E-Auto: gratis laden, Deutschlandtour
Im E-Auto mit Gratis-Strom von Flensburg nach Füssen

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Eine Fahrt über 1100 Kilometer mit Umsonst-Energie durch Deutschland. Strom schnorren bei Lidl, Media Markt, Obi – und eine Übernachtung an einer langsamen Ladesäule vorm Spaßbad, um das Hotel zu sparen.
Bild: AUTO BILD / Holger Karkheck
Inhaltsverzeichnis
- Start bei den Stadtwerken Flensburg
- Media Markt statt Möbelmarkt bei Hamburg
- Laden bei Obi in Hannover dauert zu lange
- Netter Plausch in Nörten-Hardenberg
- Übernachten am Gefrierpunkt vorm AquaPark in Baunatal
- Gratis-Strom eigentlich nur für Kunden
- Im Schneetreiben hinterm Schneepflug
- Wahrscheinlichkeitsrechnung an der Brenz
- Ziel Füssen nach 31,5 Stunden erreicht
Ich gebe zu: Wenn im Supermarkt Senf oder Wurzelbürsten im Angebot sind, schlage ich zu. Wir haben daher vielleicht etwas größere Lebens- und Putzmittelvorräte im Keller als andere. Manchmal fahre ich weite Wege für ein Schnäppchen. Aber so weit wie diesmal war es noch nie: Ich will die A7 von Flensburg nach Füssen runter. Und zwar umsonst! Denn trotz massiv gestiegener Energiepreise gibt es sie noch: Gratis-Ladesäulen vor Discountern, Baumärkten oder Möbelgeschäften. (Reichweiten-Test auf der Autobahn: Welches E-Auto kommt am weitesten?)
Kurz noch mal nachgeschaut: Der Liter Sprit kostet entlang meiner Route aktuell bis zu 2,099 Euro. Ich nehme unseren Dauertest Hyundai Kona Elektro und summe vor mich hin: "Und kost' Benzin auch 2,10 Euro (...) Ich will spar'n, ich will spar'n!“ (meine Gesangskünste? Geschenkt!).
Montag, 8 Uhr: Ich komme in Flensburg an. Die örtlichen Stadtwerke haben ihren Sitz in der, was für ein Zufall, Batteriestraße. Ich schließe den Hyundai an den Schnelllader an und warte. Der Fleisch-Fabrikverkauf nebenan hat leider noch geschlossen. Schade, ich bräuchte noch etwas, worauf ich den ganzen Senf schmieren kann.
Irgendwann verschwindet der vor mir geparkte Renault Zoe, und ein Hyundai Ioniq 5 gesellt sich dazu. Was mir an der E-Mobilität besonders gefällt: Sie ist sehr kommunikativ. Noch nie habe ich mich so häufig mit Fremden über Autos unterhalten. "Eigentlich bin ich ja Mercedes-Fan", sagt der Ioniq-Fahrer. "Aber die haben ja nix Vergleichbares."
Elektroauto laden (2021): Test - Ladezeit - Akku - Info
Wie lädt man ein E-Auto richtig?
Bild: AUTO BILD
Ich erfahre, dass er täglich die 160 Kilometer aus Hamburg nach Flensburg pendelt, stets am Gratislader lädt – und jetzt mal los muss, weil er noch drei AUTO BILD-Ausgaben in der Tasche hat, die er im Büro lesen will (kriegt er immer gratis von seinem Vater, wenn der damit durch ist). Nach einer Dreiviertelstunde ziehe ich den Stecker, der Akku ist bei 81 Prozent.
Montag, 10 Uhr: Bis zur nächsten Station, dem Klamotten-Outlet in Neumünster, sind es 109 Kilometer. Leider ist dort kein Lader frei. Also kaufe ich nur einen neuen Wintermantel (70 % Rabatt auf den Outlet-Preis) und fahre weiter. Montag, 12 Uhr: 55 Kilometer bis zum Roller-Möbelmarkt in Halstenbek bei Hamburg. Wieder alles belegt – diesmal von Stammgästen aus der Umgebung, die dort immer laden. "Aber fahren Sie doch nebenan zum Media Markt, die haben auch eine 50-kW-Säule. Einfach an der Info Bescheid sagen."

Bei Media Markt in Halstenbek bei Hamburg schaltet man mir freundlicherweise eine 50-kW-Ladesäule frei.
Bild: AUTO BILD / Holger Karkheck
Und tatsächlich. Eine freundliche Elektronik-Verkäuferin kommt extra mit raus, um die Säule freizuschalten. Ich stöbere durch Staubsauger- und Stereoanlagen-Abteilungen, kaufe aber nichts. Die Sonderangebote sagen mir nicht zu. Nach 54 Minuten bitte ich darum, mich wieder loszumachen. Erneut kommt ein Mitarbeiter mit auf den Parkplatz, sagt: "Sie sind doch erst bei 83 Prozent!" Stimmt, aber ich muss leider weiter. Aber schönen Dank auch, top Service!
Montag, 15 Uhr: Bis zum A2 Center, einem Einkaufszentrum in Hannover, sind es 160 Kilometer. Als ich ankomme, habe ich noch 119 Kilometer Restreichweite. Wieder alles belegt. Ich probiere es nebenan bei Obi (übrigens gegenüber vom Tchibo- und Salamander-Outlet, aber ich halte mich zurück). In zehn Minuten sind gerade mal zwei Prozent geladen – das dauert mir zu lange, ich breche ab.

