Der eine kommt von links. Aus dem Westen, Frankreich grüßt als Nachbar. Der andere kommt von rechts, aus dem Osten, vom anderen Ende der Welt, aus Korea. Egal aus welcher Richtung betrachtet – Norden, Süden, Westen, Osten – in der Zwickmühle steckt immer nur der aus der Mitte: der Golf. Bei aller Freundschaft muss VW aufpassen, nicht überrollt zu werden. Auch wenn der Variant noch ein junger Hüpfer ist (kam erst vor einem Jahr), in diesem Trio ist er tatsächlich der Älteste. Und wird bereits nächstes Jahr geliftet. Kurz gesagt (und gar nicht boshaft): grauer Panther trifft auf junge Wilde. Besonders ehrgeizig fasst Peugeot das Kombi-Thema an. In der Ausstattung Sport werfen die Franzosen beim 308 SW alles über den Haufen, was nur entfernt an Koventionen erinnert. Geteilte Rückbank? Mais, non! Abwaschbare Gummimatte? Mon Dieu! Stattdessen berauschen sie sich an Van-Ideen. Drei einzelne Sitze im Fond, Tabletts, Panorama-Glasdach und gegen Aufpreis noch zwei weitere Plätze in der dritten Reihe – oh, oui!

Im Peugeot 308 SW gibt es das volle Sicherheitsprogramm

Peugeot 308 SW
Dagegen wirken die Konzepte von Hyundai und VW wie aus der Klosterküche, Motto: das Gute von gestern. Heißt: geteilt klappbare Fondbank, Schiebedach (beim Golf immerhin in der XL-Panoramaversion) nur als Extra, weniger Möglichkeiten. Was sich auch im Preis bemerkbar macht. Mit 23.800 Euro kostet der 308 mehr als der Hyundai i30 cw (21.490 Euro), mehr auch als der – na ja – nicht eben discountverdächtige Golf (23.450 Euro). Den Kostenaufschlag darf dem Peugeot keiner übel nehmen. Schließlich floss der Mehrpreis in Sicherheit. Wie Gänseleber stopften die Franzosen den 308. Alles Gute rein, davon reichlich. Zum Beispiel Knieairbags, Notbremslicht, Regensensor und Lichtautomatik. Von so viel Großzügigkeit können die Konkurrenten nur träumen. Die investierten stattdessen in Gemütlichkeit. Zwar zündet Peugeot mit dem Glasdach ein Feuerwerk der schönen Aussichten, reißt dafür aber niemanden vom Hocker, wenn es ums Sitzen geht. Die Fond-Bestuhlung macht nur Kinder glücklich. Erwachsene halten es hier keine 200 Kilometer aus. Wer kann, zieht freiwillig in Reihe drei. Hyundai-Fahrer kratzt das nicht. Beinfreiheit auf Mittelklasse-Niveau, der Golf Variant bietet standardisiertes Kompaktmaß.

Die Stärken des Hyundai i30 liegen nicht ubedingt im Kofferraum

Hyundai i30 cw
Dafür erlaubt sich im Cockpit keiner wirkliche Schwächen. Alle drei sind bemüht, ein luftiges Ambiente zu zaubern. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Sicht nach vorn – trotz großer Windschutzscheiben. Einparken ist Gefühlssache oder Urvertrauen in funktionierende Parkpieper. Nach hinten ist die Sicht kombitypisch besser. Das Heck gehört zu den Schokoladenseiten der drei Kompakten. Hier herrscht eine Ehrlichkeit, die luxusverwöhnten Avant, T-Modellen, Touring oder Sportwagon abhanden gekommen ist. Ihre harte Währung lautet: Getränkekisten statt Golfgeschirr. Und davon passen mit 28 Cola-Kisten (12 x 0,5) als Fünfsitzer am meisten in den Peugeot. Wer einen Umzug plant, wählt 308 – oder die Nummer von Freunden, die den praktischen Kombi fahren. Auch der Golf packt einiges ein (20 Kisten; 1495 Liter), Gewerbetreibende lieben das. Allein der Hyundai bevorzugt das kleine Gepäck (max. 1395 Liter). Seine Stärken liegen woanders.
Zum Beispiel unter der Motorhaube. Der 116-PS-Diesel läuft unauffällig leise, dafür durchzugsstark. Peugeot flüstert noch leiser, dafür fehlt dem 109-PS-HDi Mumm beim Überholen. Wer den alten Golf TDI (105 PS) fährt, sehnt sich nach der Stille im Peugeot. Im Vergleich zur kultivierten Konkurrenz klingt der 1.9-Vierzylinder wie eine Dampfmaschine – irgendwie historisch, hysterisch. Und ist tatsächlich ja auch ein Auslaufmodell. Nach und nach tauscht VW alle Pumpe-Düse-Aggregate gegen Common-Rail-Motoren aus. Was bislang für den TDI sprach, war sein Knausern beim Spritverbrauch. Aber auch in diesem Punkt haben die anderen aufgeholt. 5,5 bzw. 5,6 Liter - Einstand. Große Unterschiede werden auf strapazierten Autobahnen spürbar. Mit überlegener Souveränität nimmt der Golf Variant Spurrillen auf die leichte Schulter. Kurz und schmerzlos federt er darüber hinweg. Auch der Hyundai versucht, ähnlich trocken über Unebenheiten zu rollen. Das Ergebnis: guter Wille, aber nicht so meisterlich. Peugeots 308 surft über glatte Straßen mit Gelassenheit. Tauchen Spurrillen auf, ist Frankreich in Not. Schon Kleinigkeiten bringen den Franzosen aus der Ruhe, er fängt sich leider kaum wieder ein. Was dem Wagen fehlt, ist ein stabileres Nervenkostüm.

Beim Fahrwerk setzt der VW Golf die Maßstäbe

VW Golf Variant
Unsicher fährt der 308 deshalb nicht. Er besitzt ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP), eine zupackende Bremse, die ihn aus Tempo 100 nach spätestens 37,3 Metern zum Stehen bringt. Nur mehr Unterstützung von der Lenkung wäre wünschenswert. Die liegt buttrig in der Hand. Präzise ist anders. Maßstäbe setzt wieder der Golf. Daran reicht die i30 -Lenkung nicht heran, die ihre Sache aber auch ganz ordentlich macht. Beim Getriebe müssen VW- und Hyundai-Fahrer mit nur fünf Gängen klar kommen. Um die Drehzahl zu senken, bietet Peugeot einen sechsten Gang an. Kompliment, da haben die Franzosen gelernt. Zwar schaltet sich der 308 weniger geschmeidig als ein Golf, aber im Vergleich zu früheren Getrieben gleicht der Fortschritt einem Wechsel von Diesel-Lok auf TGV. Für den Sieg reicht es trotzdem nicht. Am Ende gewinnt weder links noch rechts, Osten oder Westen. Sondern: der Golf. Wie immer.

Das Fazit von AUTO BILD-Redakteurin Margret Hucko

Was für tolle Kisten! Diese drei Kombis packen den Alltag bei den Hörnern. Wenn es nur um die Kofferraumeigenschaften ginge, wäre der Peugeot der Sieger. Dem Preis nach: der Hyundai. Da ein Testsieger aber eine gute Kombination aus allem mitbringen muss (Karosserie, Antrieb, Kosten), kommt keiner am Golf vorbei. Den gibt es zu günstigen Leasingkonditionen. Nur eines sollten Sie bedenken: Nächstes Jahr wird er bereits frisch gemacht.

Von

Margret Hucko