Das Schicksal von Rudolf Diesel bleibt für immer ein Geheimnis: Der Erfinder des Selbstzünders verschwand im Jahre 1913 während einer Schiffspassage über den Ärmelkanal spurlos. Bis heute rätselt man, war um er England nie erreichte. Fest steht dagegen, dass sein geistiges Erbe quicklebendig auf der Insel angekommen ist. Den letzten zündenden Beweis liefert jetzt der Jaguar XF 3.0 Diesel S. Die britische Nobelmarke, im Besitz des indischen Herstellers Tata, bringt den überarbeiteten V6-Motor erstmals mit zwei Turbos auf Topleistung. Die Register-Technik, ein Musterbeispiel moderner Diesel-Kunst, hat in dieser Klasse sonst nur BMW zu bieten. Im 535d pumpen ebenfalls zwei Lader, der eine bei niedrigen Drehzahlen, der zweite später bei höheren.

Geht es ums Geld, wird der BMW böse verblasen

BMW 535d
Das klingt – zumindest auf dem Papier – nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen des Jaguar XF (275 PS) mit BMWs 5er (286 PS). Geht es zunächst ums Geld, wird der BMW böse verblasen. Denn allein in der 55.200 Euro teuren Basisversion kostet der 535d rund 1000 Euro mehr als der XF – und das bei magerer Ausstattung. So bietet der Engländer in der unteren Linie (Luxury) Ledersitze, schlüsselloses Starten und Sitzheizung ab Werk. Allein dafür müssen BMW-Kunden weitere 3380 Euro berappen. Die 5er-Fahrer dürfen sich im Gegenzug sicherer fühlen. Eine Reifendruckkontrolle etwa hat der XF nur gegen Aufpreis, Seitenairbags im Fond oder Kurvenlicht überhaupt nicht, Bi-Xenonlicht nur im Paket. Safety first? Nicht bei Jaguar.

Die Lenkung des XF gaukelt mehr Dynamik vor, als dahintersteckt

Jaguar XF 3.0 V6 Diesel S
Das sieht bei der Fahrdynamik ganz anders aus. Obwohl der XF leer rund 100 Kilogramm mehr auf die Waage bringt, fühlt er sich beim "Fliegenlassen", also bei sportlicher Fahrweise, leichter, handlicher, agiler an. Aber das täuscht. Die direkter ansprechende und leichtgängigere Lenkung gaukelt mehr Dynamik vor, als tatsächlich dahintersteckt. Der BMW teilt mehr von der Straße mit, die Lenkung arbeitet gefühlvoller – insgesamt lässt sich der 5er damit leichter beherrschen. In schnell gefahrenen Kurven neigt sich der BMW weniger, das ESP schreitet behutsamer ein – unter dem Strich bestätigt der weniger kopflastige 535d sein Image als bester Sportler in der Nobelliga. Aber der Luxus der schweren Limousine, der souveräne Diesel, Leistung bis zum Abwinken – das schreit geradezu nach gelassenem Kreuzen, nach Kilometersammeln auf der Autobahn.
Wird der Engländer beim Komfort punkten? Auch nicht. Denn er federt störrischer, lässt bei hohem Tempo kleine Beben ins Auto. Gefühlt nutzt er auf Bodenwellen nur wenige Zentimeter seines Federwegs, zu trocken fängt er Stöße auf. Immerhin rollt er über die weicheren Reifen feiner ab. Lange Beine ruhen vorn im größeren Fußraum entspannter. Gleichzeitig säuselt der V6 des XF immer einen Hauch sanfter und subjektiv leiser als der 535d – speziell unter Last. Erstaunlich, dass ausgerechnet der Reihenmotor, dem die Laufruhe im Blut liegt, hier den Lauten spielt. Nicht, dass der Dreiliter derbe läuft. Aber hörbar, in jeder Drehzahl als Diesel zu identifizieren. Der 5er spurtet dank kürzerer Achsübersetzung einen Wimpernschlag schneller, hakt Überholmanöver flinker ab, ohne beim Durst über die Stränge zu schlagen. Selbst das minimal höhere Drehzahlniveau treibt den Verbrauch nicht über 8,2 Liter. Im XF macht die Automatik an. Der elektrisch versenkbare Dreh-Wählknopf ist eine Schau, das Sechsstufen- Getriebe (wie bei BMW von ZF) schaltet im manuellen Modus sportlich-rastend und schneller runter. Da haben wir sie ja doch noch gefunden, die Raubkatze im Jaguar.

Fazit

Straffes Fahrwerk, potenter Motor, entschlossene Automatik – so rückt der XF Diesel S weit in die Sportler-Ecke, also dem 5er dicht auf die Pelle. Aber verdrängen kann er den Bayern nicht. Der BMW fährt die entscheidende Spur direkter, druckvoller, schneller. Dazu kommen handfeste Vorteile im Umgang: Mehr Platz im Fond, einfachere Bedienung und besserer Federungskomfort lassen den 535d unterm Strich als Sieger aus diesem Diesel-Duell fahren.