38 Prozent aller Neuwagen sind Diesel

Es brummt, rumort und nagelt in der Auto-Welt: Die Diesel machen Karriere. Immer mehr Käufer entscheiden sich für den spritsparenden Selbstzünder, zuletzt hatten in Deutschland 38 Prozent aller Neuwagen die Knausertechnik an Bord. Tendenz: weiter steigend. Wer heute einen Benziner kauft, muss sich am Stammtisch beinahe dafür rechtfertigen. Deutschland, einig Dieselland?

Nein, denn es gibt eine Technik, die das Sparpotenzial der Diesel noch unterbietet: Die echten Sparautos sind heute – die Benziner! Eine Wahrheit, die eine gerade bekehrte Dieselgemeinde sicher ungern hört. Aber ein Großteil der Autokäufer, die vor der Frage: "Benziner oder Diesel?" stehen, käme mit einem Benziner unterm Strich günstiger davon. Wer wirklich sparen will, tankt Super.

Wie bitte? Dreht AUTO BILD nun durch? Jahrelang haben wir moderne Diesel getestet, ihre technischen Fortschritte gelobt und bei Schleichfahrten kleine Sparrekorde herausgefahren. Mit weniger als einem Liter Spritverbrauch tuckerte VW-Chef Ferdinand Piëch über die Autobahn – zwar im Forschungsauto, aber immerhin. Solche Fabelwerte sind nur mit einem Diesel möglich. Doch der Alltag der Autofahrer sieht anders aus. Da wird ein Modell gekauft, gefahren, betankt, gewartet, repariert und wieder verkauft – um dann einen Schluss-Strich zu ziehen: Was hat der Spaß gekostet?

Die Deutschen fahren immer weniger Auto

So haben wir Autos aus fünf Klassen durchgerechnet und kommen zu einem klaren Ergebnis: In jedem der fünf Beispiele fährt der Benziner günstiger – solange der Besitzer pro Jahr nicht mehr Kilometer ansammelt als der Durchschnitts-Fahrer. Denn hier liegt der Hase im Pfeffer: Die Deutschen sparen auf ihre Weise. Sie fahren immer weniger Auto. Jeder Pkw legte 2001 im Schnitt nur noch 11.500 Kilometer zurück – die Benziner 10.800 Kilometer, die Diesel 15.700. Das sind rund 20 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren.

Uns bremsen die vielen Staus, die hohen Benzinpreise und teuren Werkstätten. In den Urlaub kann man fliegen, zu Hause steht immer öfter ein Zweit- oder Drittwagen bereit. Übrigens ein Tipp: Wer seine persönliche Jahresfahrleistung nicht kennt, kann sie anhand alter Werkstattrechnungen ermitteln.

Tatsache ist: Otto Normalfahrer steht mit einem Benziner preisgünstiger da. Zwar freuen sich Diesel-Besitzer, dass sie an der Tankstelle am wenigsten bezahlen und weniger Kohlendioxid ausstoßen, doch diesen Spaß haben sie bei der Anschaffung teuer erkauft. Den Aufschlag können nur Vielfahrer wieder hereinholen. Und zum Teil auch beim Wiederverkauf. Wer heute sparen will, tut es am besten beim Kauf. Die echten Schotten-Modelle stehen in der Preisliste meist ganz oben: Benziner mit kleinem Hubraum.

Kleinwagen – Beispiel Peugeot 206



Das will schon was heißen: Peugeot vor VW Golf. So ist jedenfalls die aktuelle Reihenfolge der meistverkauften Autos in Europa. Ein Dieselmotor will offenbar nicht so richtig zum dynamischen Image des kleinen Franzosen passen, der 2002 sogar Rallyeweltmeister wurde. Unter seiner Haube summt deshalb meistens ein Benzintriebwerk. Dass Kleinwagen nur selten mit Dieselaggregat gekauft werden, belegt kaum einer so eindrucksvoll wie der 206 HDi. Nur schlappe 2,8 Prozent aller verkauften Modelle kommen mit dem 68-PS-Selbstzünder zum Kunden. Das hat Gründe. Gute Gründe, denn in dieser Wagenklasse wiegen die Kostennachteile der Diesel-Versionen besonders schwer.

