Ob Sie es glauben oder nicht: Bei aller Euphorie für die E-Mobilität, bei aller Liebe zum SUVder VW Golf verkauft sich immer noch wie geschnitten Brot. Gefolgt von den Konzernkollegen Audi A3 und Skoda Octavia, bilden sie das Spitzentrio der meistverkauften Kompaktwagen in Deutschland im Jahr 2022.

Drei Kompakte im Test

Ausgewählte Produkte in tabellarischer Übersicht
1.
Testsieger
VW Golf 1.5 eTSI
UVP 33.520,00 EUR
2.
Skoda Octavia 1.5 TSI e-Tec
UVP 33.260,00 EUR
3.
Audi A3 Sportback 35 TFSI
UVP 33.000,00 EUR

Und um es mal vorwegzunehmen: Einen Fehler hat mit Sicherheit keiner der Käufer dieser Fahrzeuge gemacht. Denn alle haben ihre Vorzüge und ihre Schwächen. Dennoch kann es nur einen Sieger geben – und wer das ist, zeigt der Vergleich von AUTO BILD. Das ist gar nicht so einfach, denn alle drei Fahrzeuge bedienen sich aus dem gleichen Konzernbaukasten.
Was den Treibsatz betrifft, fährt man hier im Gleichklang. 1,5-Liter-Vierzylinder mit 48-Volt-Unterstützung, also Mildhybrid. Der Motor leistet hier wie da 150 PS und reicht ein maximales Drehmoment von 250 Newtonmetern an die Vorderräder. Ein kleiner E-Motor, der seinen Strom aus der Roll- und Bremsenergie generiert, unterstützt beim Anfahren und Starten des Motors.
Im Teillastbereich legen alle drei Probanden die Zylinder zwei und drei still, um möglichst effizient über die Piste zu gleiten. Insofern verwundert es nicht, dass die drei Kandidaten beim von AUTO BILD ermittelten Verbrauch mit etwa sieben Litern eng beieinander liegen.

Identische Fahrleistungen

Auch bei den Fahrleistungen gibt es kaum Unterschiede. Der Standardsprint gelingt dem Dreigestirn in knapp 9 Sekunden, und gerannt wird einheitlich bis 224 km/h. Nur der Octavia ist laut Hersteller 5 km/h schneller.
VW Golf, Skoda Octavia, Audi A3
Das Spitzentrio der meistverkauften Kompaktwagen in Deutschland im Jahr 2022: Audi A3, Skoda Octavia, VW Golf (v.l.).
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Über den Antrieb ist also kein Sieger auszumachen. Einzig dass der A3 seinem Wesen entsprechend etwas sportlicher anspricht, ein bisschen mehr knurrt und der Skoda sich wie der Oberstudienrat ein wenig mehr zurückhält, um nie die Grenze des guten Tons zu überschreiten. Und der Golf? Nun, der ist absolut flexibel. Er spricht auf Wunsch eilfertig und energisch an oder hält sich entsprechend den Vorgaben des Piloten eher bedeckt.

