Mit modernen Turbo-Benzinern kommen kompakte SUVs richtig ins Rennen: Audi Q3, Mercedes GLA und Mini Countryman im Vergleich.
Das "S" in SUV steht wohl kaum für Spaß – das liegt an den beliebten Dieselmotoren, die wie Bleiplatten erdrücken, was einen Hauch Spritzigkeit verspricht. Doch mit modernen Turbobenziner werden sie zum GTI, unser Test-Trio liegt gar nicht weit weg vom Idealbild des kompakten Sportgeräts. Audi Q3, Mercedes GLA und Mini Countryman haben die gleichen 2,0-Liter-Vierzylinder wie die GTI-Klasse, sind von der Elektronik nur leicht gezähmt auf 180 bis 192 PS.
Richtiges SUV-Gefühl kommt im GLA nicht auf
Von wegen Hochsitz: Im GLA "thront" man gerade einmal 55 Zentimeter über dem Asphalt.
In den GLA steigt man bei 55 Zentimeter Sitzhöhe eher hinab als hinauf. In der tiefen Höhle hockt der Fahrer hinterm aufrechten Lenkrad, umringt vom frei stehenden Monitor und den Mercedes-typischen Luftdüsen. Dort macht sich ein zwiespältiger Eindruck breit, zwischen unpraktisch und luxuriös: Hier verlangt der enge Fond beim Einstieg eine gelenkige Pilates-Übung, dort hat nur der GLA den Knie-Airbag, und das modernste Comand Online (3522 Euro extra) beherrscht Apple CarPlay wie Android Auto. Das ganze Interieur schreit: "Mercedes! Mercedes!", doch dazu klappert und zirpt es aus Türsäulen und Gepäckrollo. Das macht der Audi, sonst Vorbild an toller Verarbeitung, in diesem Testwagen kaum leiser. Doch wer echtes SUV-Gefühl sucht, findet auf erhabenen 65 Zentimeter Thronhöhe einen breiten Sportsitz, die klarsten Anzeigen und ein Display, das auf Fingertipp im Cockpit versinkt. Dass es das noch gibt – ein Gefühl wie früher beim Einschieben der Floppy-Disk!
Ausgerechnet der Countryman entpuppt sich als praktisch
Groß geworden: Mini ist am Countryman nur noch der Name – der Engländer gibt hier den Praktiker.
Der Q3 ist halt das älteste Pferd in Audis Stall (Nachfolger: 2018), hat weder Kollisionswarner noch Abstandsradar an Bord und leidet weiter unter seinen Geburtsfehlern: Das schräge Dach kostet hinten Platz, die Ladekante liegt unpraktisch hoch. Den Praktiker unter den Luxus-SUVs spielt überraschend der Mini. Wer bitte? Mini sind am Countryman nur noch die kurzen Sitze und sein Name, Besitzer des alten dürften staunen. 4,30 Meter Länge und fahrfertige 1633 Kilo lassen keinen Zweifel: Herr Landmann ist ein echter Kerl geworden. Einer mit aufrechten Fenstern, die beste Rundumsicht schenken – da könnte sein Käufer mit etwas Mut glatt die teure Rückfahrkamera einsparen. Leider können die Designer das Mini-Getue nicht lassen, der überflüssige Chromring rückt Tasten in der Mittelkonsole zu weit nach unten. Galant öffnet der Kerl seine hohen Türen, da steigt jede Schwiegermutter gern ein: auf eine längs verstellbare Rückbank, sogar mit variabler Lehne und reichlich Fußraum für die Lackschuhe.
Protest kommt von der Rückbank erst, sobald der Countryman abgeht. Nicht weil das mit 192 PS stärkste SUV aus den Lautsprechern einen künstlichen Sportsound vorgaukelt. Eher stört das übertrieben straffe Sportfahrwerk (240 Euro extra).Damit will der Countryman unbedingt den Kernigen raushängen lassen, federt kurz und trocken, was nicht mehr zum gewachsenen Charakter passt.
