Audi A1 gegen Audi 50: Vergleich
A1 trifft seinen Opa Audi 50

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Ein kleiner Audi: Das gab es schon mal. Doch dem 50er der 70er blieb der große Erfolg versagt. Beim neuen A1 sieht es dagegen ganz nach Kult-Karriere aus. AUTO BILD hat die beiden Ringträger zusammengebracht.
Audi kennt sich aus mit Kleinwagen. Aus dem reichen Fundus der Marke funkeln Perlen der Kleinkunst wie der DKW Junior oder der NSU Prinz der 50er und 60er. In den 70ern kam der Audi 50, 1999 schließlich der A2 und jetzt der nächste kleine Audi: A1. Dessen Lieblingsopa ist der 50 aus dem Jahr 1974. Mit ihm (und dem Modell 80) hatte sich Audi neu erfunden, weg vom zugeknöpft beklemmenden Lebensgefühl der 60er und den verspießerten Modellen 75 und 100 in ein neues lichtes, leichtes Morgen. Unglaubliche 720 Kilo wog der 50er bloß, die Vorderräder trieb ein 50- oder 60-PS-Quermotor an, er hatte ein radikal kantiges, raumeffizientes Design von Bertone mit viel Glas, damit eine formidable Übersichtlichkeit, und Novum war das aufklappende Schrägheck. Aber "Premium" nannte er sich nicht, wir kannten nicht mal diesen Begriff.
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Audi stand für durchschnittliche Gefährte, passend zu Beamten der mittleren Laufbahn, die mit dem neuen Geist der Marke jetzt auf progressiv machten. Das premiumste Teil im Innenraum des 50 war das speckige Holzimitat am Armaturenbrett. An Luxus besaß er ansonsten eine Leseleuchte, eine Sonnenblende auch rechts und eine Scheibenwaschanlage mit einem Fußgummibalg in Krötenform links neben dem Kupplungspedal. Nur gegen Aufpreis gab es Kopfstützen, einen rechten Außenspiegel, Automatikgurte und Servobremse. Irgendwie ärmlich. Aber er war die deutsche Version des Mini, fuhr ausgezeichnet und verdrehte nicht nur der jungen Generation die Köpfe. Auch die kränkelnde Audi-Mutter Volkswagen bemerkte die Talente des Kleinen, kaperte ihn einfach und machte daraus ihren ersten modernen Kleinwagen. Der leitete unter dem Namen Polo zusammen mit Passat (der auch von Audi gemopst wurde) und Golf die Rettung des Konzerns ein. Der Audi 50 wurde dann bereits 1978 eingestellt, er unterschied sich ja kaum vom weitergebauten Polo.
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Das ist beim A1 nun anders. Er unterscheidet sich sehr wohl vom Polo – obwohl der 1500 Euro billigere Wolfsburger druntersteckt. Aber die Architektur des A1 ist aufwendiger. Hochwertige Materialien und schwierige Formen wie die umgreifende Motorhaube und Heckklappe, die komplexen Scheinwerfer und Rückleuchten sind teuer, sehen aber gut aus. Und damit sind wir bei des Pudels Kern und vermelden hier ganz nebenbei jedoch feierlich, die endgültige Ausentwicklung des Automobils! Die Indizien dazu liefert der PR-Mann von Audi, der dem neugierigen Journalisten als Highlight des A1 die Zierleiste im Türgriff innen präsentiert, dann die lackierten Luftdüsen im Armaturenbrett ("die sind wasabigrün") und den in einer anderen Farbe lackierten Dachbogen außen. "Aha", denkt sich der Journalist verstört, haben die keine anderen Probleme, oder sind Audis Ingenieure etwa am Endpunkt ihres Ehrgeizes angelangt? Schließlich lautet der Slogan von Audi "Vorsprung durch Technik". Beim A1 wurde daraus Vorsprung durch Stil, heute meist Style genannt.
Dazu zum Nachdenken ein Zitat des amerikanischen Schriftstellers Robert Pirsig: "Stilisierte Autos und stilisierte Außenbordmotoren und stilisierte Schreibmaschinen und stilisierte Kleider. Stilisierte Kühlschränke voll stilisierter Lebensmittel in stilisierten Küchen in stilisierten Häusern. Stilisiertes Plastikspielzeug für stilisierte Kinder ... Der Stil ist es, der einem so auf die Nerven geht." Der neue Audi will hauptsächlich eines: stilvoll und schick sein. Aber die technische Substanz, die Vision, die Audi ja immer so weit nach vorn gebracht hat, wo ist die? Liegt es daran, dass der Audi-Chef kein Ingenieur mehr ist, sondern Betriebswirt? Stil ist bei Audi wichtiger geworden als alles andere. Denn an Technikvorsprung gibt es beim A1 nicht viel zu vermelden, im Gegenteil: Rückschritt – zumindest im Vergleich zu seinem Vorgänger A2. Bei Audi wird sich heutzutage auf Ablageschachteln in Bootsform und Luftdüsen im Jetdesign konzentriert.
Der neue kleine Audi vermittelt ein ganz anderes Gefühl als sein Vorgänger

Sie nutzen sie folglich als bloßes Instrument der Selbstinszenierung, wie iPod, iPad, und haben sich vom Kraftfahrer mit Durchblick zum technisch desinteressierten User gewandelt. Die Jungen nutzen ihre Hirnkapazitäten daher heute für anderes. Zum Beispiel für das iPhone-App namens Audi A1 Beat Driver, das von erschütternder Banalität ist. Oder um sich mit Audi auf Facebook und YouTube zu tummeln. Virales Marketing nennt sich das, weil es sich wie ein Virus in den Internet-Netzwerken einnistet. Trotz dieser seltsam anmutenden A1-Begleitmusik ist zum Glück eines bei Audi dann doch wie immer, und das erfreut uns autoverliebte Jungs der alten Schule. Die dralle Kiste fährt einfach prima, denn die Technik, auch wenn sie vom Polo stammt, taugt etwas. Und so ist der A1 am Ende doch 1A.
Fazit
Der Audi 50 war ein großer Wurf – wenn man ihn im Licht der damaligen Zeit betrachtet. Er war klein, leicht und bezahlbar – eben ein echter Volkswagen, weshalb ihn VW ja auch gekapert und als Polo zum Bestseller ausgebaut hat. Jetzt dreht Audi den Spieß quasi um. Auf Basis des aktuellen Polo schicken sie ihren A1 ins Rennen, besetzen damit erstmals seit dem innovativen, aber wenig erfolgreichen A2-Versuch wieder das Kleinwagensegment. Trotz gleicher Technik sorgen das durchaus stilvolle Design und die greifbar hohe Qualität des kleinen Ingolstädters für eine deutliche Differenzierung zum Wolfsburger Bruder. Und natürlich auch für einen erklecklichen Premiumzuschlag. Was dem A1 dennoch fehlt, ist der Vorsprung durch Technik. Er setzt technologisch keine Trends.
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