Kia Carens 1.7 CRDi Spirit: 150.000-Kilometer-Dauertest
Ein rostiger Held der Arbeit
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Der Carens lief 150.000 Kilometer, denn so lange reicht Kias Garantie. Ein modernes Versprechen, doch bei dem Van kehrte ein altes Übel zurück.
Die Eins verpflichtet. Wer in unserer Hitliste ganz oben steht, wer mit dem Sportage den fast fehlerfreien Dauertest hingelegt hat, der weckt höchste Erwartungen. Würde als nächster Kia auch der Carens die Note "Eins" einfahren? Klare Antwort: Nein. Der Van hat – zumindest gemessen an seinen Markenbrüdern – enttäuscht. Schon im Zwischenbericht nach den üblichen 100.000 Kilometern hatte der Carens nur eine Drei plus erzielt: Parksensoren und ein Radlager defekt, einmal Starthilfe – von wegen Einser-Kandidat. Da die Koreaner ihre extralange Garantie geben, haben wir den Test auf die versprochenen 150.000 Kilometer verlängert. Erst dann folgte die Zerlegung, wobei ein unerwartetes Problem ans Tageslicht kam: Rost im Heckklappenausschnitt. Rost! Bei einem Koreaner! Dunkle Flecken auf der weißen Weste der Qualitätsmeister.
Die Sympathie stimmt – die Langzeitqualität leider nicht
Pluspunkt fürs Transport-Talent: Es gab nichts, was der Carens mit seinen 1694 Liter Kofferraum im praktischen Format nicht packte.
Wie konnte das passieren? "Oberflächlich", beteuert der Hersteller. Auch im AUTO BILD-Kummerkasten gibt es keine Leserklagen über Korrosion. Dabei war der Rostbefall am Testwagen so stark, dass er schon bei einer Zerlegung nach 100.000 Kilometern aufgefallen wäre. Zugegeben, der Carens trat die zusätzlichen 50.000 Kilometer sichtbar lädiert an. Zahlreiche Dienstreisen hatten da bereits ihre Spuren hinterlassen, hatten eine Sitzwange angescheuert, Dichtleisten eingerissen. Auch Rostansätze an den vorderen Crashboxen waren bereits sichtbar. An der grundsätzlichen Sympathie für den siebensitzigen Alleskönner hatte sich wenig geändert: "Der Carens erledigt alles, was man von ihm erwarten darf", notierte Redakteur Frank B. Meyer im Fahrtenbuch. "Er ist geräumig, leicht zu bedienen und variabel mit seinen schnell umgelegten Sitzen und der ebenen Ladefläche." Nichts, was dieser Kia mit seinen 1694 Liter Kofferraum im praktischen Format nicht packte. Nach vorne seitlich stehen aber die schrägen Dachsäulen im Sichtfeld, dafür entschädigen ein wenig die Außenspiegel im Format von Dumbo-Ohren. Aber warum piepten die Parkwarner sogar dann, wenn gar kein Hindernis im Weg stand? Zweimal mussten defekte Sensoren ausgetauscht werden – Eigenverschulden, so die Werkstatt. Also zahlte AUTO BILD!
Womit wir bei den kleinen Ärgernissen im Alltag wären. Schön, wenn die Ledersitze mit ihrer Lüftung effektiv kühlen, dafür wurden sie im Winter trotz ihrer dreistufigen Heizung zu langsam warm. Der Multimedia-Monitor leuchtet nachts zu hell, das Touchpad reagiert auf Fingertipps ebenso träge wie das Navisystem auf eine veränderte Verkehrslage. Dem Beifahrersitz fehlt trotz der umfangreichen Spirit-Ausstattung eine Höhenverstellung, die Scheibenwischer heben bei schneller Fahrt ab. Und Volltanken wird jedes Mal zum Geduldsspiel: Die meisten Zapfpistolen schalten schon ab, wenn mit geduldigem Klicken noch bis zu 15 Liter in den Tank hineinpassen. Ein altes Leiden bei Kia und Hyundai ...
Sportlichkeit ist keine Tugend des Carens, er lässt es lieber ruhig angehen. In der Stadt nervt er zudem mit seinem ausgeprägten Turboloch.
Sosehr der Carens von der Seite dem BMW 2er Active Tourer ähnelt, sowenig ist der Kia ein Dynamiker. Die Lenkung will entspannen statt anspornen, seine 17-Zoll-Räder sehen nur sportlich aus, rumpeln und poltern dafür lautstark in Löcher hinein und laufen jeder Spurrille nach. Am besten machte sich das Reiseauto beim Kilometerfressen, dann spielte auch der 1.7 CRDi den flotten, laufruhigen und sparsamen Begleiter. In der Stadt dagegen nervte "das ausgeprägte Turboloch alter Schule: erst nichts, nichts, dann rums" (so Mitarbeiter Peter Michaely). Und das Start-Stopp-System bestrafte Hektiker, die an der Ampel zu flott einkuppeln, mit einem abgestorbenen Motor. Also immer schön langsam, schön ruhig. Das tat auch der Schaltung gut, die mit zunehmender Testdauer an Präzision nachließ. Ab rund 120.000 Kilometern verlangte das Einlegen des zweiten Gangs schon einen ordentlichen Nach-Drrruck. Ursache? Außer etwas Spiel in der Schaltübertragung haben wir am Getriebe selbst sowie an der Kupplung nichts gefunden.
Kias Sieben-Jahres-Versprechen lässt Raum für Interpretation
Stattdessen außer Rost am Heck noch einige andere Schwachpunkte: blanke Stellen an der Karosserie, weil Radhausschalen scheuerten, oder den ölverschwitzten Ventildeckeln – da hatte ein O-Ring am Nockenwellensensor nicht dicht gehalten. Was genau deckt Kias Sieben-Jahres-Versprechen nun ab? Verschleißteile sind ausgenommen. Bei den defekten Parksensoren entschied die Werkstatt: Unfallschaden. Wie gesagt: AUTO BILD zahlte. Voreilig, wie wir jetzt wissen, denn wir hätten auf Garantie bestehen müssen, ebenso beim defekten Radlager. Die 458,59 Euro, die beides zusammen kostete, hätten auch bei anderen Marken das Konto belastet, aber von Kia erwartet man mehr. Und vor allem eine Zuverlässigkeit, die der tolle Sportage und der cee'd nachgewiesen haben. Hier enttäuschte das Familienauto Carens.
In der Bildergalerie erfahren Sie, was während des Tests und bei der Demontage des Testwagens nach Erreichen der 150.000 Kilometer außerdem aufgefallen ist. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt es im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.
Fazit
von
Manfred Klangwald
150.000 Kilometer Garantie – was ist die wert? Die Technik des Carens ist grundsätzlich zuverlässig. Allerdings hatte der Van mehr Defekte als andere Kia-Dauertester zuvor, zudem wurden sie teilweise nicht von der Garantie abgedeckt. Überrascht hat uns der Rost an der Heckklappe. Ob die Modellpflege der Koreaner ausreicht, muss sich erst zeigen.