Windstärke, die lässt sich exakt messen. Lufttemperatur auch. Blutdruck und Puls, das geht. Also alles, was die Faszination am Offenfahren ausmacht. Aber Cabrios? Wie soll man den Hauch messen, der über die Fensterkante hereinstreicht, oder das Kribbeln tief in der Magengrube? Cabrios kann man nicht vergleichen, geschweige nach Punkten bewerten. Geht nicht, in mir sträubt sich alles. Ich muss es trotzdem tun. Weil in deutschen Biergärten, Boutiquen und Banken gerade diese brennende Frage hochkocht: A3 Cabrio oder offener 1er – wer liefert in diesem Sommer den besten Stoff? Der Audi mit Zweiliter-Turbo-Motor (200 PS) oder volle drei Liter Hubraum des BMW-Motors (218 PS)? Halten wir uns nicht mit Stilfragen auf. Ob der hohe Hintern des A3 oder seine festen Überrollbügel nun pummelig wirken, ob die Eleganz des 1ers ein paar Tausender mehr wert sind – solche Diskussionen füllen ganze Abende zwischen After-Work-Party und nächtlichem Absacker. Halten wir uns an Fakten.

Die Stoffdächer machen Hardtops eigentlich überflüssig

Fest steht, dass die beiden Dächer eine Festigkeit erreicht haben, die Hardtops überflüssig macht. Das Audi-Dach, bei Edscha in der Slowakei gefertigt, sitzt mit seiner Z-Faltung ebenso sicher und sturmfest wie das 1er-Top, das wie früher beim 3er im Stil eines Regenschirms gespannt wird ("Übertotpunkt-Kinematik"). Heute baut Karmann das Dach in Polen. Vom Ballon-Effekt, dem Aufblähen bei hohem Tempo, keine Spur mehr. Dass der BMW vollautomatisch in gemessenen 25 Sekunden öffnet, dass die schnellere Audi-Kapuze zuvor entriegelt werden muss – alles Peanuts. Viel wichtiger: Im geschlossenen BMW klingt es subjektiv lauter, obwohl unsere Messwerte bis Tempo 50 niedriger liegen. Audis Akustikverdeck (750 Euro extra inklusive Voll-Automatik) dämmt so gut, dass man auch bei hohem Autobahntempo entspannt Radio hört, während im 1er der Fahrtwind um die hinteren Holme pfeift. Der BMW will eben waschechtes Cabrio sein, lässt mehr Fahrtwind um die A-Säule wehen als der Audi, den seine hohen Seitenwände abschotten, und bietet im Fond nur eine bessere Notbank. Na und? Wer je länger im Cabrio hinten saß, nimmt sowieso beim nächsten Mal ein Taxi. Der Audi hat im Fond mehr Platz und mit der serienmäßigen Durchreiche den viel praktischeren Kofferraum (bis zu 674 Liter).

Beim offenen Audi begeistert der Durchzug des Turbos

Audi A3 2.0 TFSI Cabrio
Die bisherige Rollenverteilung – hier der elegante Purist, dort das solide Alltags- Cabrio – bestätigt sich beim Fahren. In der 200-PS-Liga prallen die Marken-Philosophien von Audi und BMW am schärfsten aufeinander: Vorder- gegen Hinterradantrieb, kleiner Turbo gegen Sechszylinder-Sauger, Kraft gegen Klang. Für Soundfans keine Frage. Der Dreiliter im BMW ist bis zum Abregeln bei 7300 Touren ein Ganzkörper-Erlebnis, vom Trommelfell bis in den Solarplexus. Ach was, die Zehenspitzen. Der degradiert den Audi zum akustischen Mäuschen. Doch dessen Vierzylinder zeigt Turbo-Muskeln und begeistert mit mächtiger Durchzugskraft, die einfach immer da ist und den BMW in jedem Zwischenspurt abhängt. Ein fantastischer (und mit 8,9 Liter Testverbrauch sparsamerer) Cabrio-Motor, der alles im sechsten Gang erledigt – und dessen Drehmoment beim herzhaften Angasen die Vorderräder durchdrehen lässt. Dann lehnt der BMW-Fahrer sich zurück und genießt eine feinfühlige Lenkung, die frei ist von Antriebszerren. Das ist der größte Vorteil des Hinterradantriebs. Geht’s ums sportliche Fahren, liegt der BMW meist ein Quäntchen vorn. In den Kurven herrlich ausbalanciert, die Schaltung schön knackig, die Federung harmonischer.
Da kommt der Audi auch als sportlich-teurer "Ambition" nicht mit. Die schicken 18-Zoll-Räder (1230 Euro) machen den A3 agiler, aber auch härter. Kein Gewinn, zumal das Sportfahrwerk im Ambition ohnehin straff arbeitet. Unser Tipp: Abbestellen, das geht ohne Aufpreis. Damit zum Geld, wo der Audi Punkt für Punkt aufholt. Das getestete A3 Cabrio Ambition kostet im Grundpreis 2950 Euro weniger als der offene 125i. Das ist aber nur die halbe Wahrheit: Erstens ist die Klimaanlage nicht serienmäßig, zweitens gibt es als Extra nur eine teure Klimaautomatik für 1425 Euro. BMW kassiert für das Windschott extra (320 Euro). Die Preisliste verführt ohnehin zum teuren Balance-Akt zwischen "Was will ich" und "Was kann ich bezahlen?". Wie wär’s mit einer von drei Verdeckfarben bei Audi oder den Silberfäden im Dachstoff des 1ers? Vielleicht rotes Leder, Navi in Farbe und glänzender Klavierlack? Die kleinen Luftschlösser reizen aufdringlich, sie schick auszustaffieren. Die heimliche Freude daran können wir auch nicht messen. Das Einzige, was wieder einmal feststeht: Wer nicht schnell bestellt, muss warten. Lange Lieferfristen für die edlen Stoffdächer kommen noch sicherer als der nächste Sommer.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jan Horn

Die Stoffdächer sind zurück: edel, teuer – und so verschieden. Hier der offene 1er in klassischer Form. Gestreckt, elegant, mit schöner Motorenstimme, schlicht die Wiedergeburt des ersten 3er-Cabrios. Dort der kompakte A3: vielseitig, schnell und effizient. Ein Volks-Cabrio. Der BMW begeistert, der Audi gewinnt. Ein Stoff für Erfolgs-Geschichten.