Heiße Anwärter auf das automobile Jawort

Sag mir, was du fährst – und ich sag dir, ob du mein Typ bist. Auf Brautschau ist das richtige Gefährt entscheidend. Und wenn die Liebe durch den Wagen geht, sind diese drei heiße Anwärter auf das automobile Jawort.

Kandidat eins: BMW 120d, 163 PS, Spitze 220 km/h. Ein Jungdynamiker und Latin Lover. Mit dicken Muskeln aus dem bayerischen Fitneßclub macht er eine super Figur. Doch Vorsicht: Spätere Scheidung durch Hormonprobleme nicht ausgeschlossen.

Kandidat zwei: Audi A3 Sportback 2.0 TDI, 140 PS, Spitze 207 km/h. Edelmann mit vielen Tugenden und stilsicheren Manieren. Oder doch nur ein neureicher Angeber mit großer Schnauze und falschen Zähnen?

Kandidat drei: Mercedes-Benz A 200 CDI, 140 PS, Spitze 201 km/h. Schwiegermutter wird begeistert sein, den leichten Einstieg loben und sich auf viele Enkelkinder freuen. Dieser Sternwagen ist konservativ und modern zugleich.

Liebe auf den ersten Blick beim 1er BMW

Schluß mit flirten. Eins, zwei oder drei – wer ist der perfekte Partner? Der BMW 120d versteht es gut, Liebe auf den ersten Blick zu entfachen. Ein Typ wie an der Bar: aufregende Klamotte, heißes Blut in den Adonis-Adern und ein leidenschaftlicher Augenaufschlag, der klares Denken verhindert. Beim ersten Rendezvous verspricht der Einser viel. Sehr viel. Zuviel? Nur von Kindern und Ausflügen mit Verwandten ist nicht die Rede. Sein Platzangebot geht an heutigen Ansprüchen in der Kompaktklasse vorbei. Bequeme Raumverhältnisse für vier plus mindestens 350 Liter Kofferraumvolumen dürfen es schon sein. Beides kann er nicht bieten.

Statt Familienplanung garantiert er Abenteuer, Action und Abschied vom Auto-Alltag. Laut Tacho läuft er Tempo 240. Weil er so lang übersetzt ist, leidet darunter leider seine Elastizität. Der 120d hat 23 PS mehr als A3 und A-Klasse. Als einziger fährt er mit Heckantrieb. Ein Novum in dieser Wagenklasse, und im stärksten Einser sorgt diese Auslegung für einen Dynamikvorteil gegenüber Audi und Mercedes-Benz.

Stolze 340 Newtonmeter Drehmoment liefert der langhubige Vierzylinder und setzt diese dank ausgeglichener Gewichtsverteilung beeindruckend in Vortrieb um. 49 Prozent des Gewichts lasten ohnehin auf der Hinterhand. Beim Beschleunigen steigt der Druck auf die Antriebsräder durch die dynamische Achslastverteilung weiter, so daß der BMW mit maximaler Traktion aus Kurven herausbeschleunigt.

Permanente Unruhe in der Karosserie

Selbst bei vollständig abgeschalteten Elektronik-Fahrhilfen (dynamische Traktions- und Stabiliätskontrolle DTC/DSC lassen sich zweistufig deaktivieren) bleibt der 120d bis zur Haftgrenze neutral. Übersteuern muß durch Anstellen im Zusammenspiel mit einem plötzlichen Gasstoß provoziert werden. Das klappt auf nasser Fahrbahn so spielerisch, daß selbst Anfänger einen Power-Drift hinkriegen, denn Kraftaufbau und Rückmeldung der hydraulischen Servolenkung sind fast perfekt.

Anders das Fahrwerk. Es ist für sportliche Fortbewegung abgestimmt, sucht gar nicht erst den Komfort-Kompromiß, sondern erzeugt permanente Unruhe in der Karosserie. Kleine Unebenheiten auf der Autobahn äußern sich durch zittrige Kopfbewegungen der Insassen. Querfugen schlagen heftig in den Innenraum durch.

Erfreulich: BMW hat die Qualität des Einsers verbessert (im ersten Vergleich erhielt der 120i nur 14 von 20 Punkten). Details wie der zu kleine und zu billige Lichtschalter, fehlende Wassertemperturanzeige und schlechte Sicht nach hinten stören noch immer. Aber wir wissen ja auch: Kleine Macken können liebenswert sein.

Sportback rollt komfortabler als der Einser

Macken sucht man beim A3 Sportback vergeblich. Sein markanter Grill grinst selbstsicher nach dem Motto: Ich brech die Herzen der stolzesten Frauen. Nicht nur am Bug steuert er seinen eigenen Kurs. 68 Millimeter hat das Heck gegenüber dem Zweitürer zugelegt. Das bringt mehr Platz in Fond und Kofferraum und gibt ihm eine Linie, die zwischen Kombi, Coupé und Limousine pendelt.

