Der Ford Focus punktet mit ausgeprägten Nehmerqualitäten
Der Ford Focus MK 3 macht kaum Sorgen. Doch der EcoBoost hat eine fiese Tücke. Im Gebrauchtwagen-Test schaut AUTO BILD genau hin.
Längst kein Geheimnis mehr, dass der Ford Focus der dritten Generation ein ganz großer Wurf von Ford geworden ist. Seinen Wolfsburger Widersacher wies der Kölner gleich doppelt in die Schranken: Zum einen bei den Verkaufszahlen, wo der Focus in den ersten Jahren seiner Bauzeit weltweit an die absolute Spitze fuhr. Und dann deklassierte der Focus den Golf auch zeitweise im TÜV-Report. Nach wie vor findet sich dort kaum ein Kompakter, der mit so wenig Mängeln von sich reden macht. Richtig gut, richtig solide, dieser Focus. Kann man da überhaupt etwas falsch machen? Doch, kann man! Im AUTO BILD-Dauertest gab sich der Focus zwar keine Blöße. Dabei war der Kompakte im Frühjahr 2013 mit dem 1.0-EcoBoost-Dreizylinder angetreten. Ein Motor, der auf falsche Behandlung äußerst empfindlich reagieren kann. Doch im Dauertest geht es den Autos zwar ordentlich an den Kragen, Service und Wartung werden aber stets peinlichst genau eingehalten. Und so fuhr der Kölner dann souverän die Note 1– ein.
Generell leidet der Focus vor allem an seiner erbarmungslosen Klientel. Außendienstmitarbeiter bekommen vom Fuhrparkleiter besonders gern einen unter den Allerwertesten geschoben, oft als Turnier. Aus so einer Arbeitsbeziehung stammt auch unser Testwagen, zu dem der Vorbesitzer im Laufe der letzten drei Jahre offenbar keine größeren Sympathien entwickelte. Vom lieblosen Umgang zeugen die Reifen, die allesamt starke Schäden an den Flanken aufweisen. Eingebremst wurde der 1.5 TDCi wohl besonders gern an der Bordsteinkante. Und unsere hellhörige Fotografin bemerkt noch mehr Defekte, kurz nachdem wir zur Testfahrt gestartet sind: "Oha, der hat was mit den Reifen!" Recht hat sie, die außen stärker abgelaufenen Schlappen haben einen sogenannten Sägezahn entwickelt. Die schräg abgelaufenen Profilblöcke sorgen für eine unangenehme Geräuschkulisse, sobald der Kombi losrollt. Noch vor dem Verkauf sollten hier alle vier Reifen erneuert werden. Davon abgesehen macht der Focus aber einen wie zu erwarten guten Eindruck. Die sechs Gänge des manuellen Getriebes lassen sich knackigzackig sortieren. Dazu gefällt der Schalter mit seiner passenden Abstufung. Das kleine Turboloch unterhalb von 1800 Touren lässt sich so einfach umschalten.
Das straffe Fahrwerk fühlt sich noch immer frisch an
Beim 1.0-EcoBoost auf pünktliche Ölwechsel mit dem richtigen Öl achten. Sonst löst sich der Zahnriemen auf.
Sportlich arbeitet auch die Bremse, jedoch beschweren sich einige Besitzer über ein zu schnelles Ansprechen. Das kennen wir auch vom aktuellen Focus – ist wohl Markenphilosophie. Wie auch das straffe Fahrwerk, das sich beim Testwagen immer noch so anfühlt, als würde es mehr als die 120 PS vertragen. Zum Schrecken der linken Spur reicht es gewiss nicht, doch der kleine Duratorq-Antrieb gefällt mit Laufruhe und Sparsamkeit. Aus vorangegangenen Tests wissen wir: Mehr als sechs Liter Diesel benötigt der Selbstzünder nur selten. Dazu gilt der Motor als robust. Einige Besitzer beklagen in Foren übergesprungene Zahnriemen aufgrund blockierter Umlenkrollen – Einzelfälle und kein typisches Problem des Motors. Der Tausch des Zahnriemens steht übrigens alle zehn Jahre oder 180.000 Kilometer an. Bei solch hohen Laufleistungen kann es dann auch mal vorkommen, dass sich der Motor beim Lastwechsel verschluckt und es zwischendurch zu Aussetzern kommt. Ursache dafür können die Injektoren sein. Solche Symptome kommen allerdings bei vielen modernen Dieselmotoren vor. Der Tausch eines Injektors dauert beim 1.5 TDCi in der Werkstatt knapp drei Stunden. Und der Stückpreis liegt bei saftigen 317 Euro. Unser Spar-Tipp: Injektoren in der Werkstatt ausbauen und an an einen Fachbetrieb für Einspritzdüsen schicken lassen. Dort können die Injektoren zerlegt, überholt und in einem Prüfstand getestet werden. Dauert etwas länger, doch die Rechnung fällt am Ende übersichtlicher aus.
Technische Daten
Motor
Vierzylinder/vorn quer
Ventile/Nockenwellen
2/1
Hubraum
1498 cm³
Leistung
88 kW (120 PS) bei 3600/min
Drehmoment
270 Nm bei 1750/min
Höchstgeschw.
193 km/h
0–100 km/h
11,7 s
Tank/Kraftstoff
53 l/Diesel
Getriebe/Antrieb
Sechsgang man./Vorderrad
Länge/Breite/Höhe
4556/1823/1505 mm
Kofferraumvolumen
476-1516 l
Leergewicht/Zuladung
1404/496 kg
Wer mehr Leistung möchte, und das empfiehlt sich insbesondere bei häufigen Fahrten im Hängerbetrieb, der sollte zum 2.0 TDCi greifen. Der leistet 150 oder 185 PS und verfügt über mindestens 100 zusätzliche Nm. Preislich gibt es auch den 2.0 TDCi mit Euro-6-Norm (ab November 2014) zum moderaten Preis. Modelle von 2016 mit unter 150.000 Kilometern starten bei 8500 Euro. Angesichts von Alter, Ausstattung, Laufleistung und Zustand betrachten wir sogar die knapp 8000 Euro für unseren etwas geschundenen Focus als ein faires Angebot. Schließlich ist trotz seiner problematischen Vorgeschichte kein größeres Investment nötig, um den Kombi auf Vordermann zu bringen. Der Focus steckt halt was weg!
Fazit: Der Testwagen beweist: Ein Focus hat große Nehmerqualitäten. Nach dem Tausch der Reifen wäre der Diesel-Kombi wieder fit für weitere Torturen. Angesichts der Solidität stimmt auch der Preis.
Kosten
Unterhalt
Testverbrauch
5,4 l D/100 km
CO2
144 g/km
Inspektion
200-320 Euro
Haftpflicht (17)*
534 Euro
Teilkasko (21)*
106 Euro
Vollkasko (16)*
404 Euro
Kfz-Steuer (Euro 6)
148 Euro
Ersatzteilpreise**
Lichtmaschine (AT)
865 Euro
Anlasser
522 Euro
Wasserpumpe
610 Euro
Zahnriemen
572 Euro
Nachschalldämpfer
436 Euro
Kotflügel vorn links, lackiert
614 Euro
Bremsscheiben und -klötze
475 Euro
*Onlinetarif der HUK24-Versicherung: Zulassung in Hamburg, Fahrer nur Versicherungsnehmer und Partner (25 Jahre alt), jährliche Fahrleistung 15.000 km, Schadensfreiheitsklasse 1; **Preise inkl. Arbeitslohn und 16 Prozent MwSt.
*Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist (www.dat.de).