Gerade erst hat der Kia Ceed den VW Golf geschlagen. Nun will der neue Ford Focus ebenfalls vorbei. Erleben wir den Wachwechsel?
Erst seit wenigen Tagen kannst du in den Verkaufsräumen der Ford-Händler prüfend gegen den Vorderreifen eines völlig neuen Focus treten. Die Qualität der Ware lässt sich besonders gut einschätzen, wenn wir parallel auch andere Sorten probieren. Im Falle eines Focus wären das der Dauerbrenner VW Golf sowie der Alleskönner Kia Ceed. Letzterer hat schon den Golf geschlagen. Kann so etwas auch dem neuen Focus gelingen? Wir vergleichen die drei wichtigen Kompakten in der mittleren Benzinermotorisierung.
Dem Testwagen mit 125 PS starkem Dreizylinder-Turbomotor scheint Ford mehr zuzutrauen als der Basisvariante, für ihn gibt es nämlich keine satten Preisnachlässe. Heißt: Mindestens 21.700 Euro werden fällig. Das relativiert die Rabattlage und rückt den Ford preislich sehr nah an die beiden Gegner heran. Kia schickt für nur 390 Euro mehr einen Ceed ins Rennen, der als 1.4 T-GDI sogar 15 PS stärker ist. Bei VW kostet ein fünftüriger Golf mit 130 PS (1.5 TSI) ab 24.950 Euro. Mehr Geld – mehr Auto? Nicht wirklich. Zumindest in Sachen Ausstattung geizt VW. Im Kia steckt viel mehr serienmäßig drin, hier gibt es noch einen wertvollen Zusatz obendrauf. Dem Ceed traut das Unternehmen sieben Jahre Haltbarkeit von Motor, Getriebe und Co zu, gibt entsprechend lange Garantie auf das Auto. Pfennigfuchser sind hiermit also aufgeklärt – der Kia gehört in die engere Wahl. Für "Gernefahrer" haben wir dagegen folgenden Tipp: ab ins Ford-Autohaus. Der neue Focus ist die Fahrmaschine in diesem Vergleich. Trotz Leistungs- und Zylindernachteil.
Nur im Focus arbeitet ein Dreizylinder
Durstig: Der eigentlich sparsame Dreizylinder gönnt sich sieben Liter, wenn man ihn ein wenig fordert.
Ein relativ mickriger Dreizylinder muss sich gegen die erwachsenen Aggregate von Kia und VW behaupten. Das macht er aber einigermaßen erfolgreich. Der Focus rennt kaum langsamer, dafür auch bei höheren Drehzahlen angenehm sanft in Ton und Mechanik. Schade: Man möchte ihn am liebsten immer oberhalb von 2000 Touren arbeiten lassen, denn unterhalb dieser Grenze brummt und dröhnt er unangenehm. Das jedoch verschlechtert die ohnehin unglückliche Verbrauchsbilanz. Der schwächere, kleinere und im Grunde hochmodernere Dreizylinder (mit Zylinderabschaltung) nuckelt unerwartet gierig am Sprittank, trinkt fast sieben Liter. Ebenfalls nicht optimal: Die fein geführte und leichtgängige Schaltung mit kurzen Wegen trifft auf eine diffus einrückende und kräftezehrend schwergängige Kupplung. Geschmeidiges Anfahren in Verbindung mit dem an Schwungmasse armen Dreizylinder wird so zur Geduldsprobe.
Das gilt auch für Fahrten auf geflickten Oberflächen. Der Ford rollt hier mit seinen (bis zu 2,9 Bar Druck) hart befüllten Reifen sehr prall, federt als ST Line mit Sportfahrwerk zudem nur unwillig. Erst mit zunehmendem Tempo, sobald sich der Wagen mit seinem ganzen Gewicht in Dämpfung und Co wirft, fühlt sich das Federungsverhalten angenehmer an.
In Fahrt zeigt der Ford seinen sportlichen Charakter
Der Focus in seinem Element: Das Fahrwerk des Kölner Kompakten macht wie gehabt richtig Laune.
Zurück zum Thema Fahrmaschine: Packt der Pilot beherzt in den Lenkradkranz, bereitet der Ford sofort mächtig Laune. Innig mit der Straße verbunden, stramm über die Querlenker geführt und dank sauberer Lenkung wieselt der Focus wie eh und je herrlich fahraktiv um die Ecken. Die erstklassige Leistung in der Bremswegprüfung passt bestens zum sportlichen Charakter. Klasse: Beim Ausweichen zeigt sich der Ford extrem trittsicher und beherrschbar. Fahrwerk top, ESP hellwach – so sollten moderne Autos auf abrupte Kurskorrekturen immer reagieren. Moderne Modelle sollten jedoch auch besseren Sitzkomfort bieten. Die Auflagen sind dünn, die Seitenwangen eher optisch ausgeprägt – so fühlt sich das zu halbherzig an. Außerdem kostet das Panoramadach wertvollen Platz im Fond. Bereits Personen um 1,75 Meter Körpergröße müssen den Kopf schief legen, wenn sie aufrecht sitzen wollen.
Die Details zu Golf und Ceed finden Sie in der Bildergalerie.
Das beste Auto ist wie gehabt und gewohnt der Golf. Aber er kostet auch am meisten. So kann der Kia gleichziehen. Ford baut einen agilen Kompakten – mit Schwächen in der Feinabstimmung.