Formel 1: Reporter verrät Schumi-Geheimnisse
Wie ich mit Schumi erwachsen wurde

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Zu Schumis 51. Geburtstag erinnert sich Reporter Ralf Bach an seine Erlebnisse mit dem Rekordchampion. Persönliche Anekdoten und brisante Geheimnisse:
Am Anfang war das Feuer. Es loderte in seinen Augen. Schon damals verdichtete sich sein Blick zu engen Schlitzen, wenn er vom Motorsport redete. Vom Fahren einer Kurve, die er in manchmal bis zu fünf Abschnitte teilte, vom Bremsen, Beschleunigen, vom Überholen. Schon damals wusste er von seinen besonderen Fähigkeiten.
Schumi und AUTO BILD: Idol und Kolumnist
Damals war 1988. Da lernte ich Michael Schumacher kennen. Ich war blutjunger Redakteur in Köln, Fachgebiet Motorsport. In der Nähe gab es zwei vielversprechende Talente. Michael Schumacher aus Kerpen und Heinz-Harald Frentzen aus Mönchengladbach. Schon damals glaubte Schumi an seine Fähigkeiten. Aus den ersten Interviewterminen wurde langsam Freundschaft. Ich begleitete die beiden zu Formel-3-Rennen oder zu den Tests im Mercedes-Junior-Team. Sie fuhren mit mir zu Reifentests oder zu Limousinen-Vergleichsfahrten nach Hockenheim und beeindruckten mit atemberaubendem Fahrgefühl.

Training: Reporter Bach (r.) mit Frentzen und Schumi
Dann ging alles ganz schnell. Bei seinem ersten Formel-1-Rennen in Spa lungerten wir noch zusammen im Bus von Heinz-Haralds Formel-3000-Team herum – Corinna brachte den Kaffee, Michael verpasste eine Jordan-Pressekonferenz. Wenig später war er mit Corinna zusammen. Ich konnte zwischen Heinz-Harald und Michael nicht mehr vermitteln. Als Michael zum Weltstar aufstieg, war eine normale Freundschaft nicht mehr möglich – Michael wurde schneller berühmt als erwachsen. Die Formel 1 mit ihrer Schnelllebigkeit ließ dem jungen Kerl einfach keine Zeit zur Reflektion. Wahrscheinlich deshalb waren unsere Standpunkte in der Beurteilung verschiedener Situationen deshalb so verschieden. Die Kollision mit Hill 1994, der Crash mit Villeneuve 1997, der peinliche, selbst herbeigeführte Unfall mit 50 km/h in der Rascasse in Monaco 2006. Kritik ließ Michael nicht mehr gelten: „Entweder Du bist für mich oder gegen mich.“

Im Kreuzfeuer der Kritik: Schumi nach dem Titel 1994
Im Mai 1999 outete er sich das nächste Mal. Wir trafen uns zu Testfahrten von Ferrari in Mugello. Der Motor ging hoch, wir hatten viel Zeit. Ich machte damals ein Interview für den „Stern“. Ein Thema war: „Was man im Leben bereut.“ Er sagte sofort: „Wie ich mich nach der Kollision mit Villeneuve verhalten habe. Es war falsch, aber es gab auch niemanden damals, der den Mut hatte, mir einfach zu sagen: „Geh jetzt raus und entschuldige Dich!“ Er wollte, dass die Aussage Teil des Interviews wird. Das war für mich mutiger als mit 300 Sachen 50 Meter vor einer Kurve zu bremsen. Wenig später hatte er seinen schweren Unfall in Silverstone. Die Bremse des Ferraris funktionierte nicht mehr. Er schlug mit 190 Stundenkilometern in den Reifenstapel ein. Sein rechtes Schienbein brach. „Ich dachte wirklich für eine kurze Zeit, ich würde sterben“, verriet er mir, „Ich war der Meinung, mein Herz bleibt stehen.“ Als er wieder bei Sinnen war, noch auf der Trage, sagte er zum damaligen Formel-1-Arzt Sid Watkins. „Ruf bitte Corinna an und sag ihr, mir geht es gut.“

Grußbotschaft nach dem Beinbruch: Hockenheim 1999
Einen Tag später fragte er mich, wie ich den Auftritt gefunden hätte. Ich sagte: „Für Deine Kollegen nicht gut. Aber das war das Problem von RTL und Hockenheim.“ Er verstand meine Einwände, sagte nur: „Ich komme bald zurück. Ich will sogar in zwei Wochen in Ungarn fahren!“ Ich war verwirrt: „Mit einem Schienbeinbruch – wie soll das gehen?“ Er antwortete: „Ross Brawn (damaliger Ferrari-Technikchef, d. Red.) will ein Auto bauen mit Handgas und Bremse am Lenkrad.“ Ich war baff. „Ist das zum Schreiben?“ „Ja, mach ruhig. Sind doch gute Nachrichten. Aber von mir hast Du sie nicht!“
Ich war damals Formel-1-Berichterstatter bei der "Welt" und schrieb den Bericht. Es gab Riesenaufregung, weil "Bild" am gleichen Tag mit dem Karrierende Schumachers aufmachen wollte. In der "Welt" stand aber genau das Gegenteil. "Bild", fast schon gedruckt, änderte die Schlagzeile. Ferrari-Chef Jean Todt war fassungslos, weil geheime Interna von Ferrari nach außen gedrungen waren. Er rief mich sogar zuhause an und wollte wissen, wer mir davon erzählte. Nur er, Ross Brawn, Chefmechaniker Nigel Stepney und Michael wussten von der Idee. "War es Ross?" "Nein", sagte ich. "War es Nigel?" Wieder verneinte ich. Nach Michael fragte er nicht mehr. Deshalb musste ich nicht lügen. Aus dem geheimen Ferrari-Plan wurde aber nichts. Michael ließ sich mit dem Comeback Zeit. Erst beim vorletzten Rennen in Malaysia stieg er wieder ein.

Schumis Party sorgte überall für große Schlagzeilen
Das Jahr 2000 war sehr intensiv. Wir beredeten viel Privates, er vertraute mir total. So merkwürdig sich das auch anhört: Ich ihm auch. Im Sommer lud er mich in die Schweiz ein. Zum Kicken und Abhängen. Er besorgte mir einen Spielerpass, dass ich an einem Punktspiel bei seinem damaligen Verein, dem FC Echterdingen, mit teilnehmen konnte. Wir verloren hoch.

Hobby-Kicker: Schumi beim Fußball in der Schweiz
Das letzte Rennen in Suzuka 2000 beendete unsere Freundschaft. Der erste Titelgewinn mit Ferrari machte Schumacher zum Weltstar und zum Helden der Formel-1-Geschichte unter Dauerbeobachtung. Niemand entkommt so etwas, ohne Konsequenzen zu ziehen, und Michael fühlte die Zeit gekommen, unser Verhältnis zueinander neu zu ordnen. Wir blieben beruflich in Kontakt. Freunde waren wir nicht mehr.
Große Schumi-Serie zum Geburtstag - hier nachlesen:
Teil 1 - Schumis Anfänge: Kart, Cola und Krafttraining
Teil 2 - Schumis Idol: Die ganze Story mit Ayrton Senna
Teil 3 - Schumis Fahrstil: Geheime Kurventechnik
Teil 4 - Schumis Skandale: Tricksen, Tarnen, Triumphieren
Teil 5 - Schumi der Teamplayer: Führen, fordern, Fußball spielen
Teil 6 - Brawn über Schumi bei Mercedes: "Leider kein Siegerauto"
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