VW Tiguan: Kaufberatung
Ist der neue VW Tiguan noch immer ein Mehrzweck-Talent?
Kaufberatung VW Tiguan
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Der SUV-Bestseller VW Tiguan verkörpert die Multifunktionalität wie kaum ein zweites Auto. Stehen auch seine Qualitäten außer Frage?
Bild: AUTO BILD
Nennen wir das Kind doch gleich beim Namen: Alleskönner, Tausendsassa, Universaltalent, Allrounder, eierlegende Wollmilchsau. Der Tiguan besetzt im VW-Konzern, der satte zwölf Marken umfasst, genau diese Position. Wäre der Tiguan ein Kleidungsstück, er wäre wohl eine Multifunktionsjacke, die sowohl bei +40 als auch bei –50 Grad Celsius den Leib ordentlich schützt. Wäre der Tiguan ein Taschenmesser, käme er wohl dem "Work Champ" von Victorinox sehr nahe, dem eigentlich nur noch ein integrierter Nassrasierer fehlt. Wäre der Tiguan eine Küchenmaschine, er wäre wohl der Thermomix aus dem Hause Vorwerk. Ein Gerät, das nicht nur sehr viel kann, sondern auch garantiert besser als der Autor kocht. Bevor wir weitere Vergleiche heranziehen, werfen wir einen detaillierten Blick auf den neuen Tiguan und prüfen, ob er diesem Anspruch denn auch in allen Belangen gerecht werden kann.
Das Facelift gehört in die Rubrik "Auffällig unauffällig!"
VW Tiguan (2021): Garage - Vorstellung - Motor - Info
Der VW Tiguan im AUTO BILD-"Garagen-Check"
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Bei Verarbeitung und Materialgüte gibt's nichts zu meckern

Das Luxusgestühl (ab 2695 Euro) bringt Leder, elektrische Verstellung und Memory-Programm mit.
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Ein Service von
Dank der hoch montierten Rückbank (39 cm) finden selbst dem Durchschnitt Entwachsene eine entspannte Position. Dazu kommen reichlich Kopf- sowie Bein- und Fußfreiheit. In der Basis läuft der Tiguan mit Stoffsitzen vom Band, gegen Aufpreis (ab 2695 Euro) gibt es Leder. Die elektrische Verstellung inklusive Memory-Funktion ist Bestandteil der Lederausstattung. Wirklich empfehlenswert ist diese aber nur bei mehr als zwei regelmäßig wechselnden Fahrern, sollte Leder für Sie kein Muss darstellen. Vorwürfe im Hinblick auf Verarbeitungsqualität und Materialgüte können wir uns glücklicherweise sparen, der Tiguan ist ein grundsolide zusammengestecktes Kompakt-SUV. Bleibt zu hoffen, dass das so bleibt und dass die dritte Generation (voraussichtlich ab Ende 2023) in dieser Hinsicht nicht dem Golf 8 und seinem Elektro-Pendant ID.3 folgt. Die zwei dürfen sich nicht gerade mit Hochwertigkeit im Innenraum brüsten.
Mechanische Regler werden durch Touchflächen ersetzt

Eine der schwerwiegendsten Neuerungen: die Klima-Slider. Dank Vertiefung fährt der Finger nicht ziellos (wie im Golf) über die ganze Bedieneinheit.
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Alles zu teuer? Für 225 Euro gibt's "App Connect", damit koppeln Sie Ihr smartes Endgerät an den Tiguan und spiegeln entweder Apple CarPlay oder Android Auto auf das Display. Obwohl wir klassische Instrumente noch sehr schätzen, empfehlen wir Ihnen, erhältlich ab Linie Life für 510 Euro, die volldigitalen Instrumente. Zahlreiche Darstellungsmöglichkeiten, darunter die Karte des Navis, vermeiden ständige Blicke auf das Touchdisplay. Schade: Während einige VW-Modelle und auch Konzerngeschwister mittlerweile mit einem Head-up-Display ohne zusätzliches Scheibchen auf dem Armaturenträger auskommen, gesteht VW dem Tiguan dies nicht zu. Die nötigen 565 Euro sind an anderer Stelle besser investiert. Für 750 Euro bündeln die Wolfsburger im Fahrassistenzpaket Plus unter anderem einen Einpark- und Spurwechselassistenten, den Travel Assist mit automatischer Spurführung sowie Verkehrszeichenerkennung. Die irrt sich hin und wieder gern, dafür hält der Travel Assist sauber Spur und Abstand, der Parkassistent rangiert zuverlässig in die Lücke rein und auch wieder raus.
Als Tipp für sportliche Fahrer kommt nun auch der Tiguan infrage

Obenauf, was die reinen Zahlen betrifft. In der Zulassungsstatistik muss sich der Tiguan R aber garantiert hinten anstellen.
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Das alles lässt sich VW gut bezahlen: Über 59.000 Euro gilt es zu überweisen, unser Testwagen mit einer Handvoll Optionen liegt bei 70.850 Euro – da staunen selbst wir nicht schlecht. Unsere Empfehlungen fallen nicht in diese Kategorie: 150-Benzin-PS (ab 31.135 Euro) reichen vollkommen und sind mit Sechsgang-Schaltung schön sparsam. Die lässt sich sauber und ohne Probleme durch die Gassen führen. Bei Bedarf upgraden auf das Siebengang-DSG für 2130 Euro. In dieser Kombination gehen bereits solide 2000 Kilogramm an den Haken. Dieser kostet 880 Euro Aufpreis und lässt sich aus dem Kofferraum entriegeln und mit einem Handgriff arretieren. Zwei Tonnen reichen nicht? Der 150 PS starke Diesel ist unser Tipp für den Vielfahrer und übertrifft den Benziner, abgesehen vom unnötigen Aggregat mit 245 PS, um weitere 500 Kilogramm – so geht auch der Hänger inklusive Ross mit auf Reisen. Zur Info: Der Top-Diesel kommt ebenfalls auf 2,5 Tonnen gebremste Anhängelast.
Beim Teil-Stromer muss die Infrastruktur komplett sein
Zum Teil-Stromer raten wir uneingeschränkt nur bei passender Infrastruktur, also im besten Fall einer Wallbox an den eigenen vier Wänden und in der Nähe des Büros. Ist der 13-kWh-Akku (ermöglicht rund 65 lokal emissionsfreie Kilometer) erst mal leer, gerät der 1,4-Liter-Vierender mit seinen 150 PS unter Last ganz schön ins Schwitzen. Geladen wird mit maximal 3,6 kW. Die Preise starten bei 43.510 Euro. Auf der Straße gibt sich der Tiguan letztlich auch nicht die Blöße. Die Lenkung ist direkt, präzise, und in Verbindung mit dem Adaptivfahrwerk (1045 Euro, unabhängig von der Linie) gleitet das SUV sehr komfortabel. Wichtig: Mehr Gewicht steht dem Tiguan grundsätzlich besser, die Fronttriebler sind recht straff, daher empfehlen wir hier in jedem Fall den Erwerb der adaptiven Dämpfer.
Fazit von Christoph Richter: Dass VW auch mit dem Facelift des Tiguan noch immer ein alltagstaugliches Universaltalent zum Händler schickt, ist keine große Überraschung. Die Modellpflege ist zum großen Teil, wenn auch nicht bis ins letzte Detail, gelungen. Erfreulich in erster Linie: Der Tiguan hält noch, in vielerlei Hinsicht, ein gutes Stück Abstand zum Golf der achten Generation.
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