Der spannendste BMW des Jahres? Nicht der Hybrid-Sportler i8 (der bleibt ein Exot), auch nicht das 4er Gran Coupé (vielleicht auch). Die spannendste Neuheit ist der 2er Active Tourer, weil er so ungewohnt aussieht und die BMW-Gemeinde spalten kann: Ist das noch ein echter BMW? Ein Van aus München, dazu noch mit Vorderradantrieb? Lange waren wir nicht mehr so gespannt auf die erste Fahrt mit einem neuen Auto, nun lautet die klare Antwort: Jein! Sorry, besser geht's nicht, denn der Active Tourer ist ein Gratwanderer, wie man leicht schon am Design ablesen kann. Seine Schokoladenseite ist schräg von vorn, da sind Markenzeichen wie die BMW-Niere und die Doppelscheinwerfer gelungen integriert in die ansteigende Keilform. Die Kehrseite folgt hinten, wo trotz aller Kniffe und Falten entweder das große Gähnen oder eine kleine Kia-Nähe ausbricht. Aber das ist Van-Schicksal, das kommt davon, wenn man sein Dach 1,56 Meter hoch trägt.

Der Golf gibt die rollende Wellness-Oase

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Video: BMW 2er Active Tourer im Test

BMW-Van im ersten Vergleich

Erst im Vergleich mit dem Golf Sportsvan und der Mercedes B-Klasse wirkt der 2er dynamischer, weil er starke Schultern zeigt und die Fenster nach oben einzieht, wo die Konkurrenz auf den nutzorientierten Kastenlook setzt. Dabei sind sie fast auf den Zentimeter genauso groß, so gesehen ist den BMW-Designern ein angenehm eigenständiger Look gelungen. Eingefleischte BMW-Markenfreunde dürfen sich beim Einstieg in den Active Tourer gleich heimisch fühlen. Wie beim 3er muss sich der Fahrer um die weit vorn stehende B-Säule einfädeln. Warum eigentlich, denn im 2er ist der Motor doch quer eingebaut, was mehr Platz verspricht? Wie ein bequemer Einstieg aussieht, zeigt der VW: große Türen, weit öffnend. Der Sportsvan spielt die rollende Wellness-Oase. Sein tief liegendes, sachliches Cockpit weicht zurück, statt den Piloten einzumauern wie im BMW. Der sieht zudem rückwärts schlechter durch das schmale Heckfenster, da sind mindestens Parkpieper fällig. Der VW könnte ohne auskommen, hat sie trotzdem serienmäßig.
Seine Van-Pflichten erfüllt der Active Tourer ordentlich: Wer aus einem 3er Touring umsteigt, wird in diesem Kofferraum (468 bis 1510 Liter) nichts vermissen. Nicht mal die automatisch öffnende Heckklappe für 450 Euro extra, die VW und Mercedes gar nicht erst bieten. Regelrecht neidisch werden die 3er-Umsteiger auf die geräumige Rückbank des Neulings. Wie kommt bloß so viel Platz hier rein? Gefühlt bietet der BMW genauso viel Raum wie die Mercedes B-Klasse, die zigtausendfach als Taxi herumfährt. Nicht, dass der 2er nun in Elfenbein auftaucht, denn der Traum-Fond lockt im Golf Sportsvan, wo selbst Riesen lässig die Beine übereinanderschlagen. Nur im VW rutscht die Rückbank serienmäßig vor oder zurück, die großen Seitenscheiben verschwinden beim Öffnen ganz in den Türen. So was mögen Kinder genauso wie Omas. Es steckt am meisten Van im Sportsvan, wie der Name schon sagt.

