Kuppeln und schalten. Beides musste man schon bei den kutschenartigen Schnauferln um 1900. In Europa kuppelt und schaltet die Mehrheit der Autofahrer immer noch, in den USA seit der Nachkriegszeit nur noch die Minderheit. Woher kommt der Unterschied? In Europa wurden große und damit starke Motoren traditionell steuerlich abgestraft. Solche brauchte man aber, um mit den kraftfressenden Automaten von damals noch halbwegs flott fahren zu können. In Amerika gab es dagegen nie eine Hubraumsteuer, und deshalb wurden große Motoren frühzeitig zum Standard. Und heute? Die Techniker feilen an den Automatikgetrieben, um deren Wirkungsgradverluste einzudämmen. Trotzdem: Auch heute verbraucht das Automatikauto mehr Kraftstoff als die optimal bediente Schaltversion. Wenn ein Hersteller per Normverbrauchsvergleich das Gegenteil erzählt, so lügt er nicht. Aber er verschweigt, dass bei der EU-Normmessung die Automatikversion bevorzugt wird. Diese darf nämlich schalten, wie sie will, während der Schalter im Zyklus unsinnigerweise häufig in kleinen Gängen gefahren werden muss. Ergebnis: höhere Drehzahlen, höherer Verbrauch.

VW setzt beim Tiguan auf einen Turbo als Dampfmacher

VW Tiguan 2.0 TSI
Unser Vergleichstest ist auch ein Vergleich der verschiedenen Systeme für Motor und Antrieb. Komfortabel, spritzig und sparsam wollen sowohl Land Rover und Nissan als auch VW sein. Der Weg zu diesen Zielen ist aber unterschiedlich. Auf den ersten Blick technisch ähnlich erscheinen Land Rover und VW. Beide hängen an ihre quer eingebauten Motoren eine konventionelle Wandlergetriebeautomatik mit sechs Stufen. Gegenüber einem Schaltwagen ersetzt dabei der Drehmomentwandler per Ölströmung die mechanische Reibkupplung des Schaltgetriebes. Reibungslos und sehr komfortabel, aber mit erschütterndem Wirkungsgradverlust. Also lindert man diese Verluste, indem bei höheren Geschwindigkeiten eine mechanische Wandlerüberbrückungskupplung ihrem Namen Ehre macht, die den teuren Wandler möglichst häufig arbeitslos schaltet. Große Unterschiede finden sich bei Land Rover und VW dagegen beim Motor: Der stämmig auftretende Brite trägt einen 3,2 Liter großen Reihensechszylinder der einstigen Konzernschwester Volvo quer unter der Haube, der 233 PS leistet.

Ganz anderes der VW Tiguan: Er bescheidet sich mit einem kleinen Zweiliter-Vierzylinder, der jedoch per Abgasturbolader auf exakt 200 PS gepusht wird. Wiederum ganz anders macht es der Dritte im Bunde. Der Nissan X-Trail nutzt wie der VW einen Vierzylindermotor, verzichtet aber auf die Kraftspritze durch Turboaufladung und bietet stattdessen mit 2,5 einen halben Liter mehr Hubraum, mit dem Ergebnis von 169 PS. Um Sprit zu sparen, tritt der vergleichsweise leichtgewichtige Nissan überdies mit einer ganz anderen Automatikkonstruktion an. Statt Wandler und sechsstufigem Planetengetriebe finden sich bei ihm eine elektromagnetische Anfahrkupplung und ein stufenloses Stahlgliederbandgetriebe.

