Stadt statt Gelände: Die Kompakt-SUV Antara, Captiva, X3, CR-V, Outlander und Compass müssen sich durch den Großstadtdschungel wühlen. Wer ist am Ende der Held des Alltags?
Geländewagen im Großstadtrevier – das heißt Allrad auf Asphalt, Bodenfreiheit für den Boulevard, mit schwerer Kraxel-Technik zum Kindergarten. Das ist doch paradox. Aber äußerst erfolgreich. Das Segment der Alleskönner wächst scheinbar analog zu deren Höhe. Schon deshalb, weil immer mehr Hersteller mit kompakten Ablegern und sparsamen, starken Dieseln auf den Markt drängen. So wie der Opel Antara. Gut vier Monate nach seinem Verkaufsstart in Deutschland kommt der Allradler nun auch mit einem 150 PS starken Selbstzünder in den Handel. Sein Technik-Bruder Chevrolet Captiva war in dieser Klasse etwas früher dran – den 2.0 D mit ebenfalls 150 PS gibt es bereits seit Herbst 2006.
Gelifteter Bayer, frischer Japaner, weichgespülter Ami
Bei Mitsubishi steht der neue Outlander im Schaufenster, als 2.0 DI-D ist er 140 PS stark. Auch Honda hat mit der neuesten Serie des CR-V einen kompakten SUV am Start. Die Version 2.2i-CTDi leistet ebenfalls 140 PS. Jeep bietet trotz Geländetradition inzwischen ebenfalls eine weichgespülte Variante. Der brandneue Ami heißt Compass, leistet als 2.0 CRD 140 PS. Und BMW schickt schließlich den gelifteten X3 2.0d mit 150 PS ins Rennen. Zurück zum Rüsselsheimer SUV. Wobei Rüsselsheim im Grunde falsch ist. Der modern gezeichnete Opel ist eine europäisch-asiatische Entwicklung, wird bei Daewoo in Korea gebaut. Kein Problem, wissen wir doch längst, dass dieser Ursprung kein Geburtsfehler sein muss. Zumal Opel dank der globalen Teiletausch-Politik von Konzernmutter General Motors einen Antara günstig anbieten könnte. Könnte.
Furchtlos dreht der GM-Korea-Antrieb in den roten Bereich
Da es einen CDTI aber nur ab der höherwertigen Ausstattungslinie Edition gibt, wird der Antara leider mindestens 31.561 Euro teuer. Damit überflügelt der Opel den günstigsten SUV in diesem Test – den Jeep Compass 2.0 CRD – um satte 5000 Euro. Immerhin dürfen Opel-Händler ihre Kunden mit einer anständigen Komfort- und Sicherheitsausstattung besänftigen. Neben einer Klimaautomatik bietet der Antara Edition zum Beispiel auch vierfach elektrische Fensterheber, CD-Radio oder sogar eine Hinterachs-Höhenregulierung. Das Opel-typische Niveau in Sachen Sicherheit stützen Details wie sechs Airbags, Bremsassistent und Nebelscheinwerfer. Ein elektronischer Schleuderschutz ESP steckt ebenfalls ab Werk im Antara. Auch der 2.0-CDTI-Vierzylinder des Opel stammt aus Korea. Der Common-Rail-Antrieb rumort etwas vorlaut. Besonders unter Last schwillt das präsente Geräusch an. Immerhin wirkt die Leistungsentfaltung entspannter. Gefühlt ackert sich der Motor emsig durchs Drehzahlband. Bei jedem Schaltvorgang muss der Turbo jedoch etwas Luft schnappen, bevor es schwungvoll weitergeht – hier fehlt schlicht ein sechster Gang. Im Gegensatz zum baugleichen Chevrolet Captiva verkürzten die Opel-Techniker die Gesamtübersetzung. Das angehobene Drehzahlniveau wirkt sich somit zwar positiv auf Sprint- und Durchzugswerte aus. Aber es hat auch einen nachteiligen Effekt für den Verbrauch (plus 0,1 Liter). Dazu kommt: Im letzten Gang ab Tacho 180 dreht der Motor furchtlos in die rote Skala des Drehzahlmessers.
So viel Mut im Grenzbereich legt der Opel beim Fahrverhalten nicht an den Tag. Fast schon übervorsichtig greift das ESP ein, sobald der Antara auch nur einen Hauch über die Vorderräder rutscht. Ausweichmanöver bewältigt der Opel somit bravourös, zum Thema Fahrspaß hat er mit einer derart ängstlichen Philosophie allerdings nichts beizutragen. Dafür hält sich die Seitenneigung in Grenzen, spricht die Lenkung direkt an. Dennoch: Der Antara scheint trotz Rüsselsheimers sportlichem Wunsch-Anspruch auf Cruisen und Reisen eingestellt. Dazu passen die straffe, aber noch passabel schluckende Federung, der variabel erweiterbare Kofferraum, die satte Zuladung. Was dagegen nicht stimmt: die Sitze. Sie sind vorn zu hart gepolstert, geben kaum nach, schmiegen sich nicht an.
