Gleicher Inhalt, neuer Name. Das kann, das muss aber nicht funktionieren. Als sich Prince von 1993 bis 2000 in TAFKAP umtaufte, lockte er jedenfalls kaum noch einen Partygänger auf die Tanzfläche. Vielleicht lag's am seltsamen Namen – übersetzt stehen die sechs Buchstaben für "Der früher als Prince bekannte Künstler". Mercedes will das unter allen Umständen besser machen. Und beweist schon mit der Namenswahl mehr Fingerspitzengefühl. Aus der M-Klasse wird – analog zu GLA, GLC und künftig GLS – der GLE. Also ein Geländewagen im Segment der E-Klasse. Klingt ziemlich logisch. Doch kann das "neue" SUV mehr als nur die richtigen Buchstaben tragen?

Im Innenraum überzeugt der GLE mit viel Platz

Mercedes GLE
Gewohnt großzügig: Auf allen Plätzen sitzt man gut, vorne könnte die Beinauflage aber etwas länger sein.
Auch wenn die technische Basis im Kern nicht verändert wurde und im Fahrzeugschein immer noch W 166 steht, tut der mit der Namensänderung verbundene Feinschliff dem schwäbischen Dino gut. Das Platzangebot bleibt großzügig, vorn wie hinten sitzen selbst lange Leute bequem. Allerdings dürften die Sitze vorn ruhig mehr Beinauflage haben. Und so modern wie sich das Cockpit mit dem großen, scharfen Zentraldisplay, dem Schalthebel hinterm Lenkrad und dem feinen Controller auf der Mittelkonsole auch präsentiert – die Regler fürs Klima hätten wir gern eine Etage weiter oben. Beim Transporttalent des GLE bleiben dagegen kaum Wünsche offen. Wer zu fünft verreist, darf angesichts der 690 Liter Kofferraum und 698 Kilo Zuladung ruhig eine große Reisetasche pro Fahrgast einplanen. Wer das Wochenende zu zweit verbringt, kann bei maximal 1,74 Meter Laderaumlänge entweder aufs Hotelzimmer verzichten oder die 2010 Liter Stauraum für die Fahrräder nutzen. Nur die umständliche Klappmechanik, bei der erst die Sitzfläche hoch- und dann die Lehne heruntergeklappt wird, nervt. Wer schließlich selbst mit zwei Kubikmeter Kofferraum nicht auskommt, nimmt einfach noch 3,5 Tonnen an den Haken (der kostet 1142 Euro extra).
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Beim Komfort fährt das Mercedes-SUV ganz weit vorne

Mercedes GLE
Sanfter Gleiter: Mit Airmatic und adaptiven Dämpfern ausgerüstet, bügelt der GLE alle Unebenheiten aus.
Wer sich für das Airmatic-Paket (2035 Euro) entscheidet, wird mit dem GLE auch unter schwierigen Bedingungen zufrieden sein. Die Verbindung aus Luftfederung und adaptiven Dämpfern lässt den Koloss mit Gelassenheit über Holperstrecken gleiten, ohne in schnelleren Kurven über Gebühr zu taumeln. Nur dezent spürt man grobe Querfugen im Innenraum. Die Karosserieneigung hält sich auch bei engagierter Fahrweise in Grenzen. Wer auf der Autobahn auf der linken Spur Gas gibt und die 225 km/h Spitze ausprobiert, wird über das Absenken der Karosserie vor allzu bösen Überraschungen an der Tankstelle bewahrt. Und wer die Zuladung ausschöpft, den bewahrt die Niveauregulierung vor Schlagseite. Auch den sogenannten Elchtest besteht der GLE entspannt. Bis 65 km/h zirkelt er trotz der nicht übermäßig direkten Lenkung sicher durch die Pylonengassen, bei höherem Tempo erreicht das 2,2-Tonnen-Trumm allerdings seine fahrdynamischen Grenzen – ob er sie auch überfährt, wird der erste Vergleich zeigen.
Unter der Haube werkelt im 350 d der bekannte V6-Diesel mit 258 PS. Beim Kaltstart noch etwas knurrig, übernimmt der Dreiliter nach wenigen Kilometern souverän und dezent das Kommando. Nach 7,4 Sekunden rauscht der GLE mit 100 km/h durchs Land, wobei der dicke Daimler durchaus behände und austrainiert wirkt. Mit allen Rädern krallt er sich in den Asphalt und schiebt in allen Drehzahllagen munter an. Mit neun statt bisher sieben Fahrstufen findet die Automatik immer die passende Übersetzung. Nur selten wirkt die Mercedes-Box unentschlossen und legt im Schiebebetrieb leicht ruckend die Fahrstufe ein.

Im vollen Testwagenornat kostet der 350 d 70.884 Euro

Mercedes GLE
An der Kasse ein ganz typischer Mercedes: Für einen GLE 350 d werden mindestens 60.750 Euro fällig.
So ein GLE 350 d kommt zwar immer mit Allradantrieb und Automatik sowie auch sonst gut ausgestattet daher, kostet aber auch mindestens 60.750 Euro – womit er auf dem Niveau des ganz frischen Audi Q7 3.0 TDI liegt. Immerhin dürfte der Benz, der es in der Testwagen-Ausstattung sogar auf 70.884 Euro bringt, ähnlich hohe Restwerte erreichen wie der Ingolstädter. Und die Spritkosten bleiben bei 8,8 l/100 km im erträglichen Rahmen. Weniger glücklich sind wir dagegen mit den wahrlich knickrigen zwei Jahren Garantie – zumal der GLE jedes Jahr (alternativ alle 25.000 km) in die Werkstatt gerufen wird. Da sollte in Stuttgart doch mehr Vertrauen in die eigene Marke vorliegen. Beim Garantie-Geiz müssen die Schwaben etwas ändern – dann darf es auch ruhig beim alten Namen bleiben.

Ein neues Auto ist aus dem ML nach der Umbenennung in GLE nicht geworden. Wohl aber ein besseres. Bei der Cockpitgestaltung und vor allem bei der Connectivity lässt sich die Überarbeitung deutlich spüren. Die technische Basis bleibt zwar weitgehend unverändert, Motor und Fahrwerk waren aber schon beim Vorgänger nicht schlecht und gewinnen hier durch Feinschliff. Bleibt als echtes Manko nur der hohe Preis.