt ein VW-Werker um unser Auto, guckt durch die Scheiben, streckt den Hals, sagt: "Damit sind wir früher zu fünft zur Schicht gefahren. Das ging auch!"

77er Auto trifft 59er Hochhaus: Passat vor der VW-Verwaltung in Wolfsburg. Unser Passat wurde am 27. Mai 1977 in Brüssel gebaut.
Bild: Fred Roschki / AUTO BILD
50 Jahre später geht vielen in VW-Land der Allerwerteste wieder auf Grundeis. Der nächste Passat kommt nicht mehr aus Deutschland; in Emden sollen E-Autos gebaut werden. Es fühlt sich an wie früher, als der Frontmotor den Hecktriebler ersetzte. Und dann kam er.
Technische Daten/Preis: VW Passat B1 Fließheck 1.6
• Motor wassergekühlter Vierzylinder, Vergaser, vorn längs
• Hubraum 1588 cm3
• Leistung 55 kW (75 PS) bei 5600/min
• max. Drehmoment 121 Nm bei 3200/min
• Antrieb Frontantrieb/Vierganggetriebe
• L/B/H 4190/1620/1360 mm
• Leergewicht 860 kg
• Kofferraum 502 l
• 0–100 km/h 13,0 s
• Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
• Verbrauch 10,5 l Normal/100 km
• Abgas CO2 249 g/km
• Preis 13.030 Mark (Passat GLS von 1977)
• Hubraum 1588 cm3
• Leistung 55 kW (75 PS) bei 5600/min
• max. Drehmoment 121 Nm bei 3200/min
• Antrieb Frontantrieb/Vierganggetriebe
• L/B/H 4190/1620/1360 mm
• Leergewicht 860 kg
• Kofferraum 502 l
• 0–100 km/h 13,0 s
• Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
• Verbrauch 10,5 l Normal/100 km
• Abgas CO2 249 g/km
• Preis 13.030 Mark (Passat GLS von 1977)
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