Ein Laufsteg, der sich in Kurven legt. Darauf drei flanierende Schönheiten aus Deutschland, drei Topmodels: A3, 1er, Eos – Heidi, Claudia und Eva. Und das oben ohne. Wow, wie gemacht für heiße Tage! Teures Spielzeug, um uns den Kopf zu verdrehen. Nur zu, der Sommer kann kommen! Mondäne Modewochen bei Audi und BMW. Die beiden bayerischen Hersteller zeigen bei ersten Fahrgelegenheiten, was ihre neuen Kompakten im Sommer tragen werden: Stoffmützchen. Damit kommt ein Klassiker zurück. Audi ist ohnehin nie dem Trend hinterhergehechelt, seine Modelle in blechgepanzerte Ritterrüstungen zu stecken. Sondern hielt unbeirrt am feinen Textil fest. Auch als Frankreichs Hersteller für ihre Klapp-Kleinwagen-Kreationen Standing Ovations erhielten. Stattdessen perfektionierten die Ingolstädter ihr Stoffverdeck, nahmen flauschige Akustikvarianten ins Programm und wollen auch in Zukunft ihrer Linie treu bleiben. Audi und Stoff? Unzertrennlich, während Mutter VW dem Eos ein solides Visier über den Kopf stülpte.

BMW setzt wie Audi auf ein klassisches Stoffverdeck

Ein steifer Anzug für alle Fälle statt eleganten Zwirns mit Faltenwurf – damit sicherte Volkswagen sich im vergangenen Jahr den sonnigsten Platz in der Zulassungsstatistik. Erfolgreichstes Cabrio 2007: der Eos! BMW dagegen setzt bei seinen offenen Modellen auf eine Doppelstrategie. Luftiger Stoff für Z4 und 6er, Blechverdeck für den 3er. Das letzte Wort in München diktiert der Designer – oder aber die Kostenrechnung. Bei der Verdeck-Mimik haben die Controller aber offenbar den Ingenieuren den Vortritt gelassen. So verstaut der 1er bis Tempo 40 sein Dach auf Knopfdruck hinter den Fondsitzen. Damit gehört der BMW zu den Blitzstrippern der Branche. Nach nur 22 Sekunden fährt er entwaffnend offen durch die Lande. Auch der Audi A3 zieht seinen Hut während der Fahrt. Allerdings nur bis Tempo 30. Dafür gibt er beim Dachverstauen viel mehr Stoff. Von Kaminzimmer-Ambiente bis Sonnenbank-Freuden braucht der A3 gerade neun Sekunden. Was für eine Rakete! Schneller lässt sich nur der Mazda MX-5 offenlegen – und das komplett von Hand. Audi bietet ein halbelektrisches System, heißt: Zuerst mal muss ein Griff entriegelt werden. Komplett auf Knopfdruck funktioniert das aufpreispflichtige Akustikverdeck. Dagegen setzen BMW und VW ohne Mehrpreis auf vollautomatische Mützen.