Breite Sessel, komfortable Federung: Der B 200 mag's gemütlich

Mercedes B-Klasse
Der kernig laute CDI der B-Klasse kommt beim Anfahren nicht so recht aus dem Quark. Und auch die Automatik mag es eher gelassen.
Zur ersten Fahrt hat AUTO BILD die beliebten Diesel versammelt, die auf dem Papier zunächst nahe beieinanderliegen: zwei Liter Hubraum, 150 PS und Handschalter. Nur der Mercedes rangiert mit 136 PS leicht darunter, fährt als Einziger mit Automatik vor, die seinen Charakter unterstreicht. Es geht gemütlicher zu im B 200. Erst kommt der kernig laute CDI beim Anfahren nicht so recht aus dem Quark. Dann die Automatik – wer es flott mag, erntet Hektik, also ist Gelassenheit gefragt. Das gilt auch für die sehr leichtgängige Lenkung, die viel Kurbeln verlangt (3,1 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag). Besser, man lässt sie rollen. Auf der Autobahn fühlt sich die B-Klasse am wohlsten. Dort verwöhnen die breiten Fernsehsessel, der stoische Geradeauslauf und die sanfte, komfortable Federung, die sich nur an Querrillen verschluckt. Unter allen kompakten Sternen, von der A-Klasse bis zum GLA, ist die B-Klasse noch am meisten ein Mercedes vom alten Schlag. Komfortabel, knorrig und teuer.
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Da mag es der Sportsvan flotter. Sein TDI dreht gleichmäßig bis über 5000 Touren, die Lenkung ist direkter übersetzt, und als Einziger bietet der VW das Chamäleon unter den Fahrwerken: Die variable Dämpferverstellung DCC für 1000 Euro extra schaltet blitzschnell in vier Stufen von Kurvenkratzer auf Sänfte. Das DCC bringt der Sportsvan vom Golf mit, genau wie die Armada von Assistenzsystemen und die Radio-Bedienung per Touchscreen. Was in dieser perfekten, bisweilen aber auch recht sterilen Welt gefehlt hat, das liefert jetzt der Active Tourer nach: den Schuss Pfeffer, das sportliche Etwas (jawohl, im Raumauto), das kleine bisschen Abenteuer nicht nur für den Papi. Also, Gang rein, hoppla, angenehm kurzer Schaltweg, die Kupplung kommt, und dann die Sinne eingeschaltet. Schon die erste Kurve erinnert intuitiv an den neuen Mini, so direkt und zackig lenkt der Active Tourer ein. Fast schon zu direkt, auf Autobahnen kann das nervöse Korrigieren manchmal stören, aber diese Lenkung gibt den Takt vor. Die festen Sportsitze schrauben den Hintern fest, zwicken dafür gnadenlos ins Hüftgold. Die Federung spricht fein an, schluckt trotz der kurzen Federwege erstaunlich viel weg und erlaubt in flotten Kurven nur wenig Seitenneigung.

Der Active Tourer hat viel vom Handling-Champion Ford C-Max

BMW 225i Active Tourer
Ende September 2014 kommt der Active Tourer in den Handel – auch schon als 225i mit 231 PS.
Womit wir beim Kernpunkt wären: dem Vorderradantrieb. Da hat Mercedes seit der A-Klasse viel Lehrgeld bezahlt, VW beweist Jahrzehnte der Erfahrung – und der BMW? Startet mit viel Grip auf den Vorderrädern, die 225er-Reifen hatten nach unseren scharfen Serpentinen jedenfalls ordentlich Stressfalten. Wir protokollieren: schöne Seitenführung, kaum Scharren der Gummis und wenig Zerren im Lenkrad, weil vorher die Elektronik eingreift. In diesem Active Tourer steckt viel vom Ford C-Max, dem aktuellen Handling-Champion seiner Klasse. Und bevor die BMW-Fans jetzt nach Oberammergau pilgern: Freunde, das ist ein Kompliment! Zugegeben, in nassen Kurven kratzt das entlastete Vorderrad, und die hohe Fuhre schiebt nach außen, aber die Physik kann selbst München nicht außer Kraft setzen. Mehr Gewicht plus höherer Schwerpunkt ergeben im Resultat sicher keinen Einser, sondern nur das sportlichste Auto seiner Klasse. Dem traut BMW einiges zu. Dafür sprechen erstens happige Preise, die nicht zur luschigen Qualität passen: Türen sind schief eingepasst, Plastikteile schlecht entgratet. Zweitens die Leistung. Schon zum Verkaufsstart Ende September 2014 kommt der Active Tourer 225i als verkappter GTI mit 231 PS, zum Jahresende folgt die Allradvariante, die noch mehr Power verträgt. Die M-Version zeigt, was optisch geht, das motorische Schmalz wird nachgereicht. Die Messlatte des Mercedes GLA mit 360 PS lässt München sicherlich keine Ruhe. Auch in dieser Beziehung ist der neue 2er ein echter BMW.

Bildergalerie

Mercedes B 200 CDI, VW Golf Sportsvan, BMW 2er Active Tourer
2er Active Tourer und Konkurrenz im Test
BMW 218D Active Tourer
Kamera
BMW 2er Active Tourer und Konkurrenten im Test



Fazit

von

Joachim Staat
So viel Dynamik ist neu unter den Papamobilen. Der Active Tourer wird die Langweiler-Liga aufmischen. Die Bayern holen das Beste aus dem Frontantrieb, hohe Preise und kleine Schwächen ärgern jedoch. Diesen BMW nehmen auch SUV-Freunde ins Visier.

Von

Joachim Staat