Zu früh kommt er garantiert nicht, der Q5. Gemeine Menschen könnten sogar sagen: Kaum schöpft der BMW X3 fünf Jahre lang den Markt der kompakten Premium-SUV ab, schon hakt Audi ein. Und dann auch noch pünktlich zur öffentlichen SUV-Hatz, jetzt, wo die Leute den Typ des hochbauenden Allradlers zum CO2-Schwein Nummer eins auserkoren haben. Ungerecht, schon klar, aber so ist sie nun mal, die Welt. Aber bei Audi geben sie sich optimistisch. Zum Beispiel sei der neue Q5 ja erheblich kleiner und leichter als der Q7, das könne ja nicht falsch sein. Und so hoch sei er auch wieder nicht, nämlich nur 1,65 Meter, zwei Zentimeter niedriger als ein X3. Dazu kommt der klassenbeste cW-Wert (0,33). Abgesehen davon überließ Audi die Befeuerung den Sparmeistern ihres Faches – wahlweise ein Zweiliter-TDI mit 170 PS (6,7 Liter pro 100 km im Normdurchschnitt), ein Zweiliter-Benzin-Direkteinspritzer mit 211 PS (8,5 l/100 km) oder der Dreiliter-V6-TDI mit 240 PS (7,5 l/100 km). Da gibt es viel schlimmere Sünder und Säufer. Und deshalb meinen die Ingolstädter, der Q5 könnte zum Traum-Audi der etwas besser Verdienenden werden.

Der Audi Q5 basiert technisch auf dem A4

Was bekommt der SUV-Freund für sein Geld (ab 38.300 Euro für den 2.0 TDI)? Zunächst einmal sicher keinen retuschierten VW Tiguan – der Q5 ist aus eigenem Holz geschnitzt. Im Klartext: Er basiert technisch auf dem A4, also Längs- statt Quermotor, dazu ein Allradantrieb nach dem klassischen quattro-Prinzip, sprich: kein Fronttriebler mit angehängtem Hinterradantrieb. Eine halbe Nummer größer als der Tiguan ist er auch, nämlich 20 Zentimeter länger und sieben breiter, nur flacher. Ganz zu schweigen vom 21 Zentimeter längeren Radstand – 2,81 Meter bietet der Q5, wie der A4 eben. Erster Eindruck: Ein Audi, wie wir ihn kennen – propper, aber ohne optische Überraschungen. Außen gibt er den geschrumpften Q7, innen demonstriert er deutsche Wertarbeit. Immer wieder eine Augenweide, diese Audi-Verarbeitung. Die vielen Funktionen, die der Q5 gegen Aufpreis parat hält (unter anderem diverse Fahrassistenten und die Fahrwerkelektronik "drive select", das meiste wie beim A4), wollen natürlich gelernt sein. Trotzdem finden sich Neulinge im Cockpit schnell zurecht. Audi-Fahrer sowieso, denn Schalterwelt und Mittelkonsole entsprechen dem A4.

