Elegante Schale mit viel Nutzwert

Klamottenkauf ist Vertrauenssache. Muss ein neuer Anzug her, führt das in der Regel zu zwei Überlegungen. Erstens: Wo kaufen? Und zweitens: Was ist die richtige Größe? 54 oder 56? Oder passt 102? XL oder L? Oder lieber S?

Ein Teil spannt und kneift, das andere ist zu weit. Ähnlich ist es mit den Autos. Wer Platz braucht, greift immer öfter zum luftigen Van. Kombis gelten als konservativ und altmodisch. Zu Unrecht. In den meisten Fällen leisten sie gute Dienste als Reiseauto, Familienkutsche und Hobbygefährt. Doch welches Kombiformat hat das richtige Maß? Antwort: die Kompaktklasse. Sie bietet den besten Kompromiss zwischen Platzangebot, Wendigkeit und Kosten. Bleibt also die Herkunftsfrage.

Schöne Klamotten kommen bekanntlich aus Italien und Frankreich. Hübsche Kombis auch. Fiat Stilo Multi Wagon, Peugeot 307 SW und vor allem Renault Mégane Grandtour – jeweils mit Dieselmotor – bieten eine elegante Schale, viel Nutzwert und günstigen Unterhalt. Golf, Astra und Focus wirken dagegen ein wenig wie Stangenware – praktisch, aber eher gewöhnlich.

Renault: starker Motor, straffes Fahrwerk

Ganz anders der junge Mégane Grandtour. Wie das schon klingt: Grandtour! Da schwingt was von weiter Welt und Extravaganz mit. Und der Namenszusatz hält, was er verspricht. Denn die Kombiversion des Mégane übernimmt die ungewöhnliche Form des Steilheck-Modells. Hochgezogene Heckleuchten, Sicken in der Seitenlinie, pfeilförmige Seitenblinker und ein feiner Scheitel auf der Motorhaube sprechen eine stimmige Designsprache. Das Heck wirkt dynamisch und kantig, aber leicht. Grund: Abfallende Dachlinie, nach außen fliehende Linien sowie das tief montierte Kfz-Kennzeichen verlagern den Schwerpunkt optisch nach unten. Das gefällt. Stilistisch liegt der Renault vor dem Van-artigen Peugeot und dem hochbeinigen Fiat.

Aber auch technisch überholt er 307 und Stilo: Sein Motor hat die meiste Leistung und das höchste Drehmoment. Außerdem hat der Mégane als einziger Testkandidat ein Sechsganggetriebe. Die Pluspunkte liegen nicht nur auf dem Papier beim Renault; er versteht es auch, seinen technischen Vorteil erfahrbar zu machen. Sein Motor präsentiert sich für einen Diesel überraschend laufruhig und drehfreudig. Die Folge: Der Mégane glänzt auf der Autobahn mit dem besten Durchzug und dem höchsten Tempo. Trotzdem verbraucht er weniger Diesel als der Peugeot und hat die größte Reichweite. 6,3 Liter Durchschnittsverbrauch für den Franzosen sind ein sehr respektabler Wert.

Weniger schön ist die straffe Abstimmung des Renault-Fahrwerks. In schnellen Wechselkurven wankt die Karosserie dennoch stark. Immerhin: ESP ist serienmäßig an Bord und korrigiert Fahrfehler früh. Besonders hohen Abrollkomfort bieten alle drei nicht. Der Mégane macht da also keine Ausnahme. Auf Querfugen stuckert schon mal die Vorderachse, und beladen stampft der Renault wie ein Schiff in schwerer See. Dafür verwöhnt er seinen Eigner schon in der Basisversion mit nützlichen Hilfen wie Chipkarte statt Zündschlüssel, Bordcomputer und einem Heckscheibenwischer, der beim Einlegen des Rückwärtsgangs aktiviert wird.

Peugeot: viel Platz, eingeschränkter Komfort

Beim Platzangebot muss er sich allerdings dem anderen Franzosen geschlagen geben. Der Peugeot ist ein Raumriese – sowohl als SW als auch als Break, was aber zu Lasten seiner Attraktivität geht. Mit den geschlitzten Scheinwerfern und den wuchtigen Stoßfängern gleicht er mehr einem Van als einem Kombi.

Von Vorteil ist die hohe, übersichtliche Sitzposition. Platz bietet er reichlich. Im Normalfall für fünf Passagiere plus 503 Liter Stauraum. Für den Umzug oder Großeinkauf lässt sich das Fassungsvermögen auf 1805 Liter erweitern. Dann nämlich, wenn, statt nur die Rücklehnen umzuklappen (1675 Liter), noch die hinteren Sitzflächen ausgebaut werden. Sein Plus: Das Beladen und Besteigen fällt durch die vergleichsweise hohe Bauweise leichter als bei einem klassischen Kombi. Wer eigentlich mit einem Van liebäugelt, könnte also auch mit einem 307 SW sein Glück finden.