Besonders variabel ist er leider nicht; die umgelegten Rücksitzlehnen bilden keine gerade Fläche. Das maximale Stauvolumen enttäuscht. Wie der BMW mimt der Audi lieber den Lebe- als den Hausmann. Zwar spurtet er nicht so rasant wie der 120d, doch Biegungen aller Art mag auch der Sportback. Lastwechsel können ihn nicht aus der Ruhe bringen. Eigenlenkverhalten wird erst in scharf gefahrenen Wechselkurven spürbar.

Kompliment: Audi hat dem Fronttriebler eine Sportlichkeit antrainiert, die es fast mit dem genetisch vorhandenen Leistungsvermögen des Einsers aufnehmen kann. Nur auf nasser Fahrbahn ist die Vorderachse mit dem bulligen Diesel-Drehmoment überfordert. Dann drehen die Räder durch, und der A3 drängt kopflastig zum äußeren Kurvenrand. Über Unebenheiten rollt der Sportback komfortabler als der Einser, auch wenn er nicht das Niveau eines Golf erreicht. An den erinnert eher der rauh laufende Diesel. Dafür glänzen Karosserie und der großzügige Innenraum mit überragendem Qualitätsgefühl. Bei Cockpitgestaltung und Materialien ist auch in der Kompaktklasse Audi der Maßstab. Die hohe Wertigkeit verspricht gute Langzeitqualität und damit beste Vorraussetzungen für eine lange, glückliche Ehe.

A-Klasse bietet mickrige 375 Kilo Zuladung

In diesem Punkt hat die A-Klasse aufgeholt. Der Mercedes-Benz verströmt nun endlich eine Anmutung, die der Traditionsmarke auch würdig ist. Neben Audi und BMW tut er sich schwer, das begehrenswerte Herzblatt zu spielen. Optisch ist er anders; zum 120d sogar ein krasser Kontrapunkt: Seine hochbeinige Van-Optik statt der scharfen BMW-Linien zielt auf einen anderen Kundenkreis. Unter den drei Kompakten ist er der Kompakteste und bleibt als einziger unter vier Meter Länge. Das kommt der Übersicht zugute und hilft beim Parken. Der A 200 CDI hat eben andere Vorstellungen vom (Zusammen)leben. Die B-Klasse (ab Frühjahr 2005) dürfte dem Idealbild eines edlen Kompakten näherkommen.

Dennoch bietet die A-Klasse gleich viel Platz wie der 43 Zentimeter längere A3. Dank "Easy- Vario-Plus-System" (348 Euro) lassen sich Rück- und Beifahrersitz ausbauen und machen die A-Klasse zum vielseitigen Ladetalent. Nur schwer sollte die Fracht nicht sein. Mickrige 375 Kilo Zuladung sind ungeeignet, um Paarungswilligen den Kopf zu verdrehen. Auch der hohe Grundpreis sowie dürftige Grundausstattung stehen einer unbeschwerten Liaison im Wege.

Immerhin bietet der A 200 CDI befriedigenden Fahrkomfort und einen kräftigen, gutgekapselten Motor. Der hat zwar "nur" 300 Newtonmeter, doch schon bei geringen Drehzahlen hängt er gut am Gas. Lenkpräzision und Dosierbarkeit der Bremse sind allerdings schlechter als bei A3 und Einser. Außerdem mag er keinen Seitenwind, bei höherem Tempo sind ständig Kurskorrekturen fällig. Ein Eroberungstyp ist die A-Klasse trotzdem. 80 Prozent der Käufer sind Mercedes-Benz-Neukunden. Eine Garantie für ewige Treue ist aber selbst das nicht.

Technische Daten und Testwerte

Premium-Autos mit Premium-Bremsen: Alle drei liegen weit unterhalb der kritischen 40-Meter-Marke. Am besten verzögert der BMW 120d, der als einziger mit 17-Zoll-Rädern getestet wurde. Audi A3 und A-Klasse waren mit 16 Zoll bereift und bremsten ebenfalls vorbildlich.

Kosten und Ausstattungen

Mit 25.172 Euro kostet die A-Klasse rund 700 Euro mehr als der 1er und 1700 Euro mehr als der Audi.

Fazit und Wertung

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan Erstaunlich, was es alles in der viertürigen Kompaktklasse gibt. Zwei Extreme sind Einser und A-Klasse. Sportbetont mit Heckantrieb, bärenstarkem Motor, aber wenig Platz und Komfort der BMW. Vielfältig nutzbar durch großes Raumangebot, hochwertig und kompakt gebaut der Mercedes-Benz. Beide werden ihre Fans finden. Selten werden es die gleichen sein, denn Image und Nutzungsmöglichkeiten stehen im starken Kontrast.

Wer zum Einser neigt, sollte auch den A3 begutachten. Trotz Frontantrieb zeigt der neue Sportback großes Potential in Sachen Fahrdynamik, bietet aber mehr Komfort und Stauraum als der BMW. Der Audi rollt zwischen den Polen, bildet bei den deutschen Premium-Kompakten den besten Kompromiß. Und siegt deshalb am Ende klar.

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