Zero SR/S: erster Eindruck vom E-Sporttourer
So fährt die Zero SR/S in die Zukunft
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Zero bietet mit der SR/S den nach eigenen Angaben "ersten elektrischen Sporttourer" an. AUTO BILD ist das schnittige Elektro-Motorrad schon gefahren!
Elektromotorrad-Pionier Zero hat mit der SR/S seinen nach eigenen Angaben "ersten elektrischen Sporttourer" im Programm. Das sind große Worte. Tatsächlich haben die Kalifornier ihrem 2019 vorgestellten Streetfighter SR/F einfach eine Verkleidung angeschraubt, beide Maschinen teilen sich die Technik. Der von Zero entwickelte ZF-75-10-Motor leistet 110 PS und beschleunigt die SR/S auf bis zu 200 km/h. Die Ausstattung ist sehr ordentlich, sie beginnt beim Cypher-III-Betriebssystem und endet beim Kurven-ABS.
Laut Hersteller soll die SR/S aus ihrem 14,4-kWh-Akku bis zu 323 Kilometer Reichweite herausholen. Damit Fahrer und Beifahrer auf langen Strecken bequemer sitzen können, ist der Lenker höher positioniert als bei der Naked-Schwester, die Fußrasten sind tiefer angebracht. Dazu gibt es eine größere Sitzfläche auf der Bank und eine neu abgestimmte Federung.
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Die Verkleidung steht der SR/S exzellent. Ihr "böser" Blick sorgt für Überholprestige.
Bild: Lars Hänsch-Petersen / AUTO BILD
Die Verkleidung steht der Zero SR/S gut
Augenfälligstes Merkmal der SR/S ist ihre Verkleidung. Das Design ist den Verantwortlichen bei Zero wirklich gelungen. Die SR/S steht angenehm schnittig da und blickt mit ihren scharf gezeichneten Scheinwerfern sogar ein bisschen zornig drein. In keinem Moment entsteht der Eindruck, dass hier ein Bike allein mithilfe von etwas Kunststoff zu einem zweiten wurde. Im Gegenteil, die SR/S wirkt stringent von vorne nach hinten durchgezeichnet und macht einen erfreulich erwachsenen, ausgereiften Eindruck.Dass die SR/S anders ist als herkömmliche Tourer, erschließt sich dem Fahrer erst, wenn er am Schlüssel dreht und nichts losbrabbelt. Die elektrische SR/S zeigt sich in jeder Hinsicht als vollwertiges Motorrad, sieht so aus und fühlt sich auch so an. Abgesehen von einem Detail: Zwischen den Beinen des Piloten befindet sich kein mit Kraftstoff gefüllter Tank, sondern das Fach fürs Ladekabel und die Verkleidung für die Steckdose. Wer sich darauf abstützt, hört das: kein Glucksen und Schwappen, stattdessen hohler Kunststoff.

Im Sattel finden sich alle Fahrergrößen zurecht. Die Sitzposition setzt keine Verrenkungen voraus.
Bild: Lars Hänsch-Petersen / AUTO BILD
Angenehmes Sitzen für alle Körpergrößen
Bereits auf den ersten gefahrenen Metern wird klar, dass die Zero SR/S den Spagat zwischen Sport und Tour elegant meistert. Die Sitzposition gewinnt durch den höheren Lenker und die tiefer als bei der Schwester SR/F angebrachten Fußrasten merklich. 78,7 Zentimeter Sitzhöhe erschließen die Kalifornierin auch kleineren Fahrern. Kaum einer sollte Probleme damit haben, an der Ampel die Füße abzusetzen. Selbst Großgewachsene können sich ohne Haltungsschäden hinter das Windschild ducken, wenn es mal schnell vorwärtsgehen soll.
Die unterhalb der Lenkerenden montierten Spiegel brauchen etwas Gewöhnung. Aber sie helfen tadellos beim Einsehen des Verkehrs, wenn das Unterbewusstsein ihre Position einmal abgespeichert hat. Grund zur Kritik gibt es kaum. Nicht so kräftig gebaute Fahrer könnten mit den 229 Kilogramm Gewicht etwas zu kämpfen haben. Und Biker mit großen Füßen freuen sich vermutlich, wenn jemand einen Fußbremshebel auf den Markt bringt, der sich tiefer anschrauben lässt als das Original.

Die vor den Knien angeordneten Spiegel und das fehlende Getriebe erfordern Gewöhnung.
Bild: Lars Hänsch-Petersen / AUTO BILD
Unerwartete Erkenntnisse beim Fahren, aber auch Abstriche
Nach ausgiebiger Testfahrt in der Stadt, über Land und auf der Autobahn ist klar, dass die Zero SR/S mehr Tourer ist als Sportler. Und das im besten Sinn: Denn sie pfeilt so präzise ums Eck wie ihre Schwester SR/F, sie reagiert beim Dreh am Gasgriff aber weniger explosiv. Das ist gut, denn so bietet sie ein gelungenes Allround-Fahrverhalten, das sich zum Pendeln genauso gut eignet wie zur spaßigen Kurvenhatz. Die vom Hersteller angegebenen 323 Kilometer Reichweite gehen als theoretischer Idealwert durch. Realistisch liegt die Reichweite eher zwischen 170 Kilometern (im Stadtverkehr) und bis zu 250 Kilometern (im entspannten Mix, zurückhaltend gefahren). An der Wallbox braucht die SR/S rund vier Stunden, bis ihr Akku voll geladen ist. Die Premium-Version kann das dank Schnellader in 1,3 Stunden. Ganz Ungeduldige sollten sich als Option einen Zwölf-kW-Schnellader leisten.

Lars Hänsch-Petersen
Bild: Felix Barthauer
Schaltgetriebe wäre die Krönung
Wer vom Verbrenner umsteigt, wird an Bord der SR/S das Schaltgetriebe vermissen. Klar, mit ihrem E-Motor und dessen unmittelbar anliegendem Drehmoment braucht sie das nicht. Dennoch würde die Möglichkeit, Leistung und Drehmoment nach eigenem Gusto zu dosieren, die SR/S zu einem vollkommenen Motorrad machen. Das Gleiche gilt für die Rekuperation. Allerdings lassen sich die gerade genannten Punkte auch als Vorteile sehen. Man muss im Stadtverkehr nämlich weder hektisch an der Kupplung herumfingern, um runterzuschalten, wenn ein eiliger Autofahrer einen nicht gesehen hat. Noch muss man beim Heranfahren an eine rote Ampel am Bremshebel ziehen. Einfach rechtzeitig aus der Last gehen, und die Rekuperation bremst das Bike.
Fazit von Lars Hänsch-Petersen: "Manchem Biker mag es schwerfallen, sich mit dem Gedanken an ein elektrisch angetriebenes Motorrad anzufreunden. Das geht mir auch so. Ein satter Verbrenner-Sound gehört zum Motorradfahren einfach dazu. Nicht übermäßig laut, klar. Aber wenn es nicht knattert oder brabbelt, dann fehlt was. Nur selbst der konsequenteste Oldschool-Motorradfahrer muss sich der Tatsache bewusst sein, dass die Rohöl-Vorräte irgendwann zu Ende gehen. Wenn es so weit ist, bleiben unsere Dukes, Panigales und Ninjas stehen. Ich freue mich daher über Konzepte wie die Zero SR/S. Die erlauben es uns nämlich, unser Hobby auch in ferner Zukunft zu leben. Schade nur, dass die Preise erst bei 21.450 Euro beginnen. Das dürfte manchem den Einstieg in die E-Mobilität erschweren."
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