Golf beim Fahrwerk ganz vorn

Doch so gleich sich die Motorisierungen auch präsentieren, so unterschiedlich ist das Fahrvergnügen. Der Golf ist und bleibt, vor allem was die Fahrwerksabstimmung betrifft, ein Alleskönner. Er scheint sich in allen Belangen zurückzulehnen und dem Fahrer zu sagen: Mach doch. Und der macht mit aller Macht und bringt den Wolfsburger nicht ansatzweise aus dem Konzept. Bis hin zum berechenbaren Untersteuern oder auch einem leichten Eindrehimpuls des Hecks.
Dem Wolfsburger ist es egal, er findet auch dank seines adaptiven Fahrwerks (DCC) immer wieder in die Spur, einfach fantastisch. Kleine Unebenheiten oder tiefe Bodenwellen werden einfach weggebügelt. Unaufgeregt, souverän, charmant. Ganz gleich, ob im "Comfort-" oder im "Sport"-Modus gefahren wird. Keine übermäßige Härte, kein weiches Rumgeeiere. Dank der Progressivlenkung stimmt hier ohnehin jede Bewegung.
VW Golf
Der VW Golf ist und bleibt ein Universalgenie: kompakt, handlich, praktisch und jeder Fahrsituation gewachsen.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Das kann natürlich auch der Audi A3, der neben den üblichen Modi ein Fahrprogramm hat, das "Auto" heißt. Hier stellt die Elektronik Fahrwerk und Lenkung ganz von selbst auf die Straßenverhältnisse und auf das Fahrverhalten des Piloten ein. Allerdings, und das ist eben Audi, immer einen Strich sportlicher als der Golf. Das mag gefallen, wirkt aber im direkten Vergleich etwas hölzerner als beim Bruder aus Wolfsburg.
Der Octavia ist, was das Fahrwerk betrifft, ganz anders drauf. Der Testwagen verzichtet auf ein adaptives Fahrwerk und gibt sich pur. Was beim Tschechen nichts anderes heißt, als komfortabel zu schwingen. Der Skoda federt über weite Wege ein und aus, was Passagiere in der zweiten Reihe auf welligen Strecken nah an die Seekrankheit bringen könnte und manchmal etwas unterdämpft wirkt.

Sparzwang beim Octavia

Die Lenkung des Octavia fühlt sich deutlich weicher an als die in Golf und A3. Nichtsdestoweniger folgt auch der Octavia willig den Befehlen, überrollt ohne zu klagen Winteraufbrüche und Kopfsteinpflaster, wobei das verbaute Hartplastik im Tschechen genau dort Geräusche macht wie eine mittelamerikanische Rumba-Rassel.
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Das ist nicht schön und unterscheidet sich deutlich vom Golf, der es auf gleicher Strecke nur dezent aus der Armatur knistern lässt, und dem A3, dessen hintere Plastikteile sich bei solcher Straßenlage hörbar machen. Das ist dann übrigens auch ein Eindruck, der bei genauer Untersuchung des Ingolstädters klar wird: Ein echter Premium-Golf ist er nicht mehr. Die Türinnenverkleidungen sind aus Hartplastik, die in den Armauflagen verwendeten Intarsien wirken nicht mehr wertiger als im VW-Bruder. Auch sonst erwecken die im Audi eingesetzten Materialien nicht den Eindruck, als müsse man dafür mehr Geld bezahlen als für einen Golf.
Skoda Octavia
Der Škoda Octavia hat seine Vorzüge in der Größe und in den vielen guten Ideen, die das Autofahrerleben erleichtern. 
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Den deutlichsten Unterschied gibt es dann im Octavia. Nichts am Innenleben ist unschön oder löst bei Berührung Unbehagen aus, aber es ist doch zu spüren, dass hier der eine oder andere Euro gespart werden musste. Am deutlichsten wird das bei den Polstern,
den Sitzbezügen und den Sitzauflagen. Die sind dann schon ein gutes Stück von dem entfernt, was A3 und Golf bieten.
Wer sich auf die Rückbank des Tschechen schwingt, sinkt tief in den Schaumstoff ein, und auch die Vordersitze, die ohnehin etwas hoch bauen, dürften gern eine Spur straffer sein.
Das können die beiden Gegenspieler deutlich besser. Der Golf mit dem ergoActive-Fahrersitz und der A3 mit seinen für passable 360 Euro zugekauften Sportsitzen. Allerdings bekommen Hinterbänkler ihre Füße kaum unter die tief liegenden Integralsitze des Audi. Das geht beim Golf gerade so und ist im Octavia problemlos möglich.
Im Fond lässt es sich vor allem im Tschechen leben und ohne Platzangst auch über lange Strecken reisen. In Golf und A3 reisen wir ebenfalls gern, nur eben nicht ganz so luftig.