Bei Obi in Isernhagen nahe Hannover ist leider einer der zwei Ladepunkte defekt. Der Hyundai nuckelt mit 11 kW, das dauert.
Bild: AUTO BILD / Holger Karkheck
Montag, 16.40 Uhr: Ich bin in Hildesheim bei Lidl. Der Discounter bietet bundesweit an mehr als 320 Filialen die Möglichkeit, gratis E-Autos zu laden. Häufig sogar mit 50 kW. Hier sind es nur 22 kW, und mein Auto schafft mit dem Stecker nur 11 kW. Aber egal, zum Glück sind gerade Werkzeug-Wochen im Lidl-Laden, da vergeht die Wartezeit im Nu.
Montag, 18.40 Uhr: Nörten-Hardenberg kannte ich bislang nur aus dem Verkehrsfunk. Jetzt kenne ich auch den örtlichen Discounter. Der hat einen Schnelllader, und ich lade schnell noch Abendbrot in den Einkaufswagen. Als ich zurück bin, wartet schon Ralf mit seinem Strom-Opel, einem Zafira-e Life. Wieder ein netter Plausch: Er habe vorher noch nie so viel Geld für ein Auto ausgegeben, könne zu Hause aber bei Kaufland um die Ecke gratis laden. Und außerdem plane er, demnächst mit seinem E-Auto CO2-Zertifikate anzubieten. Er habe gehört, damit könne man mehrere Hundert Euro im Jahr verdienen. Werde ich später auch mal googeln. Ralf muss diesen Abend noch ganz zurück nach Dortmund, ich überlasse ihm daher den Lader, obwohl mein Akku erst bei rund 60 Prozent ist.
Montag, 20.45 Uhr: Ich überlege, ins Kino zu gehen und in der Zeit zu laden. Das Cineplex in Baunatal bei Kassel hat war zwar noch freie Plätze, nur nicht zum Laden. Schade, also weiter zum örtlichen Schwimmbad. Montag, 20.50 Uhr: Vor dem AquaPark ist eine Säule frei. Neben mir stehen zwei e-Golf mit WOB-Nummer. Kein Wunder, in Baunatal ist das zweitgrößte deutsche VW-Werk nach Wolfsburg. 17.300 Mitarbeiter, aber offenbar haben die da nicht genug Ladesäulen. Ich kurble den Sitz nach hinten, krabble in meinen Schlafsack – und schließe die Augen. Der Hyundai lädt, ich tanke auf.

AquaPark in Baunatal (Hessen): Vollladen soll 4:10 Stunden dauern. Also wird bei knapp über 0 Grad im Hyundai übernachtet.
Bild: AUTO BILD / Holger Karkheck
Am nächsten Morgen um 6 Uhr wache ich auf, Akku ist voll, der vom Auto auch. Weiter geht's die A7 runter. Bei der Reise hilft die Seite www.goingelectric.de. Dort kann man gezielt nach Gratis-Ladesäulen suchen. Die gibt es inzwischen bei Ikea, vor diversen Baumärkten, auch bei Rewe und Edeka. Aber ganz weit vorn sind Lidl und Aldi Süd. Eigentlich ist der Gratisstrom für Kunden gedacht. Weil aber immer mehr Ladesäulen von anderen E-Autos belegt sind, gibt es gerade Diskussionen, wie der nett gemeinte Service wirklich nur Kunden zugänglich gemacht werden kann. Ich surfe auf der Goingelectric-Karte weiter Richtung Süden. Das nächste Ziel: ein Aldi mit einem 50-kW-Lader. Leider verpasse ich die Ausfahrt und lande erneut bei Lidl.
Dienstag, 9 Uhr: Beim Discounter in Ochsenfurt stehen ein Tesla und ein Smart an der Säule. Der Smart gehört offenbar einem Anwohner. Jedenfalls kommt der Fahrer nicht aus dem Geschäft, als er sein Auto abstöpselt. "Frechheit", möchte ich sagen – bis mir klar wird, dass ich ja auch so ein Schnorrer bin. Immerhin, ich kaufe Frühstück ein: einen 1-Euro-Kaffee aus dem Automaten, dazu ein Brötchen und eine Packung Käse. Inzwischen hat Schneetreiben eingesetzt. Das spart Energie, denke ich – und hänge mich mit 60 km/h an den Schneepflug.
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Dienstag, 12.30 Uhr: Giengen an der Brenz. Ich habe seit der Schulzeit nicht mehr so viel rechnen müssen. Jetzt geht es um Wahrscheinlichkeitsrechnung: Wie wahrscheinlich ist es, a) dass ich die Kaufland-Lade-App installiert bekomme? Und b): Wie wahrscheinlich ist es, dass ich es jetzt in einem Rutsch (im wahrsten Sinne des Wortes) nach Füssen schaffe? Mit knapp 80 Prozent Akkukapazität fahre ich weiter. Die letzten 150 Kilometer!
Und dann bin ich da. Nach 31,5 Stunden ist die A7 am Ende – und ich auch. Ich bin etwa 1100 Kilometer gefahren und habe durchschnittlich 20,2 Kilowattstunden Strom pro 100 Kilometer verbraucht. Noch mal Mathe: Das macht ziemlich genau 222 Kilowattstunden, die ich mir erschnorrt habe.

Ankunft nach 31,5 Stunden. Ohne Schneesturm und Ladestopps hätte es etwa 9,5 Stunden gedauert. Aber dafür war es kostenlos.
Bild: AUTO BILD / Holger Karkheck
Wenn man für eine Kilowattstunde 45 Cent ansetzt, macht das genau: 99,90 Euro. Anders formuliert: Für das Geld bekomme ich ungefähr 100 Tuben Senf im Sonderangebot. Wobei die Rechnung nicht ganz stimmt. Kurz vor Nörten-Hardenberg haben sie mich geblitzt. Mal schauen, ob ich Rabatt heraushandeln kann.
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