Der A3 hat als Einziger klappbare Rücksitzlehnen

Audi A3 Cabrio 2.0 TFSI
Das A3 Cabrio ist ein cooler Keil mit hoher Seitenlinie – aber die Überrollbügel stören.
Das fünfteilige Stahldach des Eos faltet sich konzeptbedingt enorm kompliziert ins Heck, choreographiert wie eine Zirkusnummer. Ein Teil greift ins andere, nach 25 Sekunden verschwindet alles im Kofferraum. Das im geschlossenen Zustand einladende Gepäckabteil verkleinert sich drastisch von 380 auf 205 Liter. Im 1er reduziert es sich nur unmerklich von 305 auf 260. Und im A3? Keine Einschränkung. Er hat immer das gleiche Kofferraumvolumen. Mehr noch: Als Einziger bietet er klappbare Rückenlehnen und erweitert so sein Staufach von 260 auf stattliche 674 Liter. So lässt es sich in den Sommer reisen. Surfbretter können, Ski müssen mit. Die Bayern halt – das war sowohl BMW als auch Audi wichtig. Im 1er ersetzt ein Skisack klappbare Lehnen, weil hinter den Kopfstützen der im Notfall herausschießende Überrollschutz sitzt. Audi baut diesen fest stehend, wahlweise in Schwarz oder Silber – und leider sehr dominant. Für Kritiker sieht das aus wie eine aufs Heck geworfene Aluleiter. In der Tat erinnert die Bügeloptik an das Erdbeerkörbchen lange vergangener Golf-Tage. Wie auch immer: Optisch wirkt der offene A3 dadurch sehr vertrauenerweckend.
Darauf legen VW und BMW ebenfalls Wert. Alle drei beeindrucken mit festen Karosserien. Klappergeräusche? Fehlanzeige! Diese Burgen klappern nicht. Vor allem BMW legt höchsten Wert darauf, dass Cabrio fahren kein weiches Wintergarten-Erlebnis wird. Dem 1er-Fahrer soll der Wind um die Nase wehen, herrlich! Flauten sind nur was für Warmduscher, "Airscarf"-Besteller oder Föhnfrisurenträger. Wer es weniger rustikal mag als im BMW, bringt seinen gekämmten Scheitel besser im Audi oder VW ins Ziel. Gut, dass der BMW offen ist. Sein Reihensechszylinder (218 PS) veranstaltet ein wunderbares Open-Air-Konzert. Schon beim Starten wummert das Dreiliter-Aggregat wie der legendäre Rickenbaker-Bass. Zugabe! Auch bei steigenden Drehzahlen bleibt der 1er sonor, ohne dass BMW aktives Sounddesign betreiben musste. Sechszylinder, Sauger, viel Hubraum – da kommen ausschließlich gute Eigenschaften zusammen. Und so vielversprechend, wie er klingt, fährt er auch. Im Display blendet er politisch korrekte Schaltempfehlungen ein, um seinem Benutzer beim Spritsparen zu helfen. Der reibt sich ungläubig die Augen: Kurz hinter der 50-km/h-Marke wünscht sich der Bordcomputer bereits den sechsten Gang. In dem lässt sich fast überall fahren, so elastisch ist er, der feine Sechszylinder.

Im Eos darf der Zweiliter-Turbo nur leise summen

VW Eos 2.0 TSI
Großer Gewinner: Der VW Eos war 2007 das meistverkaufte Cabrio in Deutschland.
Audi und VW hatten da eine kniffligere Aufgabe zu lösen. Die Konzernzentrale setzt auf weniger voluminöse Turbomotoren. In Eos und A3 ist der aufgeladene Vierzylinder aus dem Golf GTI (200 PS) serienmäßig mit einem Sechsgang-Getriebe gekoppelt, wahlweise gibt es ein sportliches Direktschaltgetriebe mit Doppelkupplung (DSG). Anfahren, Beschleunigen, Überholen erledigen die beiden Cabrios aus der VW-Familie ebenso souverän wie der BMW. Mit dem kleinen Unterschied, den 18 PS weniger nun mal ausmachen. In Zahlen: bis zu einer Sekunde langsamer von null auf 100, 0,5 Liter weniger Spritverbrauch für den Audi (Werksangaben). Aber auch: 90 Prozent weniger Klangerlebnis. Beim A3 gaben sich die Ingenieure Mühe, im unteren Drehzahlbereich ein wenig Musik in den Auspuff zu spielen. Der Eos summt mau. Das passt zur gesamten Fahrzeugphilosophie. Der VW wirkt reifer als die beiden anderen. Er soll nicht anregen, sondern entspannen. Er ist wie Claudia Schiffer, die für Faltencreme wirbt, während die jugendlichen Models aus Bayern prall im Bikini posieren. Der Eos, ein Cabrio für Abgeklärte: Das spiegelt sich auch im weniger aufmüpfigen Preis. Er kostet 31.250 Euro, BMW nimmt mit 36.200 Euro am meisten. Seine Fans werden es bezahlen. Weil er für sie eben ein echtes Topmodel ist.

Fazit von AUTO BILD-Redakteurin Margret Hucko

Was für eine Offensive aus München: ein schlanker Sportler, glänzend eingekleidet in Kaschmir und Silber. Der stürmt mit einem Sechszylinder, der Gänsehaut- Bass spielt. Mit diesem Gesamtpaket aus toller Optik und überzeugender Technik kann ich dem BMW nicht widerstehen. Für Audi bleibt nur der Trost: "Das Bessere ist des guten Feind." Denn auch der A3 ist wirklich gelungen. Und findet garantiert viele Frischluft-Fans.

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Margret Hucko