Klarglas erschwert optimale Lichtverteilung

Ein Grund zum Feiern: AUTO BILD war zum zehnten Mal in Folge Gast bei Hella in Lippstadt. Im längstem Lichtkanal der Welt, einer 140 Meter langen Bundesstraße in einer Halle, ausgerüstet mit modernsten Meßeinrichtungen. Kein Grund zum Feiern, denn während des Tests reifte die Erkenntnis: Gutes Licht ist teuer. Vor allem bei preiswerten Autos blieb die Lichttechnik auf dem Stand, der schon 1995 im ersten Scheinwerfervergleich nicht mehr aktuell war.

So zeigten damals Billigheimer wie Lada Samara und Skoda Felicia, daß sich auch mit einfachen Scheinwerfern gutes Licht erzeugen läßt und blieben in Sichtkontakt zu den Besten, dem damals neuen BMW Fünfer und der Mercedes-Benz E-Klasse. Die Nachfolger der osteuropäischen Modelle, Kleinwagen Made in Korea, halten da bei weitem nicht mit. Sie erfüllen höchstens die gesetzlichen Anforderungen, nicht aber die für eine sichere Nachtfahrt.

Die Ursache dafür hat Design-Gründe und einen Namen: Klarglas. Der Scheinwerfer prägt das Gesicht eines Autos, und die Gestalter verlangen ungehinderten Blick in sein Inneres, dazu großzügig verspiegelte Zierflächen. Eine profilierte Streuscheibe ist da nur im Weg. Ohne sie jedoch wird es schwierig, das Licht perfekt auf die Straße zu lenken. Diese Aufgabe muß nun allein der Reflektor erfüllen – meistens mäßig. Beispiel VW Golf: Das beste Licht aller Baureihen lieferte die dritte (Bj. 91 – 98). Der Golf IV kam 1997 mit Klarglasoptik, und die Reichweite sank in dem Maße, in dem die Eigenblendung durch Streulicht stieg. Wer Wert auf perfekte Ausleuchtung legte, mußte Xenonlicht mitbestellen – wie heute beim Golf V.

Opel setzt auf neues adaptives Fahrlicht

Dann erhält der Kunde ein Bi-Xenon-System. Was bedeutet, daß der Projektions-Scheinwerfer – das sind die mit der dicken Linse – auch Fernlicht produziert. Für die Lichthupe hat der Golf, wie die meisten Bi-Xenon-Modelle, noch separate Halogenstrahler damit der Xenonbrenner nicht jedesmal neu gezündet wird. Technisch betrachtet ist Bi-Xenon jedoch schon wieder ein alter Hut, seit Opel sein adaptives Fahrlicht (AFL) anbietet.

Der Vectra im Test ist damit ausgerüstet, auch für den Astra ist es zu haben. Hinter AFL verbergen sich Bi-Xenon-Scheinwerfer, die Kurven ausleuchten und auf der Autobahn für mehr Reichweite den Lichtkegel anheben. Natürlich, ohne andere Verkersteilnehmer zu blenden.

Blendung provoziert vor allem der Skoda Octavia mit Xenonlicht, der ähnlich grelle, blaue Blitze in die Gegend schießt, wie die ersten Gasentladungs-Scheinwerfer 1991 im BMW Siebener. Alle anderen Xenonscheinwerfer im Test hingegen blenden nicht mehr als übliche Halogenscheinwerfer. Wobei es auch unter denen lästige Kandidaten gibt. Wie die vom BMW X3: Sie erlauben dem Gegenverkehr direkten Durchblick auf die Glühwendel. Weil eine Strahlenblende vor der Glühlampe fehlt, ein Teil für wenige Cent. Der Preiskampf tobt eben auch im Premiumsegment. Außerdem legt die mäßige Ausleuchtung den Verdacht nahe, daß der Kunde so zum aufpreispflichtigen, teuren Xenonlicht gedrängt werden soll.

Die Testergebnisse auf einen Blick

Auch für Fahrzeuge aus dem VW-Konzern ist Xenon eine Empfehlung, der sonst eher flaue Touran wird damit zur hellen Lichtgestalt. Für den Toyota Corolla ist diese Option nicht lieferbar, das schlechte Abschneiden des Japaners hat seit unserem ersten großen Scheinwerfertest leider Tradition. Aber vielleicht kommt ja Klarglas eines Tages wieder aus der Mode und preiswerte Autos bieten wieder gute Nachtsicht. Dann hätten wir wirklich einen Grund zum Feiern. Vielleicht schon beim elften Scheinwerfertest von AUTO BILD im längsten Lichtkanal der Welt.

Ausführliche Testergebnisse finden Sie in der Bildergalerie (siehe Link unter dem Foto).