Ein Porsche ist ein Porsche ist ein Porsche. Was gibt es da zu reden? Ob turbobefeuert, als Cabrio, mit Allradantrieb oder ganz normaler Gebraucht-911 – ein Porsche ist für mich immer ein geiles Gerät. Ende der Durchsage. Selbst wer sich für 10.000 Euro einen zehn Jahre alten Boxster unter die Laterne stellt (weil er sich die Garage angesichts der hohen Wartungskosten nicht mehr leisten kann), hat meine volle Anerkennung. Er gehört dazu. Er fährt Porsche. Seinen Porsche. Und das ist für den wahren Fan in der Regel der beste Porsche der Welt. Für den anderen Porsche-Pol auf diesem Globus brauche ich mehr Vorstellungskraft: Preis? Egal. Nur die Eigenschaften entscheiden. Schon sieht die Sache anders aus: Wo fängt Porsche an? Wo hört Porsche auf? Was macht einen Porsche aus? Rein faktisch gibt die Preisliste die Antworten: Hier steht als günstigstes Modell der Boxster für 45.309 Euro. Es folgen 58 (!) weitere Porsche-Modelle. Aus diesem "Qual-der-Wahl-Dilemma" führt nur die radikale Auslese nach meinen persönlichen K.o.-Kriterien: kein Cabrio (zu weibisch), kein Allrad (zu wenig agil) und kein Cayenne (er ist ein Etikettenschwindler und eigentlich ein VW). Hoppla, fühlt sich da jemand angesprochen? Sind einige Porsche-Fahrer jetzt vielleicht beleidigt? Beschwerdepost (joerg.maltzan@autobild.de) beantworte ich gern persönlich. Was bleibt ist ein willkürliches Destillat von drei Coupés: Cayman, 911 Carrera und 911 GT2 mussten auf dem Spreewaldring bei Berlin beweisen, welcher Puristen-Porsche das Porsche-Gefühl am besten rüberbringt. Feuer frei!

Der Cayman: Hat's zum 911er nicht gereicht?

Porsche Cayman
Keine Frage: Auch der Cayman ist ein waschechter Porsche.
Zündschloß links, griffiges Lenkrad, tolle Sitze und die solide Verarbeitung vertreiben sofort jeden Zweifel. Natürlich ist der Cayman ein echter Porsche. Im Stand kann er es mit einem 911 aufnehmen. Sein Cockpit ist fast identisch. Außerdem hat er eine Klappe und mehr Platz für Gepäck. Nach dem Starten ist auch die Motorfrage positiv: Sechszylinder, hinterm Fahrer, aber vor der Hinterachse. In den Kurven des Spreewaldrings liegt der Cayman daher wunderbar ruhig auf der Piste und ist exzellent zu dirigieren. Sogar Anfänger könnten sich problemlos auf sein Handling einstellen und werden schnell schneller, ohne dass es gefährlich wird. Genau das aber ist sein Manko: Ihm fehlt es an jenem Schuss Verwegenheit, die uns frühere 911-Generationen ins Gedächnis gebrannt haben. Der Normal-Cayman ist schlicht zu handzahm. Er ist nur ein Porsche light. Seine 245 PS drücken ordentlich, doch auf Geraden und in breiten Kurven dürfte mehr kommen. Dazu hemmt das lang übersetzte Fünfganggetriebe sein Temperament. So führt Porsche Cayman-Kunden zur nächsten Ausbaustufe. Motto: Wenn es für den 911 nicht reicht, dann aber wenigstens Cayman S. Der hat 295 PS, sechs Gänge, bringt gut Dampf – und mindestens 11.400 Euro mehr in die Porsche-Kasse.

Der 911: Anfänger-Carrera oder Puristen-Porsche?

