"Natürlich hätte dieses Auto niemals ein Suzuki werden sollen", heißt es offiziell bei VW. Die Wolfsburger sprechen viel lieber von "Hybrid-Kompetenz", "künftiger Formensprache" und natürlich der "elektrischen Kardanwelle". Die unlängst gegen die Wand gefahrene Partnerschaft mit Suzuki ist kein Thema. Zumindest nicht offiziell. Man braucht aber keine offizielle Bestätigung, um feststellen zu können, dass das Cross Coupé aus dem bewährten VW-Rahmen fällt. Optisch auf keinen Fall, dazu ist das dezent weiterentwickelte Markengesicht schlicht zu vielseitig. Es ist vor allem das Antriebskonzept, das nicht ins Bild passt.
VW Cross Coupé
Vor dem Hintergrund der miesen Stimmung zwischen VW und Suzuki degradiert sich das Cross Coupé zur skurrilen Fingerübung.
Die Idee, einen Elektromotor an der Hinterachse die Arbeit der schweren (und teuren) Kardanwelle machen zu lassen, scheint wie gemacht für eine Marke, die für günstige aber robuste Allrad-Fahrzeuge bekannt ist. Und nein, natürlich hat VW auf die Idee kein Patent. Den auf lange Sicht günstigen Elektro-Allradantrieb hat fast jede Allrad-Marke auf dem Zettel, bei Peugeot kann man den Hybrid4-Antrieb seit März 2011 im 3008 kaufen Und warum Suzuki? Die Japaner haben jede Menge Erfahrung damit, solche Technologien so günstig wie möglich zu produzieren. Von den entsprechenden Kapazitäten ganz zu schweigen. Suzuki entwickelt und baut den neuen Elektro-Allrad für die eigene Produktpalette, VW nutzt die Technik und profitiert von der günstigen Suzuki-Fertigung. So wird aus dem Cross Coupé eine clevere Idee. Vor dem Hintergrund der miesen Stimmung zwischen den beiden einstigen Partnern degradiert sich der Allrad-Flachmann in Tokio zunächst zur skurrilen Fingerübung von Designern und Ingenieuren.
VW Cross Coupé
Gut aussehen tut sie ja. Die Übersichtlichkeit der Karosserie ist aber weniger gut.
Eigentlich schade, denn das Cross Coupé macht auch als Studie bereits eine Menge Spaß. Der neue, chromblitzende Grill entwickelt das VW-Markengesicht weiter und erinnert ganz bewusst an den robusten VW Amarok. Wer ins Gelände soll, darf das auch nach Außen tragen. Die Kombination aus hochbeinigem Allrad-Fahrwerk und flacher Coupé-Dachlinie sieht zweifelsohne lecker aus, ist aber ähnlich sinnfrei und unpraktisch, wie beim großen Vorbild BMW X6. Die Übersichtlichkeit der Karosserie ist mies, der Zustieg in den Fond fast immer mit Verrenkungen verbunden.
Technisch profitiert das Cross Coupé vom neuen Modularen Querbaukasten (MQB), den sich die VW-Ingenieure ausgedacht haben und der mit dem nächsten Audi A3 erstmals bei einem Serienmodell zur Anwendung kommt. Damit lassen sich unzählige Motoren, Antriebe, Fahrwerke und Getriebe zu immer neuen Modellen zusammenpuzzeln. Zum Beispiel zu einem Gelände-Coupé, das länger als ein Golf, aber kürzer als ein Tiguan ist – kombiniert mit raspelknappen Karosserieüberhängen. Im Innenraum fällt vor allem der ganz und gar nicht verschwundene Kardantunnel auf. Irgendwo müssen die Lithium-Ionen-Akkus ja hin, die den Saft für den E-Antrieb liefern. Heißt in der Praxis: die gewohnt knappe Beinfreiheit. Immerhin ermöglicht die kompakt bauende Hinterachse einen verhältnismäßig großer Kofferraum (380 bis 1230 Liter).

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116 PS leistet der E-Motor im Heck, kombiniert mit dem zweiten E-Motor und dem 150-PS-TSI auf der Vorderachse kommen so 265 PS zusammen, die das Coupé antreiben. Das Cockpit gibt sich betont hochwertig und erstaunlich seriennah – trotz riesigem Touchscreen und jeder Menge Elektronik-Firlefanz. Die schicken zweifarbigen Ledersitze sind wunderbar dimensioniert und dürfen gerne in Serie gehen. Genauso, wie der Antrieb des Cross Coupé. Gerne auch als nächster Suzuki Vitara oder einem entsprechend kreativ gezeichneten Lifestyle-Ableger. Und gerne auch als Option im nächsten VW Tiguan. Auf ein SUV-Coupé hat die VW-Kundschaft, davon bin ich überzeugt, aber sicher nicht gewartet.

Von

Jochen Knecht