Fahrzeugdaten

Fahrzeugdaten
Motor Bauart/Zylinder
Vierzylinder, Turbo, Mildhybrid
Vierzylinder, Turbo, Mildhybrid
Vierzylinder, Turbo, Mildhybrid
Einbaulage
vorn quer
vorn quer
vorn quer
Ventile/Nockenwellen
4 pro Zylinder/2
4 pro Zylinder/2
4 pro Zylinder/2
Nockenwellenantrieb
Zahnriemen
Zahnriemen
Zahnriemen
Hubraum
1498 cm³
1498 cm³
1498 cm³
kW (PS) bei 1/min
110 (150)/5000
110 (150)/5000
110 (150)/5000
Nm bei 1/min
250/1500
250/1500
250/1500
Vmax
224 km/h
229 km/h
224 km/h
Getriebe
Siebengang-Doppelkupplung
Siebengang-Doppelkupplung
Siebengang-Doppelkupplung
Antrieb
Vorderradantrieb
Vorderradantrieb
Vorderradantrieb
Bremsen vorn/hinten
Scheiben/Scheiben
Scheiben/Scheiben
Scheiben/Scheiben
Testwagenbereifung
225/40 R 18 Y
225/45 R 18 Y
225/40 R 18 Y
Reifentyp
Nexen N’Fera Sport
Goodyear Eagle F1 Asymmetric 5
Bridgestone Potenza S005
Radgröße
8 x 18"
7,5 x 18"
7,5 x 18"
Abgas CO2*
134 g/km
127 g/km
130 g/km
Verbrauch*
5,9 l
5,6 l
5,7 l
Tankinhalt
50 l
47,8 l
50 l
Kraftstoffsorte
Super
Super
Super
Ottopartikelfilter
Serie
Serie
Serie
Vorbeifahrgeräusch
66 dB(A)
64 dB(A)
68 dB(A)
Anhängelast gebr./ungebr.
1500/690 kg
1500/680 kg
1500/680 kg
Stützlast
80 kg
80 kg
80 kg
Kofferraumvolumen
380–1200 l
600–1555 l
381–1237 l
Länge/Breite/Höhe
4343/1816–1984**/1449 mm
4689/1829–1994**/1455 mm
4284/1789–2073**/1466 mm
Radstand
2636 mm
2686 mm
2619 mm
Grundpreis
33.000 Euro
33.260 Euro
33.520 Euro
Testwagenpreis (wird gewertet)
39.760 Euro
37.180 Euro
39.905 Euro

Bei allen Modellen sorgen zwei USB-C-Anschlüsse in der Mittelkonsole für die Stromversorgung der mobilen Endgeräte. Wie nicht anders zu erwarten, glänzt der fast 30 Zentimeter längere Octavia nicht nur mit mehr Platz im Innenraum, auch der Kofferraum bietet mit einem Volumen von 600 Litern klare Reisevorteile. Der Golf fasst 381 Liter, beim Audi ist es ein Liter weniger.
Was den Octavia aber neben Golf und A3 glänzen lässt, sind seine vielen kleinen Ideen, die das Leben einfacher machen. Skoda selbst nennt es "Simply clever". Dazu gehören die Regenschirme in den vorderen Türverkleidungen ebenso wie der Eiskratzer im Tankdeckel oder der Deckel des Wischwasserbehälters, der dank seiner Form ein Überlaufen beim Befüllen verhindert. Solche praktischen Gimmicks findet man weder im Golf noch im Audi.
Was das Bedienkonzept betrifft, ist der Skoda dann aber ebenso wenig clever wie der Golf. Beide kranken an den Slidern unterhalb des Monitors in der Mittelkonsole. Dieses Gewische mit den Fingerspitzen, um die Temperatur der Klimaanlage oder die Lautstärke der Musik zu verändern, ist unpräzise, klappt während der Fahrt so gut wie nie und nervt am Ende nur.

