Dieser Dauertest hat eine Vorgeschichte. Oder, um es genau zu sagen, 199 Vorgeschichten. Denn so viele Autos mussten bei AUTO BILD mittlerweile die 100.000 Kilometer absolvieren. Manche locker, manche holprig, wenige mit einer Eins im Zeugnis, aber nur einer als Totalausfall: der erste VW Touran, der bis heute mit 77 Fehlerpunkten das Schlusslicht in der ewigen Rangliste der Zuverlässigkeit bildet. "Heimat Hebebühne", lautete die Überschrift, weil der Van so oft in der Werkstatt stand, dass man davor ein Zelt hätte aufschlagen können. Wir raten von den Baujahren 2003 bis 2004 ab – eine schlimmere, belastendere Vorgeschichte konnte es wohl kaum geben für den 200. Dauertest. Ausgerechnet zum Jubiläum heißt der Kandidat: VW Touran.

Im Überblick: Alle Tests zum VW Touran

VW Touran
Pleiten, Pech und Pannen: Der Touran der ersten Generation sammelte im Dauertest 77 Fehlerpunkte!
Diesmal ist es ein Highline TDI aus der zweiten Serie, mit 140 PS, Doppelkupplungsgetriebe DSG, Radio-Navi RNS 510, Dämpferverstellung DCC, dritter Sitzreihe, Spurhalte-Assi, Parklenk-Assi, in Toffeebraunmetallic und mit vielem, was Familien wünschen, aber nicht mehr bezahlen können. Jedenfalls steigen mit dem Preis von 41.026 Euro auch die Erwartungen in die Höhe. Die ersten Langstrecken zeigen schnell, dass unterm gleichen Namen ein völlig anderes Auto Wiedergutmachung betreibt. Ein moderner TDI hat den alten Nussknacker-Diesel abgelöst, das Fahrwerk kann nun federn dank DCC, nichts klappert, nichts knirscht. "Die Verarbeitung wirkt inzwischen routiniert", findet Test-Assistent Berend Sanders. Selbst Skeptiker, die den VW beim Einstieg als "emotionslose Familienschachtel" betrachteten, wurden immer mehr überzeugt, je länger die Fahrt dauerte. "Ein geräumiges, praktisches, einfach bedienbares und ausreichend vitales Familienauto", notiert Christian Steiger aus der Chefredaktion im Fahrtenbuch.

Mehr zum Thema: Die komplette Dauertest-Rangliste

Chic ist er nicht unbedingt, der Kasten, dafür ungemein nützlich: Man sieht bestens und genießt viel Platz in den vorderen Sitzreihen – die Notsitze ganz hinten mögen hingegen nur Kinder. Das aufrechte Sitzen hinterm Lenkrad erinnert die einen an Bulli-Gemütlichkeit, die anderen eher an den spaßbefreiten Kutschbock eines Truckers. Ungeteiltes Lob erntet der flotte Diesel (Testschnitt: 7,4 Liter/100 Kilometer), nur das Start-Stopp-System ärgert gelegentlich: Mal startet es ruckartig, dann wieder verzögert, wenn es direkt nach dem Abschalten nicht schnell genug umdenkt. Viel wichtiger ist, dass der Motor – anders als beim ersten Touran – schadenfrei durchlief. Beim oft gelobten, "klug schaltenden" DSG gab es ab 50.000 Kilometer Klagen, dass das Getriebe die Gänge verzögert einlegte und ungewohnt ruppig anfuhr, was die Vorderreifen abradierte. Nach einem Wechsel des Getriebeöls bei der 60.000-Kilometer-Wartung herrschte Ruhe.

Lesen Sie auch: Neue Autos auf dem Genfer Autosalon

VW Touran 2.0 TDI
Besuch im tschechischen Budweis. Der VW schluckte angenehm wenig: 7,4 Liter.
Überzeugen konnten im Dauertest die zusätzlichen Fahrhilfen an Bord. "Endlich mal ein Spurhalteassistent, der wirklich unterstützt", fand Stefan Mallach aus dem Fahrerteam. Auch der Fernlichtassistent, mit dem Spurhaltesystem im Paket 705 Euro teuer, funktionierte auf nächtlichen Landstraßen so, wie er soll: hellwach und immer schneller als der Fahrer, wenn's drauf ankam. Was sich vom 2055 Euro teuren Navi-System leider nicht behaupten lässt. Träge in der Eingabe, die Routenführung kaum nachvollziehbar, keine Bluetooth-Kopplung fürs Telefon – das RNS 510 passt nicht zu Preis und Anspruch des VW. Also: Hände weg. Die Wolfsburger wissen, warum der neue Golf viel modernere Geräte bekommen hat.Kommen wir zu den Defekten. Vorn rutschte die haltlose Mittelarmlehne herum wie ein Tablett bei Seegang, hier fehlte die nötige Arretierung. Lappalien, genauso wie das abgefallene Einstellrad für die Lordosenstütze. Dieser Dauertest erwähnt sie nur deshalb, weil sie das Einzige waren, was auf 100.000 Kilometern kaputtging. Macht zwei Punkte für geringfügige Defekte und am Ende die Note Eins für einen fast fehlerfreien Van. Ein Ergebnis, das den schlechten Eindruck vom ersten Touran zwar nicht auslöschen, aber kräftig korrigieren kann. Volkswagen kann also doch Qualität bauen. Seit 2010 notiert AUTO BILD deutlich verbesserte Langzeit-Resultate, wie zuletzt beim Golf 1.4 TSI (Note1), Tiguan 2.0 TSI (Note 1) und Polo 1.2 TSI (2 +). Auch das gehört ab jetzt zur Geschichte unserer Dauertests.
Wie bei allen AUTO BILD-Dauertests wurde auch dieser Testwagen nach Erreichen der 100.000 Kilometer demontiert und auf Verschleiß untersucht. Wie sich der Touran in der abschließenden Inspektion präsentierte, erfahren Sie oben in der Bildergalerie. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt's im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.

Fazit

von

Joachim Staat
Am Ende bleibt die Frage: Warum nicht gleich so, VW? Warum hat der große Hersteller bei der ersten Touran-Generation riskiert, mit mieser Qualität seine Kunden zu verprellen? Zum Glück haben die Wolfsburger die Fehler erkannt und bei der zweiten Touran-Generation gründlich beseitigt. Jetzt ist der kastige Familienlaster auf dem Qualitätsniveau, das VW-Kunden vom Preis her erwarten dürfen.