Ob Renault sich über diese Prognose freut? Die Schweizer Großbank UBS sagt dem neuen Mégane Erfolg voraus. Wenn ein Geldinstitut so was kundtut, klingt das zur Zeit so glaubwürdig wie der Abrissauftrag für den Triumphbogen. Aber vielleicht verstehen die Banker ja von Autos mehr als von Finanzen. Fakt ist: Der Mégane ist ein gutes Auto geworden. Fakt ist aber auch: Er trifft auf (über)mächtige Konkurrenz. Das beweist der erste Fahr-Abgleich mit VW Golf und Peugeot 308 auf den Straßen von Paris. Ein interessantes Trio, denn zwischen dem deutschen Musterschüler und seinem gallischen Gegner mit der Löwenmaske sucht der Mégane III den Weg durch die Mitte.

Der ausgestellte Hintern ist Allerweltstylistik gewichen

Beim Design hat Renault offenbar der Mut verlassen. Geschichte ist der provokant ausgestellte Hintern des Vorgängers, der möglicherweise genau deshalb weit hinter den Verkaufserwartungen zurückgeblieben ist. Der Neue, der Ende November 2008 bei uns in den Handel kommt, zeigt sich hinten rund und glatt in Allerweltstylistik. Und schließt damit optisch auf zum schlichten Golf. Er will halt ein VW sein, ein französischer. Das Kalkül könnte klappen: mehr Konvention, mehr Käufer, mehr Kohle. Immerhin: Es steckt auch mehr drin im modernsten Mégane. Vor allem das Cockpit wirkt hochwertiger. E-Parkbremse und der weiß leuchtende LCD-Tacho schaffen futuristisches Flair. Dazu weich gepolsterte Sitze, Warntöne mit Halleffekt und Staufächer im Wagenboden.

Schlechte Sicht nach hinten: ohne Parksensoren geht nichts

Renault Megane 1.5 dCi
Die Klimaautomatik (450 Euro) schmeichelt mit "Soft"- und "Fast"-Tasten für sanfte oder schnelle Kühlung – voilà, Comfort à la francais! Materialien und Verarbeitung wirken gut. Auch ergonomisch hat sich der Mégane verbessert, erreicht aber nicht das Golf-Niveau. Warum nur sitzt der Tempomatschalter zwischen den Sitzen? Nach hinten ist die Aussicht schlecht. Parkpieper (500 Euro) sind folglich ein Muss. Ebenfalls nicht befriedigend: Das Heckfenster steht flach und ist zu klein. Dazu verbaut die breite C-Säule die Sicht. Golf und 308 sind beim Rangieren besser abzuschätzen, sie wirken luftiger. Subjektiv ist der Renault im Fond enger. Durch das abfallende Dach stoßen Personen ab 1,85 Meter Größe gegen den Himmel. Die gegenüber dem Mégane II neun Zentimeter längere Karosserie (4,30 Meter) kommt dem Kofferraum zugute. Mit 405 Liter Volumen ist er viel größer als bei VW (350) und 308 (348).
Viele Gemeinsamkeiten zeigen Mégane und 308 bei Antrieb, Lenkung und Komfort. Beide Common-Rail-Diesel sorgen für kräftigen und gleichmäßigen, aber auch hörbaren Vortrieb. Beide rollen mit diffusem Synthetik-Lenkgefühl durch die Lande, und beide federn komfortabel über lange Bodenwellen. Querfugen mögen sie nicht, Stöße kommen in den Innenraum durch. Da ist der Golf harmonischer abgestimmt. Nur 4,6 Liter Diesel vermeldet Renault für den Mégane 1.5 dCi mit 106 PS; das wäre ein Liter weniger als für das abgelöste 130-PS-Modell. Doch die Realität sieht anders aus. Wie unsere französischen Kollegen von AUTO PLUS ermittelten, schluckt der Neue trotz PS-Drosselung 0,4 Liter mehr als bisher. Kein Wunder also, dass der Mégane bei unserer Schwesterzeitschrift den Vergleich gegen den 308 verliert. Da helfen auch der günstige Preis (ab 20.350 Euro) und die gute Ausstattung nicht. Wer mit 7,3 Liter Praxisverbrauch an die Börse geht, muss sich auf einen schwierigen Marktstart einstellen.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan

Schade, der neue Mégane ist optisch ein Me-GÄHN! Ok, er ist größer. Er ist qualitativ besser. Und er fährt sich angenehm. Trotzdem kann er beim ersten Abgleich mit der Konkurrenz nicht voll überzeugen. Im Fond wirkt er eher eng, die Bedienung bleibt eigenwillig und sein 106-PS-Dieselmotor zeigt unakzeptable Trinksitten. Da bleibt nur zu hoffen, dass die 90- und 130-PS-Diesel ihre Sache besser machen. Immerhin bietet er einen ähnlich hohen Fahrkomfort wie der Peugeot 308. Wer es gemütlich mag, wird diese Abstimmung wahrscheinlich sogar der des straffen Golf vorziehen. Unterm Strich kann der neue Mégane aber mit keiner überragenden Eigenschaft aufwarten.
Das gefällt uns: das Cockpit. Gute Materialien und ein moderner Armaturenträger bringen Frische in den Mégane. Der ungewöhnliche Tacho (mit Schaltanzeige) ist ein Hingucker. Der Motor startet bequem mit Easystart (kurzer Druck auf den Anlasserknopf reicht).
Das fehlt uns: präzise Lenkung. Wann lernt Renault endlich, eine gute Lenkung zu bauen? Leichtgängigkeit ist nicht alles. Es fehlt Rückmeldung und Präzision.
Das überrascht uns: kein Partikelfilter. Diesel-Mégane werden in Frankreich auf Wunsch noch immer ohne Partikelfilter ausgeliefert – billiger, aber nicht gut für die Umwelt.