Messwerte

Messwerte
Beschleunigung
0–50 km/h
3,3 s
3,5 s
3,4 s
0–100 km/h
8,7 s
8,7 s
8,8 s
0–130 km/h
14,2 s
14,1 s
14,3 s
0–160 km/h
22,7 s
22,0 s
22,8 s
Zwischenspurt
60–100 km/h
4,6 s
4,5 s
4,6 s
80–120 km/h
5,9 s
6,0 s
6,1 s
Leergewicht/Zuladung
1379/496 kg
1388/532 kg
1379/491 kg
Gewichtsverteilung v./h.
60/40 %
59/41 %
59/41 %
Wendekreis links/rechts
10,9/11,0 m
11,1/11,2 m
10,8/10,9 m
Sitzhöhe
500 mm
530 mm
515 mm
Bremsweg
aus 100 km/h kalt
35,3 m
36,4 m
35,7 m
aus 100 km/h warm
34,2 m
35,4 m
33,8 m
Innengeräusch
bei 50 km/h
57 dB(A)
57 dB(A)
58 dB(A)
bei 100 km/h
64 dB(A)
64 dB(A)
64 dB(A)
bei 130/160 km/h
67/70 dB(A)
67/71 dB(A)
67/71 dB(A)
Verbrauch
Sparverbrauch
5,5 l S/100 km
5,5 l S/100 km
5,5 l S/100 km
Testverbrauch
Durchschnitt der 155-km-Testrunde (Abweichung zur WLTP-Angabe)
7,0 l S/100 km
(+18,6 %)
6,8 l S/100 km
(+21,4 %)
6,8 l S/100 km
(+19,3 %)
Sportverbrauch
9,8 l S/100 km
9,2 l S/100 km
9,0 l S/100 km
CO2 (Testverbrauch)
165 g/km
162 g/km
162 g/km
Reichweite (Testverbrauch)
710 km
700 km
735 km

Hier hat der A3 ganz klare Vorzüge. In Ingolstadt setzt man neben dem Touchscreen weiter auf Tasten und Knöpfe für die wichtigsten Funktionen, wie zum Beispiel die Bedienung der Klimaanlage. Zudem hat es Audi verstanden, die Lüftungsdüsen so zu platzieren
dass sie auf Wunsch den Fahrer und nicht dessen Unterarme anblasen, wie es in Octavia und Golf der Fall ist.
Auch das Navigationssystem gefällt uns im Audi besser als bei den zwei Kontrahenten. Es bietet neben der normalen Streckenführung eine Satellitenansicht, und irgendwie scheint es auch flüssiger zu laufen.

Gleichstand bei den Assistenten

Bei den Assistenzsystemen stehen sich die drei in nichts nach, weil alle alles aus dem Konzernbaukasten schöpfen. Wer will, bekommt, egal für welchen Wagen, ein Head-up-Display. Das ist nicht groß, zeigt aber die wichtigen Dinge wie Verkehrszeichen, Abbiege-Punkte bei aktivem Navi und die aktuelle Geschwindigkeit. Natürlich gibt es für alle auch einen Abstandsradar mit Tempoanpassung und einen Spurhalteassistenten. Dass der manchmal nervt, dürfte jeder schon mal erlebt haben. Hier bieten alle drei praktikable Lösungen. Im Audi reicht ein Tastendruck zum Deaktivieren, VW und Skoda brauchen zwei Kontakte.
Audi A3
Der Audi A3 hat sich qualitativ deutlich von dem Anspruch entfernt, ein Premium-Golf zu sein. Dafür ist er jetzt auch preiswerter als der Klassen-Primus.
Bild: Olaf Itrich / AUTO BILD
Bis zum Schluss bleibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, und dennoch kann sich der VW Golf in der Endabrechnung absetzen. Unschlagbar universell liegt er vor dem Skoda Octavia, der als cleverer Partner für den Alltag gefällt. Der Audi A3 landet auf Platz drei. Letztendlich schafft er es einfach nicht (mehr), sich vom Golf qualitativ abzusetzen.
Holger Preiss
Wie man es dreht und wendet, am Ende hat wieder der VW Golf gewonnen. Aber die Luft nach oben wird dünner, die Konzernbrüder holen weiter auf. Ob es der letzte Sieg des Klassenprimus in dieser Form war, wird sich zeigen. Zuletzt hat VW ja eine Nummer 9 nicht ausgeschlossen – zumindest als elektrische Variante namens ID.Golf.