Die elf Mitglieder des AUTO BILD-Leserbeirats sind für zwei Jahre gewählt. Ihre Mission: Das Blatt begleiten und mitgestalten. Oder die Test-Punktewertung der Redaktion überprüfen.
Bild: Sven Krieger
In der Friesenstube wird die Luft dick und der Sauerstoffgehalt dünn. Drei Stunden sitzen die Leserbeiräte von AUTO BILD jetzt schon hinter ihren Monitoren im Seminarraum des Landgasthofes, und so langsam stellen sich Ermüdungserscheinungen ein. "Ach, kommt", sagt Pfarrer Carsten Stein und blättert in einem dicken Paket von Ausstattungslisten, "MP3-Wiedergabe und MP3-Anschluss, das ist doch das Gleiche, oder?" Äh, nein, ist es nicht. Und auf solche Details kommt es eben auch an, wenn AUTO BILD bei einem Vergleichstest Punkte vergibt. Der Leserbeirat erlebt das jetzt erstmals am eigenen Leib.
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Durch diese Gasse muss er kommen: VW-Kritiker Christian Weiermann-Wensauer macht den Golf zum Elch.
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Die Vorgeschichte geht so: Seit AUTO BILD vor einem Jahr den Leserbeirat ins Leben gerufen hat, diskutieren die Mitglieder mit der Redaktion im Internet jede einzelne Ausgabe. Dabei ist auch immer mal wieder ein altes Vorurteil aufgekommen: "Ihr lasst VW doch sowieso immer gewinnen." Dazu muss man aber wissen, dass unser Punkteschema strikt ist: Jede einzelne Teilwertung wird für jedes Fahrzeug mathematisch zwischen dem Klassenbesten und -schlechtesten ermittelt, Spielraum für persönliche Vorlieben gibt es nicht. Testkoordinator Daniel Gau: "Pro Fahrzeug untersuchen wir rund 250 Bezugspunkte und setzen sie mit den bisher getesteten Konkurrenten in Vergleich. Bei 700 Fahrzeugen im Jahr ergibt das einen recht guten Maßstab." Der Leserbeirat soll das nun in der Praxis überprüfen: selber testen, selber messen und bepunkten.
Pro Fahrzeug werden 250 Bezugspunkte untersucht
Als erstes Fachblatt hat AUTO BILD einen Leserbeirat einberufen. Sie treffen sich zweimal im Jahr und diskutieren über jede Ausgabe im Internet.
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Der ehemalige Militärflugplatz Eggebek in Schleswig-Holstein. Die sechs Testwagen aus dem Vergleich der Kompakten stehen in und vor den Garagen, die früher der Flughafenfeuerwehr dienten. Martin Herzfeld aus Kaarst in Nordrhein-Westfalen steckt gerade kopf über im Fond des Ford Focus, streicht mit der Hand über die Verkleidung und murmelt: "Eine schlimme Plastikwüste!" Kollege Erwin Eberhard aus dem Hunsrück untersucht derweil am Renault Mégane den Scheibenwischerradius: "Auf der Beifahrerseite gibt es einen riesigen Bereich, den der Wischer nicht erfasst!" Und Hannes Krämer aus Stuttgart verzweifelt am Cockpit des neuen OpelAstra: "45 Knöpfe, das ist völlig überfrachtet!" Dem Golf geht es so wie in fast jedem Vergleich: Er ist unauffällig, aber gut. Lediglich beim Blick in den Motorraum wundert sich Peter Lübke aus dem Sauerland: "Was sollen denn diese komischen Teile links und rechts? Das sieht so aus, als hätten die bei VW noch etwas Styropor übrig gehabt."
Erstaunlich viele Unterschiede!
Als Fazit sagt Hannes Krämer: "Erstaunlich, was für Unterschiede man im direkten Vergleich entdeckt!" Als Nächstes überprüfen die Beiräte das Fahrverhalten der sechs Autos beim Elchtest und auf einem Handlingparcours. Es ist sozu sagen eine Miniaturform des AUTO BILD-Tests: Unsere Kollegen sind nämlich pro Vergleich rund fünf Tage auf Achse – aber das würde hier den Rahmen sprengen. Trotzdem erlaubt der Flughafen-Parcours erste Fahreindrücke. Hannes Krämer zum Beispiel schafft den Elchtest im Astra am besten – mit beachtlichen 68,4 km/h.
Auch der AUTO BILD-Leserbeirat kürt den VW Golf zum Testsieger.
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Und Christian Weiermann-Wensauer, einer der härtesten VW-Kritiker im Leserbeirat, ist nach dem Handlingtest plötzlich ganz milde gestimmt: "Langsam verstehe ich die Loblieder auf den Golf. Der Focus wirkte schon schnell, aber beim Golf geht viel mehr!" An den Computern im Gasthof müssen die Leserbeiräte schließlich ihre Testerfahrungen in Punkte fassen. Ergebnis: Die Reihenfolge stimmt weitgehend mit dem AUTO BILD-Resultat überein. Lediglich der Mégane und der Focus tauschen die Plätze, weil der Beirat beim Franzosen Agilität und Lenkung besser bewertete. Der Sieger des Vergleichs heißt aber in beiden Fällen VW Golf. Und wenn der Hinweis erlaubt ist: Vom Leserbeirat hat der Wolfsburger fünf Punkte mehr bekommen als von uns ...