Porsche 911 Carrera
Das Original: Seit 45 Jahren wird der Puristen-Porsche 911 gebaut.
Wer vom Cayman in den Basis-Elfer umsteigt, kommt ins Grübeln. Wo ist der Unterschied? Warum trennen diese beiden Autos 32.249 Euro? Die perfekte Sitzposition, das Cockpit, der Blick auf die Kotflügel – das alles ist sehr ähnlich. Auch nach dem Anlassen unterscheidet die beiden nicht viel. Die Erleuchtung kommt erst in der zweiten Runde auf dem Spreewaldring. Besonders in den anspruchsvollen Wechselkurven entwickelt das Hinterteil bei ausgeschalteter Stabilisierungs-Elektronik (PSM) mehr Eigenleben. Wie in alten Tagen zeigt der 911 heftige Heckschwenks. Profis sprechen gern vom "hilfreichen Lastwechsel", Amateure von unlösbaren Lenkaufgaben. Also Finger weg von der PSM-Taste. 
Geübten Fahrern indes bietet der Carrera mit deaktivierten Fahrhilfen genau das, was einen wahren Porsche ausmacht. Mit der superpräzisen Lenkung und der aggressiven Gasannahme wird der Hecktriebler für Könner zum faszinierenden Tanzpartner, den sie nie wieder loslassen wollen. Kein anderer Sportwagen lässt sich führen wie der Elfer. Er ist eben das Original. Seit 45 Jahren wird der Puristen-Porsche ohne Unterbrechung gebaut. Elegant schwingt er durch Kurven aller Art, stoppt schlagartig wie ein Brakedancer und schiebt mit tangohafter Rasanz wieder an. Großen Verdienst daran hat der geniale Boxermotor im Heck. Anders als der Cayman hat er viel mehr Volumen, mehr PS (325), mehr Drehmoment und explodiert bei 6000 Touren ein zweites Mal. Folglich wird er noch viel schneller, noch giftiger, noch packender. Doch wer nicht gut tanzen kann und nur durch München-Schwabing flaniert, wirft Perlen vor die Säue. Dann reicht wirklich der Cayman.

Der GT2: Ferrari-Gegengift mit Suchtgefahr

Porsche GT2
Der hat Dampf und Suchtpotenzial: Die deutsche Antwort auf Ferrari heißt Porsche GT2.
Er sieht zwar aus wie ein 911, aber der GT2 ist ein anderes Auto. Dieser Über-Porsche ist mehr als doppelt so teuer wie der Carrera, hat einen Treibsatz von 530 PS im Heck und ist mindestens so selten wie ein Nichtschwimmer mit Bademeister-Ausbildung. Ihm gebührt eine tiefe Verneigung. Die deutsche Antwort auf Ferrari wirkt hervorragend als Gegengift auf die rote Influenza aus Italien. Dass er in 3,8 Sekunden auf 100 km/h schießt ist kaum zu glauben; die 11,6 auf 200 noch viel weniger. Und wie, bitteschön, schlägt sich ein 330-km/h-Supersportwagen auf einem winkeligen Rennkurs im Spreewald? Mit Streckenrekord natürlich! Mit 1,33 Minuten für 2,7 Kilometer ist er drei Sekunden schneller als der Carrera und sogar zehn gegenüber dem Cayman. Der GT2 basiert auf dem 911 Turbo, folgt aber jener eigenwilligen Logik, die nur Rennfahrer verstehen: Da 480 PS irgendwie nicht reichen, hat Porsche nochmal 50 PS zusätzlich eingeblasen, dafür das Gewicht reduziert und den Allrad-Antrieb weggelassen. Selbstverständlich ist der GT2 Porsche pur. Allerdings so pur, dass er Le Mans näher ist als dem öffentlichen Verkehr. Schon wenige Kilometer im Bi-Turbo-Ungeheuer über Landstraßen reichen und der Entschluß steht: Tausche diesen Straßen-Rennwagen gegen einen Porsche mit Federungskomfort.

Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan

Welcher Porsche macht am meisten Spaß? Geld spielt keine Rolle. Was für ein Traumauftrag! Die Antwort ist aber schwieriger als geahnt. Die Vermutung "der Cayman reicht" stimmt nur so bedingt wie die Erwartung "aus dem GT2 willst Du nicht mehr raus". Alle drei machen ihre Sache sehr gut und sind echte Porsche. Für mich ganz persönlich ist es der Carrera. Er ist und bleibt das Original.