In Sachen Fahrspaß liegt der Audi vorne
Der Motor stark und laufruhig, die Lenkung knackig: Mit dem Audi Q3 gibt es am meisten Fahrspaß.
Zwar stemmt sich der Mini in Kurven hart gegen das Wanken, dafür tanzt seine zappelige Lenkung in der Hand, dass der Allrad manchmal den Grip verliert. Nein, wir empfehlen unbedingt das Standardfahrwerk oder die verstellbaren Dämpfer (500 Euro extra), damit der Countryman unterwegs die gleiche Ruhe ausstrahlt wie die famose Achtstufenautomatik. Minis Wandlergetriebe schaltet in jeder Lage mit der komfortablen Gelassenheit, die Audis S tronic etwa beim scharfen Anfahren oder Herunterschalten vor der Ampel manchmal vermissen lässt. Die Musik im Q3 bestimmt der sahnige Benziner, der mit seiner herrlichen Laufruhe die ausgereifte Seite am SUV herauskehrt. Ohne Dieselklötern, endlich wieder ein Drehzahl-Penthouse bis 6500 Touren! Keiner huscht so leise über die Autobahn, und die verstellbaren Dämpfer (980 Euro extra) haben dem früher so harten Haudegen auf seine alten Tage noch Manieren beigebracht. Ein Komfortwunder wird er trotzdem nicht mehr. Der Audi macht am meisten Spaß, auch weil die Lenkung im "Dynamic"-Modus so zackig anspricht wie der Mini.
Der vermeintlich abgehobene Mini punktet beim Preis
Überraschung: Der Mini überholt Audi und Mercedes beim Preis – er ist hier deutlich der Günstigste.
So modisch der GLA auftritt und seine Passagiere unterbringt, so überrascht er unterwegs mit einem anderen, unerwarteten Charakter. Vor allem in "Comfort" wiegen die adaptiven Dämpfer (1238 Euro Aufpreis) das SUV mit weitem, weichem Ausschwingen über böse Landstraßen hinweg, auch die Lenkung arbeitet nun verzeihend, fast luschig. Kennen wir das nicht von der C-Klasse aufwärts? Richtig, selbst in dem Kompakten steckt das alte Mercedes-Verwöhnen: Hauptsache komfortabel. Wie vom Stern gewöhnt, läuft auch der Turbobenziner wieder eine Spur kerniger als bei Audi und Mini, das Doppelkupplungsgetriebe erwacht in Sport aus der Lethargie und schaltet endlich flott. Willkommene Hilfe, denn das Leichtgewicht (1566 Kilogramm) im Feld sprintet am besten und hält sich mit 8,1 Liter Testverbrauch wieder vornehm zurück. Ob nun eher geräumig, sportlich oder komfortabel – bei den Fahreigenschaften liegen die kompakten Nobel-SUVs unterm Strich fast punktgleich.
Das Rennen entscheidet das Geld, und da überrascht ausgerechnet der früher so abgehobene Mini. Nicht nur, weil er mit 31.900 Euro Grundpreis gute fünf Tausender günstiger ist als die beiden teuren Deutschen, sondern auch durch seine drei Jahre Garantie und die längeren Wartungsintervalle. Der Cooper S muss nur alle zwei Jahre zur Wartung, der GLA 220 dagegen jedes Jahr. Und wenn der Spaß mit den Hochparterre-GTI mal enden soll, besitzt ein Countryman laut Schwacke die höchsten Restwerte. Vorausgesetzt, sein Käufer hat nicht zu tief in die Preisliste mit den ausgefallenen Extras gegriffen und den Landmann zu stark aufgemotzt – eine alte GTI-Sünde.
Fazit
von
Joachim Staat
Da baut Mini endlich ein anständiges SUV – schon siegt es? Erstaunlich, dass der neue Countryman zum Vieleskönner gereift ist. Zumindest im Kreis von teuren Nobel-Hochsitzen, die noch unter Macken leiden: Der Q3 ist als hohes Coupé ebenso wenig ausgewogen wie der Mercedes GLA als Kompakter auf Stelzen. Die Nachfolger werden breitbandiger. Siehe Mini.