Hybridautos in Deutschland: ein Fall für Besserwisser, meist auch für Besserverdiener, weniger für Sparer. Natürlich auch ein Fall für Umweltbewusste, ganz bestimmt aber einer für wahre Individualisten, denn die Hybriden kauft hierzulande ja kaum einer. Dabei stehen sie inzwischen auch bei den deutschen Automarken in den Preislisten. Und keiner davon, so grün er auch sein mag, schmeckt nach Jute und Jesuslatschen. Manche der Hybriden geben sogar den Kraftprotz wie unser Test-BMW mit dem aufwendigen Namen "Active Hybrid 5". Er tritt immerhin mit 340 PS Systemleistung an. In der gleichen Leistungs-Liga spielt auch der neue Lexus GS 450h, der eindrucksvolle 345 PS an die Hinterräder schickt.

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Oberklasse mit Hybrid

Das kleine "h" am Ende der Typenbezeichnung zeugt dabei vom ausgeprägten Selbstbewusstsein der Toyota-Tochter. Man hat die Hybridtechnik ja erfunden, zumindest in der Großserie – da muss als Kennzeichen ein kleiner Hinweis reichen. Und was bedeutet "GS"? "Große Schlappe" könnte passen, denn seit 20 Jahren schon versucht die japanische Nobelmarke, mit dem GS in der europäischen Businessklasse zu landen. Aber E-Klasse & Co ließen dem mittelgroßen Lexus bislang auch nicht die kleinste Chance. Nun steht dieser allerdings besser als je zuvor da. Der jüngste Lexus GS verfügt über ein modernes Design, ein komplett neues Chassis, einen verfeinerten Hybridantrieb – und orientiert sich auch gleich an einem neuen Maßstab: Nicht mehr Mercedes sei das Vorbild gewesen, flüstern Insider hinter vorgehaltener Hand, sondern der 5er von BMW. Dritter im Bunde der Oberklasse-Hybriden ist der heimische Konkurrent des Lexus namens Infiniti – ein Nissan-Ableger und hierzulande tatsächlich noch unbekannter als ein GS.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 5er

BMW 5er
Untypischer 5er: Beim Active Hybrid müssen BMW-Kunden auf Ausstattungs-Details verzichten.
Aber aufstrebend, wie die Limousine vom Typ M35h vorführt: Das Hybrid-Gerät verweist mit 364 PS die Konkurrenz in die Schranken. Die genannte PS-Zahl ist bei diesen Autos immer die sogenannte Systemleistung, die sich einstellt, wenn Benziner und Elektromotor optimal zusammenarbeiten. Der BMW schießt 55 Elektro-PS zu, der Lexus 65, der Infiniti 68. Optisch zeigt der Lexus nun ein markantes Gesicht. Seine Designer sprechen vom Bumerang-Grill, anspielend auf die gezackte seitliche Begrenzung. Der Rest wirkt freilich wie immer: ansehnlich, aber irgendwie auch anonym. Billig ist so ein GS Executive Line (61.500 Euro) nicht, aber in Anbetracht der reichhaltigen Ausstattung fair kalkuliert. Das gilt auch für den Infiniti (GT Premium für 61.590 Euro), während BMW (70.880 Euro mit Testwagen-Extras) heftig zuschlägt und obendrein dem Hybrid-Kunden wichtige Dinge vorenthält. Aktivlenkung, Wankausgleich, Durchladesystem und anderes gibt es für den Hybrid-5er nicht. Bleischwer sind sie alle, die Hybriden, besonders der BMW (1938 Kilogramm). Was sie freilich nicht daran hindert, abzuzischen wie echte Sportlimousinen.
BMW und Infiniti nehmen sich da nicht viel, wobei ihre elektrischen Hilfsmotoren den Benzinmotoren bei niedrigen Drehzahlen ordentlich auf die Sprünge helfen, beim Turbo-Sechszylinder des BMW noch eindrucksvoller als beim rauen V6-Sauger des Infiniti. Wo bleibt da der neue Lexus? Auf jeden Fall in Sichtweite, auch wenn er nicht ganz so vehement davonprescht. Dafür entschädigt er mit einem Antriebspaket, das durch überlegene Harmonie glänzt. Nur der Lexus mischt die Drehmomente mit einem stufenlosen Getriebe, eine geniale Sache, die einen nahtlosen Vortrieb garantiert. Dagegen benehmen sich die mit acht (BMW) und sieben (Infiniti) Stufen operierenden Rivalen vergleichsweise ruppig, besonders der Infiniti. Prinzipbedingter Lexus-Nachteil: die beim Beschleunigen gleichbleibend hohe Drehzahl, die zu einer gewöhnungsbedürftigen (aber gut gedämpften) Akustik führt.
Weitere Details zu den drei Hybrid-Limousinen gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Test lesen Sie in AUTO BILD 32/2012 oder als Download im Heftarchiv.

Fazit

von

Wolfgang König
Der Lexus hat uns überrascht. Weniger der gekonnt abgestimmte Antrieb (das war zu erwarten) als seine fahrdynamischen Qualitäten. Nur optisch fehlt es ihm an dem gewissen Etwas. Das finden wir beim teuren BMW auf Rang zwei – sein Hybridantrieb bringt allerdings kaum Vorteile, aber diverse Nachteile. Reichlich Raum für Verbesserungen lässt der Infiniti. Der zweite Japan-Hybrid trumpft vor allem mit seiner Luxusausstattung auf.

Von

Wolfgang König