Bis sich die gegenüber dem Benziner teurere Anschaffung lohnt, muss der 206-Eigner mindestens 28.000 Kilometer im Jahr zurücklegen. Wer macht das schon mit einem Kleinwagen? Für sparwillige Durchschnittsfahrer interessanter ist der Basis-Benziner 206 1.1. In den Top-Zehn der größten Sprit-Geizhälse liegt er auf Rang neun. 6,9 Liter auf 100 km sind nicht rekordverdächtig, aber das 60-PS-Modell ist die günstigste Art, 206 zu fahren. Er hängt gut am Gas, vermittelt jederzeit ein flottes Fahrgefühl, und selbst bei der Elastizität – der Diesel-Paradedisziplin – fällt er nicht dramatisch zurück.

Kompaktklasse – Beispiel Ford Focus



Diesel sind im Kommen. Besonders bei den Kompakten. Gleich vier Ölmotoren mit 75, 90, 100 und 115 PS bietet Ford für seinen Focus an. Doch noch haben die TDCi-Triebwerke die Benziner nicht verdrängen können. 63,9 Prozent der Focus-Kunden entscheiden sich für einen Benziner, von dem gleich sechs Varianten im Angebot sind. Außerdem gibt es noch ein Bifuel-Modell mit kombiniertem Gas-Benzin-Antrieb. Das meistverkaufte Modell ist aber der 1.6i. Fast die Hälfte aller Focus-Modelle wird mit dem drehfreudigen 101-PS-Motor ausgeliefert.

Eine gute Wahl: Denn 1725 Euro günstiger ist der Benziner in der Anschaffung gegenüber dem gleich starken Diesel (Trend). Der Vergleich sämtlicher Fixkosten fällt sogar noch gravierender aus: Nahezu 4000 Euro spart der Käufer des 1.6i bei einer Haltedauer von vier Jahren. Ein besseres Plädoyer für den Benziner-Focus kann es nicht geben. Zumal Spitzentempo und Beschleunigung fast absolut identisch sind. Wo hat da der Diesel noch Vorteile? Einzig bei den Elastizitätswerten zeigt der TDCi eine deutliche Überlegenheit. Aber die ist teuer erkauft. Immerhin 27.000 Kilometer/Jahr muss der Diesel-Fahrer zurücklegen, um den Benzin-Kollegen kostenmäßig einzuholen. Das ist (zu) viel.

Mittelklasse – Beispiel MB C-Klasse



Ausgerechnet Dieselpionier Mercedes-Benz macht die Entscheidung für ein Benzinmodell leicht. Der C 180 K, den 14 Prozent aller Käufer wählen, ist in der Anschaffung günstiger und bietet vor allem die deutlich besseren Fahrleistungen.

In der Spitze schafft er 20 km/h mehr, und auch beim Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 hängt er den C 200 CDI ab. Das bessere Durchzugsvermögen des kleinsten Diesel-C-Modells (Verkaufsanteil: acht Prozent) ist dagegen minimal. Messbare Fakten sind das eine, subjektive Eindrücke das andere.

Und auch dabei sammelt der Benziner Pluspunkte. Seine Laufkultur ist schwer zu überbieten. Besonders für einen Diesel. Spontan, seidig und kräftig dreht der 1,8-Liter-Vierzylinder, der von einem Kompressor zwangsbeatmet wird, hoch. Bis 18.000 Kilometer im Jahr fährt der Mercedes-Benz-Fahrer mit dem C 180 K günstiger. Aber auch wer mehr fährt, ist mit dem Benziner gut beraten. Selbst bei 30.000 Kilometern im Jahr kostet der Kilometer nur zwei Cent mehr als beim CDI – zwei Cent, die mit viel Fahrfreude aufgewogen werden.

Van – Beispiel VW Touran



Das ist knapp: Nur 700 Euro teurer ist der VW Touran TDI als sein Schwestermodell mit dem FSI-Motor. Da lockt der Diesel. Das zeigt auch die Praxis.

80 Prozent der frisch gebackenen Touran-Käufer fahren einen TDI. Schon bei 13.000 Kilometern im Jahr liegt die Familien-Kutsche mit dem 100-PS-Motor auf dem gleichen Niveau wie der Benziner.

Trotzdem: Der FSI lohnt eine nähere Begutachtung. Obwohl 14 PS schwächer, ist er das agilere Auto: Neun km/h mehr Endgeschwindigkeit sind keine Welt. Aber der innovative FSI summt im Stadtbetrieb dafür vornehm vor sich hin. Wer den Vierzylinder ordentlich dreht, wird mit einem kernigen Fahreindruck belohnt.

Eigenschaften, die der Diesel nicht kennt. Er wirkt knurrig und zeigt in einem engeren Drehzahlfenster als der FSI Temperament.

