Bentley Bentayga Hybrid (2021): Preis, Abmessungen, Test
Mit dem Bentley Bentayga an die Ladesäule

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Ab 2026 will Bentley ausschließlich Plug-in-Hybride oder Elektroautos anbieten. AUTO BILD hat den fast 200.000 Euro teuren Bentayga Hybrid schon mal getestet!
Bild: Jan Götze / AUTO BILD
Vom W12 zum Stecker: Diesen ambitionierten Plan verfolgt Bentley. Mit der Ende 2020 ausgerufenen "Beyond100"-Strategie" will die Luxusmarke bis 2030 vollständig CO2-neutral werden. Damit die Produktion bis dahin eine positive Klimabilanz aufweist, sieht der Plan ab 2026 nur noch Plug-in-Hybride oder Elektroautos vor – und ab 2030 ausschließlich vollelektrische Modelle. Eine Vorreiterrolle nimmt dabei der Bentley Bentayga Hybrid ein. Test!
Der Bentayga Hybrid ist das erste Plug-in-Hybridmodell der Nobelmarke. Das Antriebskonzept ist allerdings nicht wirklich neu, schließlich wird das 5,13 Meter lange und zwei Meter breite SUV bereits seit Sommer 2019 als Hybridauto angeboten. Zum Modelljahr 2021 haben die Briten aber auch der Hybridversion ein Facelift spendiert. Auffälligstes Erkennungsmerkmal des überarbeiteten Bentayga sind die ellipsenförmigen Rückleuchten, die die quadratischen Vorgänger ersetzen. An der Front trägt der Bentley seinen Kühlergrill jetzt noch stolzer zur Schau, die Matrix-LED-Scheinwerfer sind neu gestaltet und funkeln auch im ausgeschalteten Zustand. Übrigens: Die Hybridversion ist nicht nur an den dezenten Schriftzügen auf den vorderen Türen, sondern auch an der zusätzlichen Ladeklappe auf der Fahrerseite zu erkennen.

Das Faceliftmodell hat neue Rückleuchten bekommen. Die Außenfarbe hört auf den Namen "Ghost White" und kostet 12.280 Euro extra.
Bild: Jan Götze / AUTO BILD
Wir können festhalten: Optisch hat sich einiges getan, doch technisch ist alles beim Alten geblieben. Der Antrieb des Pioniermodells ist bekannt, und das nicht nur vom Vorfaceliftmodell, sondern auch von verschiedenen Konzernbrüdern wie beispielsweise dem Audi Q7/Q8. Unter der edlen Karosserie des Bentayga steckt ein Dreiliter-V6-Benziner mit 340 PS, der von einem Elektromotor mit maximal 94 kW (128 PS) unterstützt wird. In Summe ergibt das 449 PS und 700 Nm Systemleistung. Auf dem Papier ist der Hybrid seinen Verbrenner-Geschwistern mit 550 PS (Bentayga V8) bzw. 635 PS (Bentayga Speed) deutlich unterlegen. Doch wie verhält sich das im Alltag?
Bentley Bentayga Hybrid schafft rein elektrisch maximal 40 km
Unterhalb des Kofferraums sitzt der Akku mit einer Kapazität von 17,3 kWh. Mit ihm soll der Bentayga bis zu 40 Kilometer rein elektrisch fahren können. Bentley will herausgefunden haben, dass rund 90 Prozent der bisherigen Bentayga-Hybrid-Kunden ausschließlich rein elektrisch fahren – längere Touren scheinen die Besitzer also nur selten zu unternehmen. Ich starte den Test. Im Bentayga Hybrid gibt es drei Fahrmodi: "EV-Antrieb", "Hybrid" und "Halten". Im Halten-Modus werden Motor- und Elektroleistung ausgeglichen, um den Ladezustand zu halten. Das Anfahren geschieht, unabhängig vom gewählten Modus, elektrisch und naturgemäß lautlos. Während ich mich als Fahrer nach kurzer Zeit daran gewöhne, blicke ich immer wieder in verdutzte Gesicher von Passanten, die offensichtlich erwarten, dass das große, weiße SUV mit dem vielen Chrom im nächsten Moment lautstark davonheizt. Das passiert aber nicht, denn der Bentayga ist ein Auto, das den Fahrer überhaupt nicht zum Gasgeben verleitet. Anstatt gestresst von A nach B zu fahren, entspanne ich mich lieber bei einer ausgiebigen Schultermassage in luxuriöser Atmosphäre, lausche meinen Lieblingsliedern aus dem Naim-Soundsystem mit 1780 Watt und 20 Lautsprechern – und könnte stundenlang so weiterfahren.

