Erinnern Sie sich noch an den ersten Skoda Octavia der Nachwende-Zeit? Vor exakt 20 Jahren war er das erste Modell, das nach dem Erfolgsrezept kreiert wurde, das bis heute Bestand hat: Man nehme Technik aus Wolfsburg (damals vom Golf III), füge mehr Platz sowie einen attraktiven Preis hinzu. Fertig ist ein Auto für jedermann, günstiger als ein VW und hochwertiger als etwa die Konkurrenz aus Frankreich. Was sie im VW-Konzern allerdings nicht bedacht haben, ist die Kreativität Skodas. Denn die holten über die Jahre immer mehr aus der niedersächsischen Basis, schon im Duell Superb gegen Passat bekam VW die geballte Tschechen-Power zu spüren.

Das Skoda-Design überzeugt mit großer Klarheit

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Video: Fahrbericht Skoda Kodiaq (2016)

Erste Fahrt im Kodiaq

Der neue Kodiaq hebt diesen Konzern-Wettkampf auf ein neues Niveau. Denn das SUV ist nicht nur 20 Zentimeter länger als der Tiguan – sondern auch noch günstiger. Ob es da noch viele Argumente für das Original aus Wolfsburg gibt? Schließlich haben die Tschechen auch beim Prestige kräftig aufgeholt, sind von der Image-Delle des Abgasskandals weitgehend verschont geblieben. Unabhängig davon zeigt schon der optische Auftritt des Kodiaq, warum Skoda bei den Kunden so gut ankommt. Stämmig steht der 4,70 Meter lange SUV da, wirkt zierlicher, als es in Wahrheit ist. Viel wichtiger: Designchef Jozef Kaban hat dem Kodiaq genau jenes Maß an Avantgarde mit auf den Weg gegeben, das dem braven Tiguan abgeht. Trotzdem ist der Skoda alles andere als verspielt, hat keine Sicke oder Kante zu viel im Blechkleid – und wirkt mit dem aufrechten, verchromten Kühlergrill durchaus statusbewusst.
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Beide Konkurrenten empfehlen sich als gute Reisebegleiter

VW Tiguan
Auch im Tiguan ist hinten für große Passagiere reichlich Platz – eine dritte Sitzreihe gibt es nicht.
Ganz nebenbei bringt die Form des Kodiaq einen entscheidenden Vorteil für den Alltag mit: Er bietet viel mehr Platz als der Tiguan. Im Cockpit ähneln sich Raumangebot und Sitzposition so, wie es die gemeinsame Basis erwarten lässt – keine Klagen hier wie dort. Und auch in der zweiten Sitzreihe gibt es bis auf ein paar Millimeterchen kaum Unterschiede. In beiden SUVs sind die Mitfahrer hervorragend aufgehoben, lange Strecken stecken die Passagiere locker weg. Doch während im Tiguan dahinter nur noch Platz für Gepäck ist, bietet Skoda eine weitere Sitzreihe an. Kostet zwar 750 Euro extra und eignet sich nur bedingt für Erwachsene – Kinder aber sitzen dort richtig gut. Falls der Skoda-Kunde auf die Bank verzichtet, bietet der Kodiaq deutlich mehr Platz für Koffer. Während der Tiguan bei komplett umgeklappter Rückbankmaximal 1655 Liter schluckt, durchbricht der Kodiaq die Schallmauer von zwei Kubikmetern.
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Video: Fahrbericht Skoda Kodiaq (2016)

Erste Fahrt im Kodiaq

So weit kennen wir das ja: mehr Platz im Skoda. Was aber wirklich überrascht, sind Qualität und verwendete Materialien. Der Tiguan zeigt sich zwar bis in die kleinste Ecke routiniert zusammengesetzt – die Materialien im unteren Armaturenbereich entsprechen aber nicht wirklich dem hohen Preisniveau, und das harte Plastik auf Kniehöhe verkratzt zudem schnell. Ganz anders der Skoda. Schon das Ambiente wirkt eine Spur edler – auch dank des 9,2-Zoll-Bildschirms, fein entspiegelt wie ein Apple iPad.

Beim Ambiente liegt der Skoda vor dem Volkswagen

Baut Skoda den besseren Tiguan?
Hochwertig: Der Kodiaq bietet das noblere Ambiente, die verwendeten Kunststoffe sind weicher.
Und tatsächlich verwenden die Tschechen weichere Kunststoffe, alles fühlt sich ein wenig hochwertiger an als im Volkswagen. Dass der Tiguan digitale Instrumente und ein Head-up-Display bietet, ist nur eine Momentaufnahme – Skoda wird hier im nächsten Jahr nachziehen. Beim Thema Connected Car sind beide Konkurrenten auf dem gleichen hohen Niveau unterwegs, fast schon rollende Computer und immer mit ultrafixem LTE-Tempo im Internet unterwegs. Es gibt Zugang zu einem App-Store, wichtige Fahrzeugdaten lassen sich auf dem Smartphone abrufen. Und auch bei den Assistenzsystemen fahren die beiden ungleichen Brüder aus dem VW-Konzern ganz vorn in ihrer Klasse. Stauassistenten übernehmen Lenkung, Gas und Bremse bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h, der Trailer-Assist hilft beim Einparken mit Anhänger.
So weit, so gut. Spannend wird es aber erst, wenn der Fahrer selbst das Lenkrad in die Hände nimmt. Ob Skoda hier einen Respektabstand halten muss? Klare Antwort: Nein. Auch wenn Tiguan und Kodiaq mit unterschiedlicher Philosophie unterwegs sind.
Wie die beiden SUV-Konkurrenten fahren, zeigen wir Ihnen in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Online-Heftarchiv.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
Der große Bruder aus Tschechien schlägt den Tiguan knapp – keine große Überraschung. Während es beim Fahren und bei den Preisen nur wenig Unterschiede gibt, punktet der Skoda mit richtig viel Platz und dem feineren Ambiente. Das überrascht dann doch.

Von

Stefan Voswinkel