GTI gegen GSi. Schon denkt man an Ampelduelle hemmungslos gestylter Kadett und Golf II im Halbschatten der Legalität. An nervöse Gasspielchen frisierter Vierzylinder, gern mit flotten Sprüchen als Aufkleber an der Heckklappe und dem jeweiligen Rivalen-Emblem am Abschlepphaken baumelnd. Keine Sorge, alles Geschichte. Die Bastelbuden von einst hat längst der Rost dahingerafft – und mit ihnen beinahe den gesamten GSi-Kult. Doch jetzt will Opel das Feuer der drei Buchstaben neu entfachen – in Form des Corsa. Konträr zu seinen emotionslosen Vorgängern der Baureihen B und C ist der neue optisch wieder eine echte Rennsemmel. Doch was heißt hier Semmel? Mit 3,99 Meter Länge überragt der GSi-Hoffnungsträger sogar seinen Kadett-Urahn. Stämmig tritt er auf, geduckt, mit breiten Schultern und kugeligem Aufbau. OPC-Schürzen und Spoiler schwellen den Bizeps. Magmarot lackiert wirkt er alarmierend, als wolle er den schmächtigeren, im weißen Engelskleidchen angerollten Dauerrivalen VW mit einem Schnapper ansaugen, verdichten und auspuffen Selbst wenn er denn könnte, damit wäre es nicht getan. Über die Jahre haben die Streithähne Gesellschaft bekommen. Mit Ford Fiesta ST und Peugeot 207 150 THP drängen zwei weitere Spaßbüchsen in die Herzen der Sportlerzunft. Jeder mit eigenem Charakter, einig nur bei der Rezeptur: 150 PS, vier Zylinder.

Im Opel geht es am zügigsten zur Sache

Opel verabschiedet sich vom Saugmotor und würzt einen GSi erstmals mit Turboaufladung, genauer mit dem 1.6 des Baureihenprimus OPC. Etwas zahmer jedoch, nicht so übermotiviert wie das 192-PS-Derivat, aber keineswegs zurückhaltend. Nach einem winzigen Turboloch packen 210 Newtonmeter herzhaft zu, die 17 Zoll großen Vorderräder melden sich durch kurzes Lenkradzupfen und zerren den Kugelblitz in 7,8 Sekunden auf Tempo 100. Welch ein Comeback! Erst zwei Zehntel später saust der Wabengrill des Polo über die gedachte 100-km/h-Ziellinie, bevor nach einer weiteren halben Sekunde Ford und Peugeot eintrudeln. Was dem Fiesta ST eine tiefe Kerbe in seine Sportlerehre kratzt – hat er sich doch extra silberne Rennstreifen über den Buckel gespannt –, scheint den 207 nicht weiter zu tangieren. Er mimt den Charmeur französischer Schule. Mit breitem Grinsen, Stubsnase und Zwinker-Blick verführt er vor allem jene, die lieber die Côte d’Azur entlangschwingen als durch die Eifel zu nageln. Lederlenkrad und Aluschaltknauf arbeiten folglich angenehm leichtgängig. Sein Fahrwerk dämpft trotz 17-Zöllern kommod, lässt sich aber zu kleineren Heckschwenks hinreißen. Und auch die 150-Turbo-Pferde hängen nicht gerade straff am Zügel, dafür jedoch hetzt der 1,6-Liter-Direkteinspritzer los wie aufgedreht. Dank doppelflutigem Laderrohr lochfrei und spürbar muskulös, mit putzmunteren 240 Newtonmetern bereits bei 1400 Touren.