In puncto Materialanmutung und Verarbeitungsqualität fährt Bentley in einer eigenen Liga.
Bild: Jan Götze / AUTO BILD
Mit gefühlvollem Gasfuß schaffe ich tatsächlich 36 Kilometer rein elektrisch, wobei mir das komfortable und ruhige Gemüt des Bentayga in die Karten spielt. Gemessen an den Reichweiten vieler anderer Plug-in-Hybridautos ist das keine Meisterleistung, angesichts eines Leergewichts von 2645 Kilo und eines nicht gerade sportwagenähnlichen cw-Werts aber durchaus bemerkenswert. Um die noch verbleibende elektrische Reichweite besser einschätzen zu können, zeigt einem das Bentley-Navi stets einen blauen Aktionsradius auf der Karte an. Ist der Akku erst mal leer wird die nächste Ladesäule angesteuert. Das Laden wird mit dem Bentley Bentayga zum Erlebnis: Ich ernte kritische Blicke von Passanten, die vermutlich denken, dass ich mit dem dicken SUV eine Ladesäule blockiere. Umso ungläubiger sind die Blicke, als ich den Kofferraum öffne und ein Ladekabel hervorzaubere. Da der Akku des Bentayga mit maximal 7,2 kW pro Stunde lädt, dauert eine volle Ladung etwa zweieinhalb Stunden, an der Haushaltssteckdose wären es über sechs Stunden. Genug Zeit, um den luxuriösen Innenraum ganz genau unter die Lupe zu nehmen. Einmal mehr stelle ich fest, dass Bentley von der Materialauswahl und Qualitätsanmutung in einer eigenen Liga fährt, wobei der Bentayga für meinen Geschmack nicht ganz auf einem Level mit dem Continental GT ist. Das zeigt sich an kleinen Details wie den Lenkstockhebeln oder Lenkradtasten, die aus anderen Modellen des Volkswagen-Konzerns bekannt sind. Doch das ist Meckern auf ganz hohem Niveau.
Rein elektrisch schafft der Bentayga maximal 135 km/h, bevor sich der Verbrenner dazuschaltet. Dieser Übergang ist sehr geschmeidig – eben Bentley-like. Ist der Akku leer, muss der V6-Benziner dauerhaft ran. Einen Modus, in dem der Verbrenner mit der überschüssigen Leistung die Batterie wieder auflädt, gibt es nicht. Der Vortrieb ist stets ausreichend, der Sound unaufdringlich. Von 0 auf 100 km/h geht es in 5,5 Sekunden, den Tospeed gibt Bentley mit 254 km/h an. Wer den 2995 ccm großen Sechszylinder in puncto Laufruhe oder Kraftentfaltung allerdings mit dem monumentalen und noch erhältlichen 6,0-Liter-W12 vergleicht, wird enttäuscht sein. Naturgemäß kann der V6 in diesen Disziplinen nicht mithalten.

Die 22-Zoll-Felgen sind Teil der Mulliner Driving Specification. Serie sind 21-Zoll.
Bild: Jan Götze / AUTO BILD
Dafür hat der Bentayga Hybrid andere Stärken. Beispielsweise die kombinierte Reichweite, die die Briten mit bis zu 693 Kilometern angeben – und das, obwohl der Benzintank mit 75 Liter Volumen kleiner ausfällt als bei den V8-/W12-Versionen, die 85 Liter schlucken. Dass der angegebene kombinierte Verbrauch von 3,3 Litern auf 100 Kilometer illusorisch und in der realen Welt nicht zu erreichen ist, dürfte den meisten Plug-in-Hybrid-Besitzern klar sein. Denn sobald der Akku erst mal leer ist, wird zusätzlicher Ballast umhergefahren. Doch der Verbrauch des über 2,6 Tonnen schweren Luxus-SUVs hat mich dennoch positiv überrascht. Während meiner Zeit mit dem Bentayga hat der V6 11,8 Liter auf 100 Kilometer verbraucht. Dass dieser Wert nicht fernab der Realität liegt, beweist der Langzeitspeicher, der 12,2 Liter pro 100 Kilometer errechnet hat.
Testwagenpreis Bentley Bentayga Hybrid: 260.965 Euro
Der Vollständigkeit halber muss angemerkt werden, dass Kunden, die mindestens 197.800 Euro für einen Bentayga Hybrid ausgeben, vermutlich nicht ganz genau auf die Nachkommastelle beim Verbrauch achten. Unser Testwagen hatte zu allem Überfluss Extras im Wert von knapp 60.000 Euro an Bord, sodass sich der Listenpreis inklusive Überführungskosten auf beachtliche 260.965 Euro belief. Dafür dürfte es alternativ übrigens auch den Bentayga V8 mit 550 PS geben – zumindest noch!
Fazit
Der Bentley Bentayga Hybrid ist ein beeindruckendes SUV. Das liegt vor allem an der opulenten Optik und dem luxuriösen Innenraum. Die Kombination aus V6 und Elektromotor ist aus anderen Konzern-Modellen bekannt und passt besser als erwartet zum komfortablen Bentayga. Mein Highlight: das lautlose Anfahren und die damit verbundenen ungläubigen Blicke der Passanten. Der Preis von über einer Viertelmillion Euro für unseren Testwagen ist allerdings heftig, zumal es den gleichen Antrieb im Audi Q8 60 TFSI e schon ab 95.200 Euro gibt.
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