Beladen muss der Kombi-Kunde mit Komforteinbußen leben. Die Federung spricht hart an. Stellenweise poltern die Achsen. Gewöhnungsbedürftig ist zudem das schwergängige Kupplungspedal. Der Kraftschluss erfolgte beim Testwagen sehr spät. Bei hohem Leistungseinsatz nervten spürbare Motorvibrationen in Lenkung und linkem Pedal. Für feinnervige Fahrer ein Problem. Auch bei Verbrauch und Fahrleistungen ist der Peugeot seinen beiden Konkurrenten unterlegen. Es wird wohl der hohe Luftwiderstand sein, der dem 107-PS-Motor bessere Fahrwerte verweigert.

Fiat: gute Variabilität, geringe Zuladung

Schon die äußere Form des Stilo Multi Wagon kennzeichnet ihn als Schwergewicht. Wuchtiges Heck, rechteckige Rückleuchten und die schwarzen Stoßleisten machen aus dem Fiat eine imposante Erscheinung. Für einen Designpreis reicht das schwerlich. Die Stilistik erinnert eher an ein Auto aus den 80er Jahren.

Dafür ist der Multi Wagon ein Sparmeister: Erstens bleibt er mit einem Grundpreis von 18.800 Euro als Einziger unter der 20.000-Euro-Marke. Das ist viel Auto fürs Geld. Zweitens kann er mit vorsichtigem Gasfuß unterhalb von fünf Liter Dieselverbrauch bewegt werden. Weniger Respekt indes verdienen seine Talente als Lademeister. So groß der Italiener von außen erscheinen mag, so wenig bringt er innen zustande. Mit nur 410 Kilo Zuladung und maximal 1480 Liter Kofferraum erzielt er die schlechtesten Werte in diesem Trio.

Die Fondpassagiere dürfen sich allerdings freuen: Mehr Platz bietet auf der Rückbank keiner. Praktisch ist die zweigeteilte Heckklappe (290 Euro). So landet kleines Gepäck mühelos im Kofferraum. Vorbildlich die Variabilität: Die Rückbank ist verschiebbar (290 Euro), und der umgeklappte Beifahrersitz (150 Euro) lässt sich als Beinauflage nutzen. Dazu ist das Handschuhfach zweigeteilt. Fahrdynamisch liefert der Stilo eine ordentliche Vorstellung ab. Zwar reagiert die Lenkung zu gefühllos und die Karosserie in Kurven mit starker Seitenneigung, doch insgesamt hat der Multi Wagon eine recht ausgewogene Abstimmung.

Am Ende ist es wie mit der Anzugswahl: Nicht nur die richtige Größe entscheidet, sondern auch der persönliche Geschmack. Die beste Stilberatung erfährt man dabei oft durch die eigene Frau. Und die würde sich wohl für den Mégane Grandtour entscheiden. Schließlich holt er die meisten Punkte – und Erfolg macht attraktiv.

Technsiche Daten und Testwerte

Bei kalter Anlage steht der Renault schon nach knapp 37 Metern – ein Bravo für diese gute Bremse. Der Peugeot braucht zwei Meter mehr, und der Stilo scheitert als Einziger an der 40-Meter-Marke.

Kosten und Ausstattungen

Beim Grundpreis macht der Fiat (18.800 Euro) eine gute Figur gegenüber der Konkurrenz (Peugeot: 20.300 Euro, Renault: 20.650 Euro). Doch während die Franzosen ESP und Klimaanlage ab Werk bieten, verlangen die Italiener dafür Aufpreis.

Fazit und Wertung

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan Er kam, sah und siegte: Renaults neuer Kompaktkombi überflügelt die Konkurrenz im Handstreich. Das weit gespreizte Punkteergebnis dokumentiert die Unterschiedlichkeit der Testkandidaten. Da bietet Fiat einen wuchtigen Stilo mit Ladeabteil zum günstigen Preis, patzt aber bei der Zuladung und vertreibt mit schlechten Sitzen sowie lautem Getöse die Kunden. So hat man auch keine Chance gegen den 307 SW: Der ist eigentlich gar kein richtiger Kombi, sondern ein Mischling mit Van-Ergut im Blut. Heißt: Er ist langsamer, behäbiger, unsportlicher eben. Bleibt als echter Kombi der Mégane. Mit schöner Linie, überzeugenden Fahrleistungen und viel Platz beherrscht er die Mitbewerber.

Renault, Peugeot oder Fiat – Ihr Urteil

Ob ein Auto letztlich ankommt, wissen nur die Verbraucher selbst – also Sie. Deshalb ist uns Ihre Meinung wichtig. Vergeben Sie eigene Noten für Mégane Grandtour, 307 Break und Stilo Multi Wagon. Den Zwischenstand sehen Sie direkt nach Abgabe Ihrer Bewertung.