Der Fiesta fordert den leidensfähigen Kleinwagenfan

Komfortfreier Kurvenfresser: Der Fiesta fordert den leidensfähigen Kleinwagenfan.
Komfortfreier Kurvenfresser: Der Fiesta fordert den leidensfähigen Kleinwagenfan.
Davon können Fiesta-Fahrer nur träumen. Ihr Zweiliter eratmet sich seine 150 PS frei, ohne Lader-Zusatz. Untenrum passiert daher wenig. Nur wer Drehzahl sät, erntet Temperament. Ein echter Leckerbissen ist die Schaltung. Mit seiner Gummimanschette versprüht der Hebel zwar Gabelstaplerflair, doch rastet er so knackig durch die fünf Vorwärtsgänge, dass man sich beim Ampelstopp schon mal durch die Zahnräder zappt. Während seine turbogeladenen Mitstreiter allesamt auch die gelassenere Gangart beherrschen, markiert der Fiesta die filterlose Knallbüchse. Jede Bodenwelle lässt die nostalgische Hartplastik-Einrichtung erzittern und meißelt sich rücksichtslos in die Gesäßmuskulatur der auf schmalem Gestühl platzierten Insassen. Elektronische Unterstützung der zähen, aber mitteilsamen Servolenkung existiert ebenso wenig wie akustische Zurückhaltung. Bei Autobahntempo brüllt der Sauger jede Umdrehung unverblümt ins Fahrerohr. Ganz anders der Polo. Sein altehrwürdiger Vierzylinder massiert das Trommelfell mit frechem Grummeln. Zwar wird der pfiffige Sound künstlich erzeugt, liefert aber die richtige Begleitmusik für energische Kurventänze. Dabei zeigt sich der GTI kompromissbereit. Sein Fahrwerk federt straff, ohne die Sitze in Folterbänke zu verwandeln. Die Lenkung dirigiert exakt, informiert über holprige Passagen, funkt jedoch nicht jedes überrollte Ästchen an die Handgelenke.
Auch der zwangsbeatmete Fünfventiler hält sich vornehm zurück, mischt sich nur nach zu ruppigem Gaseinsatz in Kursbefehle ein, wirft aber auf Kommando alle Macht seiner 1,8 Liter Hubraum in die Waagschale. Als habe der Polo auf alles eine Antwort, verschmelzen auch innen Sportsgeist und Pragmatismus: Karo-Tweed, rote Nähte und Lochleder versprühen Emotion, während unzählige Ablagen Brieftasche und Trinkvorrat schadloses Überdauern selbst heißerer Touren garantieren. Sportiv eingerichtet präsentiert sich ebenfalls der erstmalig auch als Fünftürer erhältliche GSi. Je nach Geschmack hüllt sich das Lenkrad in perforiertes oder farbiges Leder, die Mittelkonsole bedeckt Kunststoff in Alu-Optik. Und die Seriensitze klammern auch flinkere Chauffeure. Wie im Peugeot, dessen Interieur sportlichen Charme – abgesehen von chromgefassten Rundinstrumenten und Alupedalen – weitestgehend vermissen lässt, herrscht auch in der Corsa-Kuppel üppige Kopf- und Schulterfreiheit. Leider stören bei beiden die vanartigen A-Säulen, die sich bei Kurvenfahrten ständig ins Blickfeld recken.

Am Ende gewinnt mit dem Polo das beste Gesamtpaket

Überzeugendes Gesamtpaket: Der VW Polo GTI gibt nur optisch die weiße Unschuld.
Überzeugendes Gesamtpaket: Der VW Polo GTI gibt nur optisch die weiße Unschuld.
Ärgerlich, schließlich ist gerade das die Paradedisziplin des Opel. Bretthart abgestimmt, durchschneidet er jede Ecke neutral und wankstabil, bremst bissig an und pfeilt verblüffend traktionsstark heraus. Die hypersensible Lenkung reagiert blitzartig selbst auf minimale Kurswechsel, zwar etwas fahrig um die Mittellage, bei größeren Winkeln jedoch mit der Präzision eines Uhrwerks. Als Einziger des Testquartetts verfügt der Corsa zudem über ein passend gestuftes Sechsganggetriebe, bei dem nur der zu dick geratene Schaltknauf stört. Am Ende triumphiert mit dem Polo jedoch das harmonischere Paket, zumal Opel für den GSi saftige 19.950 Euro berechnet. Auch die unter dem Strich günstigeren Peugeot und Ford sind pfiffige Spaßgaranten, verblassen aber etwas neben den Kultknirpsen. Apropos Kult: Sollten Sie doch mal Zeuge eines Ampelduells zwischen GTI und GSi werden, immer dran denken: Keine Angst! Die wollen wirklich nur spielen.

Von

Stefan Helmreich