Das Selbstvertrauen von Mercedes ist ins Wanken geraten. Viele Jahrzehnte war ganz selbstverständlich dort vorn, wo die Autos mit dem Stern fuhren. Vorbei. Die Konkurrenten von BMW und Audi haben überholt. Das sagen nicht wir, sondern die Kunden. Einem der wichtigsten Modelle der Stuttgarter, der C-Klasse, laufen die Käufer weg. In den vergangenen zehn Jahren ist der Absatz um rund 50 Prozent eingebrochen. Noch 2001 hat Mercedes etwa 160.000 C-Klassen verkauft, 2012 entschieden sich nur noch knapp 70.000 Käufer in Deutschland für sie. Und es wird nicht leichter für die C-Klasse.

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Video: Skoda Octavia und Mercedes C 200

Skoda schlägt Mercedes

Selbstbewusst drängt Skoda ab Mai 2013 mit der dritten Generation des Octavia Combi in die Mittelklasse – und setzt mit funktionalem Design und zeitloser Eleganz auf jenen optischen Auftritt, der den Modellen mit dem Stern so lange Erfolg bescherte. Einen Respektabstand halten die Tschechen nur noch beim Preis. Rund 12.000 Euro ist der Octavia Combi günstiger als eine vergleichbare C-Klasse. Image hin oder her, das ist eine Ansage. Schon die erste Begegnung zeigt: Der Skoda hat Format. Mit einer Länge von 4,66 Metern überragt er den Mercedes um fünf Zentimeter. Das ist aber nur die halbe Wahrheit – denn Skoda nutzt den Platz besser. Steht auf den Vordersitzen noch ähnlich viel Raum zur Verfügung, ist der Octavia im Fond eine halbe Nummer größer. Geht es um die klassischen Kombi-Tugenden, bleibt dem Mercedes kaum noch eine Chance. Der riesige Kofferraum des Skoda fasst 610 Liter, der Mercedes-Fahrer muss sich mit 485 Litern begnügen. Schuld daran ist der platzraubende Standard-Antrieb der C-Klasse mit längs eingebautem Motor vorn und Antrieb an der Hinterachse. Kein Wunder, dass sich der Octavia beim Easy-Index als das alltagstauglichere Auto erweist.

Überblick: Alle News und Tests zur Mercedes C-Klasse

Mercedes C-Klasse
Deutlich weniger dynamisch: Der Mercedes wiegt 200 Kilo mehr als sein Vergleichstestrivale.
Praktischer Skoda, knapper geschnittener Mercedes – das kennen wir bereits. Neu ist hingegen, wie fein der Octavia im Innenraum geworden ist. Weiche Kunststoffe, Klavierlack, der riesige Navi-Bildschirm und Chromrahmen um die Lüftungsdüsen zeugen vom Qualitätsanspruch der Tschechen. Zumal alles ordentlich verarbeitet ist. Trotzdem ist der Mercedes noch eine Spur edler eingerichtet: Die Materialien wirken hochwertiger, die Schalter und Tasten in der Mittelkonsole rasten präziser. Obwohl bereits im kommenden Jahr die neue C-Klasse an den Start geht, zeigt sich der Mercedes nicht gealtert, bestenfalls gereift. Was man vor allem an der exakten Verarbeitung spürt. Hier scheppert nichts. Der Altersunterschied lässt sich also nicht erfühlen, wohl aber erfahren. Denn während der Skoda auf einer komplett neu konstruierten Plattform und mit modernen Motoren antritt, gehört das C-Klasse T-Modell bereits seit über fünf Jahren auf unseren Straßen zum alltäglichen Anblick.

Der Fortschritt, den die Autohersteller seitdem gemacht haben, lässt sich vor allem auf der Waage ablesen. Skoda hat den Octavia Combi gegenüber dem Vorgänger um rund 100 Kilogramm abgespeckt.Mit einem Leergewicht von 1337 Kilo ist er das Fliegengewicht der Mittelklasse und um rund 200 Kilogramm leichter als der Mercedes. Der Vorteil dieser Skoda-Diät ist schnell erklärt: Zwar werden beide Testwagen von einem aufgeladenen 1,8-Liter-Turbobenziner mit rund 180 PS angetrieben – der Octavia ist jedoch wesentlich spritziger und leichtfüßiger.

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Skoda Octavia
Skoda Octavia
Skoda Octavia
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Vergleich: Skoda Octavia Combi vs. Limousine
Zumal der Mercedes im oberen Drehzahlbereich gequält wirkt und ein brummiges Laufgeräusch erzeugt. Auch beim Verbrauch streckt der Skoda seine Nase in Führung. Der Octavia soll sich mit 6,1 Litern pro 100 Kilometer zufriedengeben, das wäre ein knapper Liter weniger, als der Mercedes verbraucht. Bei der Fahrwerkabstimmung zeigt Skoda ein glückliches Händchen. Straff gefedert, aber noch nicht zu hart. Im Prinzip ganz ähnlich wie die C-Klasse. Die folgt in der 2130 Euro teuren Avantgarde-Ausstattung ebenfalls der straffen, sportlichen Linie, wirkt auf kurvenreichen Landstraßen aber nicht so handlich wie der Skoda. Die überflüssigen Pfunde machen sich hier erneut bemerkbar, der C-Kombi bewegt sich schwerfälliger ums Eck. Ausgewogen, unaufgeregt und stilsicher – da wagt sich der Octavia Combi weit ins C-Revier. Mit Erfolg, die Mischung stimmt, der Skoda ist moderner und auch noch viel preiswerter als der Mercedes.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Viereinhalb Sterne für Skoda, vier für Mercedes. Verkehrte Welt? Kaum. Die Tschechen bieten für gutes Geld einen tollen Alltagskombi mit vielen praktischen Ideen. Nebenbei fährt der Octavia hervorragend. Das C-Klasse T-Modell wirkt im Vergleich eher konservativ. Trotzdem: Wer die noble Art liebt und es sich leisten kann, der macht mit dem Mercedes sicher nichts falsch.

Von

Stefan Voswinkel