Mercedes B-Klasse Electric Drive: Fahrbericht
So fährt die elektrische B-Klasse

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Bei uns kommt sie erst Ende 2014. Doch in Amerika startet die B-Klasse schon früher als Elektroauto. Wir waren mit dem stillen Stromer bereits in Los Angeles unterwegs.
Bild: Christian Spreitz
Hier ein Ford Focus Electric, da ein Nissan Leaf und wo man hinschaut jede Menge Teslas. Bei uns mag die elektrische Revolution vielleicht nur langsam in Fahrt kommen. Aber in Los Angeles gehören die Akku-Autos längst zum Alltag, und niemand dreht sich mehr nach einem Stromer um. Kein Wunder also, dass Mercedes ausgerechnet hier zur ersten Testfahrt mit der elektrischen B-Klasse gebeten hat. Die beginnt am Flughafen mit einer handfesten Überraschung. Das Model S zwei Parkreihen weiter würdigt hier niemand eines Blickes – im Gegensatz zur elektrischen B-Klasse. "Für uns ist die B-Klasse ein gewohnter Anblick, aber die Amerikaner kennen sie noch nicht", erläutert Testingenieur Jochen Eck. Weil es den Schwaben-Van jenseits des Atlantiks bislang gar nicht und demnächst nur als E-Mobil geben wird, kommt er den Amis so exotisch vor wie seinerzeit der erste Prius und hat es längst zum Star auf Facebook oder Instagram geschafft.
Preis soll Gegner BMW i3 unterbieten
"Wo wir auftauchen, zücken die Passanten die Handykameras und an jeder Ladesäule werden wir in lange Diskussionen verwickelt", sagt Eck und freut sich, dass er endlich mal offen über einen Prototyen reden darf. Welche Akkus eingebaut sind (die Lithium-Ionen-Zellen von Tesla), zur Reichweite (200 Kilometer), die Fahrdaten (0 auf 100 unter zehn Sekunden, Spitze 160) – daraus macht Eck deshalb kein Geheimnis mehr. Nur zum Preis verrät er noch nicht viel "Unter 40.000 Dollar" lautet die Ansage und der Blick gilt dabei natürlich dem Hauptgegner BMW i3, der in Amerika für 41.350 Dollar angeboten wird – was für ein Zufall.
Auf Anhieb heimisches Gefühl im Cockpit

Im Cockpit gibt es eine neue Power- und Ladeanzeige, der Bordcomputer zeigt neue Grafiken und das Navi eine Reichweitenprognose.
Drei Rekuperationsstufen wählbar
Lautlos durch Los Angeles lautet die Mission, als sich der elektrische Exot auf den Century Boulevard einfädelt und gen Nordosten los surrt. Ob die B-Klasse mit ihren 100 kW und den 310 Nm ab der ersten Umdrehung tatsächlich in weniger als zehn Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt und die Elektronik wirklich erst bei 160 km/h den Stecker zieht, das werden wir heute nicht rauskriegen. Denn wie so oft geht es auf der 405 nach Norden nur zäh voran. Dafür kann man hier prima mit den zwei Fahrprogrammen E und S und den drei verschiedenen Rekuperationsstufen spielen: Mal beschleunigt die B-Klasse damit etwas träger, mal sehr viel spontaner und beim Bremsen ist es genau umgekehrt. In der niedrigsten Stufe der Energierückgewinnung rollt der Wagen schier ewig weiter, wenn ich den Fuß vom Gas nehme. In Stufe zwei verzögert er ein bisschen und erst auf "Drei" spürt man tatsächlich, wie der Motor zum Generator wird und so einen Fahrwiderstand erzeugt. Das könnte meinetwegen ruhig ein bisschen heftiger sein. "Aber dann müssten wir von Gesetz wegen die Bremsleuchten aktivieren, und das wollten wir vermeiden", erläutert Eck die Betriebsstrategie.
Aufstieg wie der junge Luis Trenker

Weil es den Schwaben-Van in den USA noch gar nicht und bald nur als Stromer gibt, wirkt er noch wie ein Exot wie einst der Toyota Prius.
Wer sagt denn, dass Elektroautos keinen Spaß machen dürfen", fragt Testingenieur Eck mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht. Für den Antrieb mag das gelten. Doch damit das auch beim Fahrwerk klappt, müssen seine Kollegen wohl noch mal ran. Je nach Referenzmodell 200 bis 300 Kilo Mehrgewicht gegenüber einer konventionellen B-Klasse – zumindest auf den schartigen Betonpisten im Herzen von Hollywood macht sich dieser Unterschied schmerzlich im Rücken bemerkbar.
Alle Ladestationen belegt
Nach zwei Stunden im Stadtverkehr von Los Angeles, vielen Meilen auf dem Highway und der Bergprüfung am Observatorium sind von den versprochenen 200 Kilometern Reichweite noch rund die Hälfte übrig. Das reicht locker zum Flughafen und vor dem Abflug müsste ich eigentlich nicht mehr an die Ladesäule. Zumal ich die drei Stunden für eine Schnellladung mit drei kW lieber bei einem Burger oder in einer Mall verbringen würde und es für die zehn Stunden an der normalen Steckdose eh nicht mehr reicht. Dass ich trotzdem so langsam nervös werde und den Straßenrand nach Steckdosen scanne, liegt deshalb nicht an der Reichweite, sondern an der vielleicht einzigen negativen Begleiterscheinung des Elektro-Booms in Los Angeles: Hier ein Ford Focus Electric, da ein Nissan Leaf und wo man hinschaut jede Menge Tesla – die allermeisten Ladesäulen sind mittlerweile ständig belegt.
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