Weihnachten 1994 lag er unter dem Baum: ein schwarzer Lego-Technic-Sportwagen. Aus genormten Bauteilen entstand so das eigene Traumauto. Ganz ähnlich muss es heute einem VW-Ingenieur ergehen, wenn er aus dem modularen Querbaukasten den Passat zusammensetzt … Doch nun von den Kindheitserinnerungen des Autors zur schwierigen Bruderliebe zwischen Passat und Golf: Gemeinsamkeiten beschränkten sich bislang auf Teile des Antriebsstrangs oder technische Baugruppen im Interieur. Mit der Baureihe B8 soll der Passat ab Herbst eine noch nie da gewesene Gleichteilequote erreichen. Dafür verantwortlich zeichnet VWs modularer Baukasten, auf dem künftig nahezu alle Konzernmodelle mit Quermotoren aufbauen sollen – selbst ein Fünf-Meter-SUV für den US-Markt.

Mehr Platz im Innenraum dank verlängertem Radstand

VW Passat Limousine Illustration
Trotz nahezu identisch gebliebener Außenmaße wächst der Radstand des neuen Passat auf rund 2,80 Meter – der MQB macht's möglich.
Die Vorteile dieser Gleichteilepolitik sind hinlänglich bekannt: Die größere Stückzahl der einzelnen Baugruppen macht die Produktion kostengünstiger, dazu wird das Fahrzeug selbst durch die kompakteren Einzelbauteile leichter und somit sparsamer. Im Innenraum wird es für die Passagiere noch fürstlicher zugehen als bislang, denn der platzsparende Aufbau erlaubt es den Ingenieuren, den Radstand – bei nahezu gleichen Außenmaßen – nochmals um knapp zehn Zentimeter auf nun rund 2800 Millimeter auszudehnen. Damit schlägt der neue Passat selbst den aktuellen Skoda Superb – und wer schon mal in dessen Fond Platz nehmen durfte, weiß, wovon wir sprechen: unendliche Weiten. Kommen wir zur Optik, denn auch wenn technisch beim Passat alles neu ist, so muss der Langstreckenläufer von außen auch in neuer Auflage als das zu erkennen sein, was er nun mal ist: Außendienstlers Lieblingslastesel. Geht es nach unseren ersten Bildern, ist dies hervorragend gelungen.

Der Passat erhält ein stämmigeres Design

Linear strukturierte Klarglasscheinwerfer mit zum VW-Logo hin kippenden Innenkanten zeigen die Verwandtschaft zu Golf und Co, während der markante Grill mit zwei dominanten Chromleisten sowohl die Linienführung innerhalb der Scheinwerfer aufgreift als auch die Front wirkungsvoll in die Breite zieht und somit einen gehobenen Status vermittelt. Auch der Stoßfänger wurde bewusst mit horizontalen Elementen gestaltet, was die stämmige Optik des Passat noch verstärkt. Um diesen Look nicht zu stören, wurden die Nebelscheinwerfer in ein recht kleines, trapezförmiges Gestaltungselement unter den Scheinwerfern eingebettet. Die Seitenlinie wird zwar auch weiterhin von zwei Sicken im Blech dominiert, deren Anordnung lässt die Komposition aber gestreckter und somit weniger klobig wirken. Um diesen Effekt zu erreichen, wurden die Türgriffe auf Höhe der oberen Linie integriert, wodurch sie den seitlichen Fluss weniger stören. Zudem wanderte die untere der beiden Linien einige Zentimeter nach oben. Durch diese Aufteilung wirken die Türen deutlich schlanker als bislang.
VW Passat Variant Illustration
Der zeitgleich zur Limousine erscheinende Variant wird noch geräumiger. 650 Liter regulär, über 1800 bei geklappter Lehne.
Am Heck fällt auf, dass die Limousine – anders als bei US-Passat oder Jetta – weiterhin das Kennzeichen im Stoßfänger trägt. Mit diesem Trick erhält die Heckklappe zwischen den zweigeteilten Rückleuchten eine große Blechfläche, die nur durch eine weitere horizontale Linie sowie das große VW-Logo unterbrochen wird, welches gleichzeitig wieder eine Doppelfunktion als Heckklappenöffner ausübt. Beim Variant sitzt das Kennzeichen dagegen wie bislang in der Klappe, die Aussparung ist diesmal jedoch direkt mit den Rückleuchten verbunden, was der Heckansicht einen eleganteren Touch verleiht. Der praktische Sinn hinter dem Ganzen ist natürlich eine möglichst niedrige Ladekante, über die Gepäck noch einfacher in den Kofferraum gelangt. Dem Gleichen Zweck dient die optional per Fuß aktivierbare automatische Heckklappe. Wo wir schon im Heck des neuen Passat angekommen sind: Der Kofferraum war mit 603 bis 1731 Liter bereits beim Vorgänger nicht von schlechten Eltern. Der Neue soll nun schon in Normalkonfi guration rund 650 Liter schlucken. Mit umgeklappten Rücksitzen liegen über 1800 Liter im Rahmen des Möglichen – das E-Klasse T-Modell von Mercedes bietet nur noch 150 Liter mehr.

Der neue CC bleibt kein Einzelgänger bei VW

Das Lego-Prinzip
Scharf gezeichnete Scheinwerfer und rahmenlose Seitenscheiben grenzen den neuen CC von Limousine und Variant ab.
Eine Sonderstellung nimmt auch künftig der CC ein, dem VW mit dem Nachfolger wohl wieder den Modellnamen zuweist, denn der Passat CC wird nicht der einzige CC im Aufgebot bleiben. Der coupéhafte Tiguan ist bereits beschlossen, ein Golf CC zumindest in der näheren Betrachtung. Ein großes Thema beim B8 ist die Effizienz. Neben der leichteren Bauweise trägt auch die neue, verbrauchsoptimierte Motorengeneration dazu bei, dass im Vergleich zum aktuellen Modell rund 15 Prozent weniger Sprit durch die Einspritzungen fließt. Die Basis bildet die TSI-Allzweckwaffe mit 1,4 Liter Hubraum und wahlweise 125 oder 150 PS. Darüber rangiert der 1800er mit 180 PS, während der domestizierte GTI-Motor mit 220 PS sowie das auf 280 PS gedrosselte Aggregat aus dem Golf R die Speerspitze bilden. Dieselseitig bleibt es bei der Wahl zwischen 1,6 und 2,0 Litern. Der kleine Spardiesel wird dabei im Vergleich zum Golf leistungsmäßig um 10 auf 115 PS aufgestockt, um dem schwereren Passat ähnliche Fahrleistungen zu ermöglichen. Den Zweiliter-Klassiker übernimmt VWs Mittelklasse dagegen mit 150 oder 184 PS eins zu eins aus dem Golf, während das obere Ende der Palette der BiTDI mit 231 PS markiert. Ebenfalls beschlossene Sache ist ein Plug-in-Hybrid, der an die Technologie des Audi A3 e-tron anknüpft, auf dessen 75 elektrische Kilowatt (101 PS) aber noch mal ein Drittel draufgepackt wird. Marktstart ist bereits zur IAA 2015, den normalen Passat sehen wir schon im Herbst 2014.
Alexander Bernt
VW hat seine modularen Baugruppen zu einem harmonischen Ganzen zusammengefügt. Das Schöne daran: Genau wie im Lego-Universum lassen sich diese in einer schier unendlichen Vielfalt kombinieren. Dem Passat tut dies nur gut, denn er wird so in achter Generation noch geräu miger, variabler und effizienter.