Test Volvo XC60 D5
Sanftes SUV am Limit

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Beim Elchtest hebt der Volvo XC60 ein Bein, bleibt aber sicher in der Spur. Der AUTO BILD-Test zeigt, was das SUV aus Schweden draufhat. Kann es den deutschen Platzhirschen gefährlich werden?
Die rot-weiße Gasse ist schmal wie ein Nadelöhr. Mit Tempo 72 schießt der Volvo hinein, ein scharfer Schwenk nach links, dann nach rechts. Der XC60 wankt wie ein Partygänger morgens um fünf. Als es rüttelt und rumst – ESP! Der elektronische Rettungsanker greift rigoros ein, mit harmlosen 38 km/h taumelt der Schwede aus der Tortur. Erst die Bilder zeigen später, dass der Volvo im schärfsten Test-Stress ein Bein hebt. Verliert das Vorbild für Sicherheit etwa die Bodenhaftung? Hat ausgerechnet der Schwede ein Elch-Problem? Bremen-Lemwerder, AUTO BILD-Testgelände, 14 Uhr, Luft acht Grad, gefühlte null Grad. Das hier ist kein Schaulaufen im Messelicht, sondern eisige Wahrheit beim ersten Test des Volvo XC60. Jetzt muss der schöne Schwede zeigen, was er kann.
Das coupéförmige Heck kaschiert die wahre Größe des Volvo
Zugegeben, die Rückleuchten sind eine Show. Wer den Volvo vorm Supermarkt nur mit einem Plip auf die Fernbedienung sucht, dem leuchten diese Sicheln aus der Ferne entgegen wie eine unverkennbare Visitenkarte. Den Hintern in der Menge hat Volvos Designchef Steve Mattin da kreiert. Den Deckmantel des Nutzwerts hat dieser Boulevardtiger endgültig abgestreift. Zudem kaschiert das coupéförmige Heck, dass der XC60 mit 4,63 Meter Länge – ähnlich wie der Audi Q5 – schon nicht mehr als kompaktes SUV durchgehen darf. Das hier ist ein sattes, knapp zwei Tonnen schweres Exemplar aus der aufstrebenden Verwöhn-Klasse. Ein Allrad-Kombi mit bester Übersicht im ersten Stock. Immerhin bekommt man einen breiten, tiefen Kofferraum (495–1455 Liter) und viel Platz im Fond. Eine verschiebbare Rückbank, die der Audi als Extra bietet, haben wir nicht vermisst. Eher schon eine bessere Sicht nach schräg hinten oder rätselfreie Lenkstockhebel. Die verstecken sich nicht nur hinterm Lenkradkranz, sondern sind in der getesteten Topversion "Summum" überladen mit Funktionen: Wischer, Heckwischer, Blinker, Bordcomputer - und wir dachten, schwedisches Design sei klar wie Quellwasser.
Der sympathisch-grummelige Diesel nimmt gerne einen über den Durst

Nein, der Volvo möchte lieber gleiten. Dann fällt die leichtgängige, zu gefühllose Lenkung wenig auf, und die komfortable Federung wiegt die Insassen wie auf Wolken. Das Four-C-Fahrwerk unseres Testwagens (1350 Euro extra) mit den drei einstellbaren Dämpferhärten Comfort, Sport, Advanced kann man sich schenken. Die Sicherheit garantieren standfeste Bremsen und eben das übereifrige ESP: Erst lässt die Elektronik sanfte Heckschwenks zu, sogar mit ungefährlichem Beinchen-Heben, dann greift das System scharf zu – eine sensiblere Abstufung wie bei BMW und Mercedes wirkt doch vertrauenerweckender. An Volvos Sicherheit gibt es nichts zu mäkeln – auch dank serienmäßigen "City Safetys" – eines Unfallschutzes, der bis Tempo 30 Auffahrunfälle zumindest abschwächt. "City Safety" hat der Volvo seinen Gegnern (noch) voraus. Doch mit 41.420 Euro für den 185-PS-Diesel samt Automatik, Fahrdynamik-Paket und 18-Zöllern liegt der XC60 in Preis und Ausstattung gleichauf zur deutschen Konkurrenz. Auch wenn’s um Geld geht, fährt der sanfte Schwede hart am Limit.
Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Joachim Staat
Hier kommt die schicke Alternative zu BMW X3 oder Mercedes GLK: Der XC60 wirkt eigenständig und dynamisch wie kein Volvo zuvor. Schön, dass seine Coupé-Linie keine Abstriche im Alltag verlangt. Das Platzangebot und der Kofferraum überzeugen, ebenso der Komfort und die solide Qualität im Detail. Wer den Volvo in aller Ruhe genießen will, wird auch den gelassenen Antrieb schätzen und den durstigen Motor hinnehmen. Dynamiker dagegen kommen mit dem kopflastigen Riesen weniger klar. Volvo verspricht für 2009 kleinere Motoren und einen reinen Frontantrieb. Damit könnte der XC60 noch besser dastehen.
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