Fast friedfertig funkelt der Focus in der Sonne. Doch der Eindruck täuscht. Der Ford lauert gespannt an der Startlinie des Bridgestone-Testgeländes bei Rom. Sein 2,3-Liter-Vierzylinder bollert unruhig im Stand. Launch Control ein, Vollgas, linkes Pedal schnalzen lassen: uuuund los! Brachial stürmt der RS nach vorn. Dabei winseln die 19-Zöller auf ihren geschmiedeten Alus nicht mal um Gnade – der RS zerrt ja an allen vieren.

Jetzt treibt der Focus RS auch die Hinterachse an

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Video: Honda Type R vs Focus RS und Golf R (2016)

Neuer Focus RS greift an

War der letzte Focus mit Frontantrieb schon sauschnell, krallt sich der Allradler noch bissiger in den Asphalt. Vor der Haarnadel gehst du vom Gas: Der Motor rülpst überfettet aus beiden Ofenrohren am Heck und klingt dabei fast wie der selige Fünfzylinder des Vorgängers. Hart anbremsen, kleineren Gang reinhakeln, ins Auto kommt etwas Nervosität. Im Scheitelpunkt verliert der Focus dann an Schwung, wenn du nicht ganz rund fährst – klar, das Gewicht. Der RS wiegt 157 Kilogramm mehr als der Honda. Also das Gaspedal in die Ölwanne getreten, und der RS schiebt leichtfüßig Richtung Gerade. Die Recaros (kosten extra) packen dich zwar wie ein Profi-Wrestler, du sitzt aber zu hoch. Durch die Ziellinie stürmt der Focus dann mit dem heiseren Gebrüll des aufgeladenen Vierzylinders.
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Der Honda Civic Type R ist der Wildeste im Vergleich

Honda Civic Type R
Ungehobelt und ungestüm: Wer echtes Rennfeeling sucht, ist mit dem Civic Type R bestens bedient.
Bild: Angelika Emmerling
Auch der Honda vertraut auf die Kraft des belebenden Laders. Seinem Vierzylinder reichen allerdings 2,0 Liter Hubraum, die dank Turbo 310 PS nach vorn liefern. So viel Bums und Frontantrieb, kann das gutgehen? Und ob! Die japanischen Entwickler haben dem Civic Manieren beigebracht. So spurtreu sprintet kein anderer übermotorisierter Kompakter mit Vorderradantrieb. Fast neutral zieht der Type R auch unter Vollgas aus der Kurve – Respekt. Er ist in diesem Trio Infernal eindeutig der radikalste Renner. Das zeigt schon sein Auftritt: breite Backen ringsum, reichlich Flügel an Front, Seiten und Heck. Innen: verspieltes Cockpit und sehr gute Schalensitze, auf Knopfdruck wechselt die Instrumentenbeleuchtung zu Alarmstufe Rot. Der Blick in den Rückspiegel wird wegen des wuchtigen Doppelspoilers in zwei Fenster geteilt.
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Der Honda ist nicht nur der Günstigste, sondern mit rund 1400 Kilo auch der Leichteste im Test. Und das merkt man auf dem Kurs. Der Type R zeigt sich lebhaft und agil, hetzt gierig durch die Kurven. Die Lenkung peilt absolut zielgenau, die Bremsen packen brutal, die Schaltung klackt sich präzise durch die Gassen.

Euphorische Begeisterung vermag der Golf R nicht zu wecken

VW Golf R
Ausgewogen und praktisch: Der Golf kann neben Sport auch noch Alltag – er zündet nicht wirklich an.
Bild: Angelika Emmerling
Nicht perfekt und deshalb so herrlich: der Oldschool-Turbo des Honda. Untenrum wirkt er vergleichsweise asthmatisch, dafür zieht er ab 2500 Touren die Gesichtsfalten glatt. Kein Vergleich zur gleichmäßigeren Leistungsentfaltung eines Focus oder dem harmonischen Schub des Golf. Und was kann Europas Nummer eins? Von außen macht der sportlichste aller Gölfe jedenfalls auf Understatement. Wären da nicht die luftige Frontschürze und die vier ovalen Endrohre unterm schwarzen Diffusor, der R ginge glatt als gewöhnlicher 86-PS-TSI durch. Doch wehe, du lässt den Turbo los. Die Turbine bläst dem Zweiliter-Vierzylinder muntere 300 PS unter den Zylinderkopf. Aber immer schön kultiviert, die Leistungsentfaltung ist nicht so spitz wie bei Ford oder Honda. Dieser Golf trägt zum gedeckten Anzug in Dunkelgrün leichte Sneaker im Format 19 Zoll. Und weil 4Motion bedeutet, dass alle Räder angetrieben werden, kennt der R auch keine Traktionsprobleme.
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Genau genommen kennt der Wolfsburger gar keine Probleme. In der Summe kann er im Alltag alles: Sonntags auf der Rennstrecke ein bisschen Spaß haben, montags kultiviert beim Kunden vorfahren – in der Kombi geht das mit keinem der beiden Kontrahenten besser. Im reinen Rennvergleich sieht das anders aus. Das GTI-Gestühl ist zwar bequem, Seitenhalt allerdings nicht seine Stärke. Und selbst im Race-Modus (Fahrprogramme gegen Aufpreis) wünschen wir uns mehr Verbindlichkeit von der direkten Lenkung und ein deutlicheres Feedback von der Strecke. Ja, der gut ausbalancierte Golf R macht Laune. Er zündet dich aber nicht an.

Fazit

von

Stefan Diehl
Es lebe der Sport. Und genau dafür ist der kompromisslose Civic gebaut – ein herrlich unvernünftiges Rennstreckenbiest. Auch der Focus beherrscht diese Disziplin gut, macht mit seinem heiseren 350-PS-Turbo richtig Alarm. Der Golf erweist sich als echter Allrounder: Er kann alles, als sportliche Kompakte reizen seine Mitstreiter aber mehr.

Von

Stefan Diehl