Also: Ist der Touran als typisches Mutti-Auto im Kurzstreckenverkehr unterwegs, darf es gerne der Benziner sein.

SUV – Beispiel Toyota RAV4



In keiner anderen Pkw-Klasse werden mehr Dieselmodelle verkauft als bei den Geländewagen und SUV. Der Toyota RAV4 macht da keine Ausnahme. 45 Prozent der verkauften Allradler werden in der Version D-4D ausgeliefert. Aber warum eigentlich? Bei den in vier Jahren anfallenden Fixkosten zieht der Diesel den Kürzeren, ist 4243 Euro teurer als der 2.0-Benziner. 35.000 Jahreskilometer sind schon nötig, um mit dem 35 PS schwächeren D-4D günstiger unterwegs zu sein. Denn mit einem Durchschnittsverbrauch von 9,2 Liter Diesel bietet er in Sachen Kraftstoffkonsum gegenüber dem 2.0 keinen gravierenden Vorteil. Der schluckt im Schnitt 10,5 Liter Supersprit.

In den meisten Fällen ist der Benziner dennoch erste Wahl. Das 150-PS-Aggregat passt sehr gut zum RAV4. Zumindest auf der Straße. Kein Zweifel: Für den Geländeeinsatz macht das starke Drehmoment im unteren Drehzahlbereich den D-4D besonders offroadtauglich. Auf der Straße indes – dort ist naturgemäß das Gros der RAV4 unterwegs – ist der Benziner unschlagbar. Laufruhig und spurtstark zeigt er auf dem Weg zum Kindergarten oder zur Szenekneipe die besseren Manieren.

Direkteinspritzung oder Twinport?

Alle reden vom Direkteinspritzer. Nach dem Siegeszug beim Diesel will sich diese Technik auch bei den Benzinern durchsetzen. Mitsubishi waren die Ersten mit ihrem GDI – mit mäßigem Erfolg. Jetzt versucht VW auf breiter Front, die Spar-Technik an die Kunden zu bringen. Aber auch viele andere wie Renault, Toyota, BMW und Mercedes-Benz sind dabei.

Wir wollten wissen, was die teure Direkteinspritzung kann. Dazu haben wir den modernen Golf FSI mit 110 PS gegen den Opel Astra Twinport gefahren. Das ist zwar kein Direkteinspritzer, aber ebenfalls ein modernes und brandneues Konzept, um Benzin zu sparen. Ergebnis: Im Teillastbereich spart der FSI-Motor, weil er quasi mit heißer Luft fährt. Richtig gelesen: VW magert das Benzin-Luft-Gemisch durch Überschuss von Luft so gnadenlos ab, dass es eigentlich gar nicht mehr zünden dürfte. Den Teil des Gemischs, der noch zünden kann, konzentriert VW an der Zündkerze. Drumherum befindet sich reine Luft. Das nennen die Experten Schichtladung.

Bei niedrigen Drehzahlen reichen dem FSI-Motor (110 PS) 5,9 Liter. Mit steigender Drehzahl wird der Spareffekt aber immer geringer. Im Durchschnitt kamen wir auf unserer Verbrauchsstrecke auf 8,5 Liter – nur 0,3 l weniger als ein normaler Golf 1.6 (105 PS). Der läuft aber weicher, ist elastischer und zudem um 600 Euro günstiger. Um wirklich zu sparen, müsste der FSI 22.000 km im Jahr fahren.

Opel hat eine andere Strategie. Der Astra 1.6 Twinport ist ein herkömmlicher Einspritzer, allerdings mit einer variablen Einlass-Steuerung versehen: einem zweiten Einlasskanal. Im Teillastbereich wird er zusätzlich über die Abgasrückführung beatmet, um Drosselverluste zu verringern. Das zahlt sich aus: In allen Fahrzyklen verbraucht der 103 PS starke Astra weniger als der Golf FSI. Unterm Strich begnügt er sich mit 7,9 Litern. Und zwar Super, nicht das teurere Super plus wie beim FSI. Ebenso erfreulich sieht die Bilanz hausintern aus. Der ruhig und kultiviert laufende, jedoch etwas unelastische Twinport-Motor spart im Vergleich zum herkömmlichen 1.6 16V immerhin 0,8 Liter auf 100 Kilometer. Da wird Rechnen schon interessant. Ergebnis: Ab 5000 Kilometern im Jahr fährt der Twinport günstiger – trotz des um 300 Euro höheren Kaufpreises.