Die Marketingabteilung sieht den Neuen ungern als Familienkutsche

Audi Q5
Ansonsten gibt es weniger Alu-Zierrat, dafür etwas mehr Platz für die Beine, auch im Fond. Auch eine Folge der höheren Sitzposition. So gesehen hält der Q5 innen, was er außen verspricht: Als Fuhre für Kind und Kegel ist er bestens geeignet, zumal hinten ordentlich was reingeht. 540 Liter fasst er bei voller Bestuhlung, sonst bis zu 1560 Liter. Praktisch die umklappbare Beifahrersitzlehne und die verschiebbaren Rücksitze (zusammen für 350 Euro). Sicher, ein anständig großer Kombi schluckt noch mehr, aber halt bodennäher, ohne die von SUV-Fans so geschätzte Höhenluft. Audi sieht den Neuen ungern nur als Familienkutsche. Nein, auch bei den Kunden wittert die Marketingabteilung Höhenluft: Der Q5 sei das richtige Gerät für höhergebildete Besserverdiener mit aktivem Lebensstil, heißt es – da langt der Premiumhersteller wieder voll in die Klischeekiste. Dazu gehört, dass der Audi künftig "den Sportwagen unter den SUV" geben soll. Ein Widerspruch in sich? Vielleicht, aber auf jeden Fall ein ehrgeiziges Ziel.
Den Beweis soll hier, beim Kennenlern-Termin, die 2.0-TDI-Version antreten. Es ist der Q5 der Vernunft. Der Diesel hält ihn manierlich auf Trab, zu laut ist er auch nicht, nur beim Anfahren schwächelt er etwas. Geschaltet wird ganz normal per Knüppel (DSG gibt es nur für die stärkeren Varianten), Kurswechsel besorgt bei unserem Q5 die "Dynamiklenkung" mit tempoabhängiger Übersetzung à la BMW. 1300 Euro kostet der Spaß im "drive select"-Paket – kein Muss, aber immerhin erfreut sie den Fahrer mit Präzision ohne viel Kurbelei. Und zweifellos ist sie eine der besten SUV-Lenkungen. Die arttypische Schlagseite in Kurven und frühes Untersteuern sind beim Q5 ebenfalls kein Thema, sodass er im Vergleich zu seinesgleichen ungewöhnlich agil und beschwingt über Land wedelt. Angenehm, mal abgesehen von der reichlich derben Federung. Aber sportlich? Da ist die Posaune, die Audi bläst, wohl eine Idee zu groß. 1730 Kilo Leergewicht, trotz Aluminium für Motorhaube und Hecktür über 200 Kilo mehr als ein vergleichbarer A4 Avant, dazu der erhöhte Schwerpunkt – das geht sportlich gesehen eher in Richtung Sumo-Ringer.
Und im Gelände? Für SUV diesen Zuschnitts werden oft schon Maulwurfshügel zum Matterhorn. Da verspricht der Q5 zumindest abseits der Straße etwas weiter zu kommen als ganz normale Allradautos, zumal ESP und ABS einen speziellen Offroad-Modus anbieten. Und natürlich sieht er mehr danach aus, zumal mit dem "Optikpaket Offroad" (3600 Euro). Fürs sportliche Styling empfiehlt Audi dagegen das "S line Sportpaket" (2410 Euro), mal abgesehen von den vielen weiteren Leckereien, die einem das SUV und das Geldausgeben versüßen sollen. Bei diesen Verführungskünsten kann denn auch mit der Karriere des Q5 eigentlich nichts schiefgehen.

Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Wolfgang König

SUV-Freunde werden den Q5 heiß erwarten: Der Q5 ist geräumiger als der X3, günstiger als der Mercedes GLK und edler als der kleine Tiguan. Und natürlich durch und durch ein Audi, vor allem in Qualität und Verarbeitung. Die versprochene außergewöhnliche Sportlichkeit muss man dagegen lange suchen – beim 2.0 TDI zumindest habe ich sie noch nicht gefunden.
Technische Daten Audi Q5 2.0 TDI: Vierzylinder, Turbo • vier Ventile je Zylinder • Common-Rail-Einspritzung mit 1800 Bar • Hubraum 1968 cm³ • Leistung 125 kW (170 PS) bei 4200/min • max. Drehmoment 350 Nm bei 1750/min • permanenter Allradantrieb mit selbstsperrendem Mittendifferenzial • manuelles Sechsganggetriebe • rundum Scheibenbremsen, vorn innenbelüftet • Reifen 235/65 R 17 • L/B/H 4629/1880/1653 mm • Radstand 2807 mm • Spurweite v/h 1617/1613 mm • Leergewicht 1730 kg • Kofferraumvolumen min/max 540/1560 Liter • Tank 75 Liter • Zuladung 580 kg • Beschleunigung 0–100 km/h in 9,5 s • Spitze 204 km/h 

Von

Wolfgang König