Der Freelander hat den höchsten Grundpreis und die beste Ausstattung

Land Rover Freelander 3.2 i6
38.000 Euro verlangt Land Rover für den Freelander 3.2 i6. Auf den ersten Blick sind das erschreckende 7500 Euro über dem Grundpreis des VW Tiguan 2.0 TSI. Doch die Rechnung relativiert sich, denn der Engländer hat viel, was beim VW extra geordert werden muss: Automatikgetriebe, 17-Zoll-Räder, Klimaautomatik, Notrad, Tempomat, Nebelscheinwerfer. So schrumpft der Preisnachteil des Land Rover von 7500 auf 4500 Euro. Aber damit hören die Kostennachteile des Land Rover nicht auf. Denn zum einen verlangen die Versicherungen rund 28 Prozent höhere Prämien als bei VW und Nissan, zum anderen belasten auch Kfz-Steuer und die jährlich vorgeschriebene Wartung das Budget. Dazu kommt der deutlich höhere Benzinverbrauch des Land Rover. Der üppige Sechszylinder ist zwar alles andere als ein Säufer, verbraucht aber dennoch stets mindestens einen Liter/100 km mehr als die Konkurrenten mit ihren Vierzylindermotoren. Hat denn der Land Rover nur Nachteile? Im Kostenkapitel schon, aber wer ihn sich leisten kann, hat viel Grund zur Freude. Auch der gescholtene Motor trägt dazu bei.
Denn der Reihensechszylinder klingt nicht nur rauchig-kraftvoll, er zeigt auch Muskeln und tritt bei jeder Drehzahl souverän an. Dabei arbeitet er mit der serienmäßigen Japan-Automatik sinnvoll und komfortabel zusammen. Der gut funktionierende Manuellmodus lässt dabei auch eigensinnige Fahrweisen zu. Die komfortable Antriebseinheit findet ihre Ergänzung in einem gekonnt komfortabel abgestimmten Fahrwerk, das in diesem Punkt in dieser Fahrzeugklasse Maßstäbe setzt. Besser kann es keiner. Dass der Land Rover in engen Kurven nicht der Agilste ist, nimmt man dabei eher als Charakterzug denn als Schwachpunkt wahr. Auch der licht und stilvoll eingerichtete Innenraum überzeugt, jedenfalls vorn, wo mehr als ausreichend Platz zur Verfügung steht. Im Fond laden ebenso bequeme Polster zum Verweilen ein, doch beschränkt hier der knappe Knieraum den Komfort. Bei schwereren Einsätzen blamiert er sein Stammhaus nicht. 559 Kilogramm Zuladung und zwei Tonnen Anhängelast überzeugen ebenso wie die überdurchschnittliche Geländetauglichkeit. Der wirksame und gut abgestimmte Allradantrieb bringt den Freelander zusammen mit der sehr ordentlichen Bodenfreiheit und der geschickt geformten Karosserie auch auf schwierigen Wegen weit voran. Hier hilft auch der Drehmomentwandler der Automatik, weil er belastende Anfahrmanöver ohne verschleißträchtige Reibarbeit ermöglicht.

Die stufenlose Automatik des Nissan X-Trail ist nicht unproblematisch

Nissan X-Trail 2.5
Genau hier liegt ein Problem des Nissan X-Trail 2.5 mit der stufenlosen Automatik. Solche Getriebe gelten als Wirkungsgradwunder, halten verschärftem Einsatz aber auf Dauer nicht stand. Ein Indiz dafür liefert Nissan selbst: Mit dieser Automatik geben die Japaner nur 1350 Kilogramm Anhängelast frei, die Schaltversion darf dagegen zwei Tonnen ziehen. Auch im Gelände merkt man früh die Grenze der automatischen Anfahrkupplung. Häufiges Anfahren an steileren Anstiegen reduziert die Lebensdauer solcher Kupplungen erheblich. Auch beim Testwagen wurde die Kupplung nach einigen Extremversuchen zunehmend müde, der Nissan steht, wo Land Rover und VW noch munter bergauf ziehen. Auf der Straße hat ein solches Getriebe hingegen Vorteile. Es ermöglicht zusammen mit dem sparsamen Vierzylindermotor und dem geringen Fahrzeuggewicht gute Fahrleistungen bei niedrigem Verbrauch. Der Nissan beschleunigt trotz 64 PS Minderleistung nicht weniger flott als der 334 Kilogramm schwerere Land Rover und verbraucht bei gleicher Fahrweise rund 1,5 Liter/100 km weniger. Im Innerortsverkehr wird der Unterschied noch deutlich größer. Das stufenlose Getriebe agiert damit in fast allen Situationen recht geschickt und lässt den Motor mit niedrigen Drehzahlen ziehen, so weit es geht.
Nur an die seltsame Akustik muss man sich gewöhnen. Denn das Motorgeräusch lässt keinen direkten Rückschluss auf das Tempo zu. Beim Beschleunigen bleibt die Drehzahl nahezu konstant, das Tempo nimmt jedoch zu, weil das Gliederbandgetriebe kontinuierlich die Übersetzung anpasst. Die geschickte Programmierung lässt zudem eine ausreichende Motorbremswirkung zu. Wer es gar nicht lassen will, kann auch einen manuellen Modus anwählen, der Sprünge zwischen sechs festgelegten Übersetzungen ermöglicht. Auch das funktioniert gut, allerdings erst ab Motordrehzahlen oberhalb von 1800 Touren. Komfortables Fahren gelingt jedenfalls mit dem Nissan und dieser Motor-Getriebe-Kombination gut. Einschränkung: Ab 5000 Touren wird der Vierzylinder etwas rau und aufdringlich. Dafür gefällt der Federungskomfort, der nur auf kurzen Unebenheiten dem des Land Rover Freelander etwas unterlegen ist.
Wer den Vergleichstest für sich entscheiden kann, erfahren Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es im Heftarchiv als pdf.

Von

Martin Braun