Ford F-150 Lightning: Elektro-Pick-up, erste Mitfahrt
What the truck: Im vollelektrischen Ford F-150 durch Detroit
Mitfahrt im Ford F-150 Lightning
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Kaum zu glauben, aber wahr: Der amerikanische Pick-up-Bestseller wird vollelektrisch. Exklusive Mitfahrt im Ford F-150 Lightning.
Bild: Ford
Die Revolution kommt in klassischem Gewand. Niemand bemerkt sie so richtig, hier auf dem State Highway 12, der achtspurigen Schnellstraße, die von Dearborn nach Detroit führt. Links und rechts von mir, vor uns und im Rückspiegel: Pick-up-Trucks, die alle auf den ersten Blick so aussehen wie der, in dem ich gerade sitze. Und doch ist der Prototyp dieses Ford F-150 Lightning, in dem ich heute als erster Europäer mitfahren darf und der 2022 auf den Markt kommt, der Beginn einer neuen Ära. Der Ära der rein elektrischen Pick-ups. (Wichtige Tipps für den Neuwagenkauf im Internet).
Beschleunigungsvermögen auf Sportwagen-Niveau

Beeindruckend: Trotz seiner drei Tonnen Gewicht ist der Lightning in 4,5 Sekunden auf Tempo 100.
Bild: Ford Motor Company
Linda Zhang, die Technik-Chefin des F-150 Lightning, beschleunigt den Truck in drei Sekunden von Tempo 60 auf 115 km/h und fragt rhetorisch: "Und, wie fühlt sich das an?" Und ich denke: Ja, ich kenne die Beschleunigung, dieses Drehmoment, von vielen anderen E-Autos. Aber das hier ist anders, neu. In den Sitz eines Trucks gedrückt zu werden, das kenne ich noch nicht. Sechs Meter lang ist dieser Pick-up, drei Tonnen schwer – und dann diese Leichtigkeit, diese gefühlte Schwerelosigkeit. Der Prototyp der Topversion, in dem ich sitze, hat 563 PS und über 1000 Nm. Und null lokale Emissionen. Linda tritt das Pedal weiter durch, und ich denke nur: What the truck? Seit 44 Jahren ist Fords F-Serie Amerikas meistverkauftes Auto. Rund eine Million Trucks der F-Serie werden jährlich neu verkauft. Der F-150 passt mit rund 30.000 Dollar auch für Normalverdiener.
F-150 kann auch Strom einspeisen

Mit der großen Batterie kann der F-150 Lightning ein Einfamilienhaus drei Tage lang mit Strom versorgen.
Bild: Ford Motor Company
Als Arbeitsgerät für Farmer und Handwerker konzipiert, ist er zum Lifestyle-Modell der Großstädter geworden. Entsprechend nobel geht es schon im Inneren der Pick-ups zu. Mit einem Schlauch den Matsch aus der Fahrerkabine spritzen – macht längst niemand mehr. Im Lightning erst recht nicht. Denn der Arbeitsplatz der neuen "Öko-Bauern" ist Hightech der neuesten Generation. Fahrassistenten bis zum Abwinken, ein riesiger Berührbildschirm, auf dem der Fahrer nicht nur die Ladung per Kamera kontrollieren kann, sondern auch ihr Gewicht aufs Kilo genau messen. Vier Fahrmodi sind ebenso Standard wie die umklappbare Mittelkonsole, die Platz für einen Laptop bietet. Eines der wichtigsten Verkaufsargumente ist aber das bidirektionale Laden.
Womit wir beim Aufladen des Akkus wären – und damit dem tiefsten Schlagloch auf dem Weg, traditionelle Pick-up-Fahrer zum Batterie-Modell zu bewegen. Wird der F-150 Lightning nicht an einen Schnelllader geklemmt (wovon es in den USA noch viel zu wenige gibt), muss er viele Stunden ans Netz, um den Akku wieder für eine Reichweite zwischen 368 und 480 Kilometern zu füllen.
Elektrischer F-150: für Ford Vorteil und Bürde zugleich

Interessantes Detail: Wo sonst der Verbrenner sitzt, gibt es im Lightning satte 400 Liter Stauraum.
Bild: Ford Motor Company
Hier auf dem Highway spüre ich die Schlaglöcher weniger als sonst. Die Topversion hat Einzelradaufhängung statt Starrachse und federt die Unebenheiten so sanft weg, dass ich nicht glaube, in einem Nutzfahrzeug zu sitzen. Und dann sind da ja noch die 400 Liter Stauraum unter der riesigen Haube. Der elektrische F-150 ist für Ford Vorteil und Bürde zugleich. Das riesige Vertrauen und das Ansehen können schnell enttäuscht werden. Da hat es die neue Konkurrenz leichter: Tesla kommt mit dem Cybertruck, Rivian mit dem R1T. Dazu wird auch Hummer von GM eine reine E-Marke. Ford sieht das gelassen. Der Tesla sei zu groß, der Hummer zu teuer und Rivian zu unerfahren. Vom F-150 Lightning seien schon mehr als 100.000 Stück mit Anzahlung bestellt. Der Einstiegspreis entspricht nach Abzug der Förderung dem eines Verbrenner-F-150. Der Preis der Topversion etwa dem des Tesla Model S.
Komplett scheint Ford seinen alten Kunden die Revolution aber nicht zumuten zu wollen. Linda Zhang verrät, dass es in der Serienversion ein zuschaltbares künstliches Geräusch geben wird. Den Sound eines guten alten V8.
Das Fazit: Die Mitfahrt war eine ganz neue E-Erfahrung. Schwer beeindruckend. Dieser Truck kann ein großer Schub für die E-Mobilität werden – in Amerika. Bei uns nur ein bisschen.
Technische Daten Ford F-150 Lightning (2022) • Motor: je ein E-Motor vorn/hinten • Leistung: 318 kW (426 PS) bis 420 kW (563 PS) • max. Drehmoment: 1050 Nm • Antrieb: Allrad • Akkukapazität: k. A. • Reichweite: 368 bis 480 km • Ladezeit: 8 bis 10 Stunden (15 auf 100 Prozent); Schnellladen: 44 min. (15 auf 80 Prozent) • Länge/Breite/Höhe: 5911/2030/2004 mm • Leergewicht: 2950 kg • Nutzlast: 816 bis 907 kg • Anhängelast: 3,5 bis 4,5 t • Ladevolumen: 1895 l + 400 l • 0-100 km/h: 4,5 s • Preis von 39.974 bis 90.474 US-Dollar.
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