Wie das etwas besser geht, zeigt der Chevrolet. Im Prinzip gleichen sich die Vordersitze von Antara und Captiva. Allerdings verzichtet Chevrolet auf eine Lage Füllmaterial. Damit werden die Auflagen weicher. Und trotz kürzerer Auflage deutlich langstreckentauglicher. Weniger zuvorkommend gibt sich der Captiva beim Platzangebot. Durch seine mögliche Konfiguration als Siebensitzer stehen die Sitze enger zusammen, den Passagieren fehlen entscheidende Zentimeter vor den Knien. Weiteren Unmut erzeugen die im Vergleich zum Opel noch verzögerter ansprechende Lenkung sowie die schlechteren Fahrwerte des identischen Zweiliter-Motors. Denn beim Chevy kehrt sich der Effekt der längeren Übersetzung um: Er leidet unter einer deutlich ausgeprägten Anfahrschwäche, er ist insgesamt langsamer – aber aufgrund niedriger Drehzahlen ein Quäntchen sparsamer.
Der BMW X3 setzt sich deutlich ab, vor allem preislich
Nochmals etwas genügsamer, noch ein bisschen flinker – das gilt für den BMW. Der X3 fährt hier wie Opel und Chevrolet mit einem 150 PS starken Motor vor, setzt seine Leistung aufgrund des Sechsganggetriebes aber spürbar besser um. In der gleichen Preisliga spielt der exklusive Bayern-SUV jedoch nicht. Mit 37.400 Euro Grundpreis setzt er sich von allen Kandidaten deutlich ab. Aber er bietet auch eine Menge Auto fürs Geld. Eine tadellose Verarbeitung zum Beispiel, eine umfangreiche Ausstattung, viel Sicherheit, brauchbar Platz, tolle Sitze. Und die typischen BMW-Tugenden spielt ein X3 2.0d ebenfalls aus. Hohe dynamische Qualitäten in Verbindung mit einer direkten Lenkung ergeben die Extraportion Fahrspaß. Die Bremsen verzögern zudem erstklassig, das ESP fährt den BMW in jeder Situation feinfühlig und souverän. Ganz im Gegensatz zum Motor.
Der kernig klingende Vierzylinder zieht seine Kraftvorräte vorrangig aus dem Turbo. Beim Anfahren mischt der Lader aber noch nicht sofort mit – ein wenig verhalten fällt der Vorwärtsdrang beim Ampelstart aus. Dieses Verhalten steht im krassen Gegensatz zur (zu) sportlichen Fahrwerkabstimmung. Steif rollt der X3 über Querfugen, ständig spürbare Vertikalbewegungen der Karosserie nerven auf Dauer. Wer gern weicher getragen reist, aber ähnlich zügig unterwegs sein möchte, findet im Honda den richtigen SUV. Der CR-V federt deutlich kommoder – und beschleunigt dabei sogar schneller als der X3. Der bärenstarke Honda-Motor mit satten 340 Newtonmeter Drehmoment trifft auf ein gut abgestuftes, herrlich leicht zu schaltendes Sechsganggetriebe. Gleichzeitig läuft der i-CTDi kultiviert, nur unter Last macht er sich – wie seine Kollegen – akustisch bemerkbar.
Outlander und Compass: zwei Welten
Auch glänzt der Honda mit praktischem Können. Bis auf die erbärmlich geringe Zuladung bietet er einen alltagsfreundlichen Kofferraum und wohnliches Interieur. Schnell sind die Rücksitze umgelegt, die bequeme Fondbank lässt sich einfach verschieben, die Lehnen verstellen. Passagiere genießen fürstliche Platzverhältnisse und das luftige Raumgefühl. Nicht so schön: das insgesamt hohe Geräuschniveau. Unter Last ist der Motor zwar schön leise, laute Wind- und Abrollgeräusche treten aber in den Vordergrund. Laut ist es auch im Jeep Compass. Aber aus anderen Gründen. Hier macht der Motor die Musik. Chrysler kauft den geräuschvoll nagelnden und brummigen Dieselmotor bei VW – mit bekannten Nachteilen in der Laufkultur: Die Leistungsentfaltung wirkt aufbrausend ungestüm, unterhalb von 2000 Touren ist tote Hose. Dagegen steht: VW hat auch den Vorteil der Pumpe-Düse-Technik mitgeliefert – also die satte Kraft und den niedrigen Verbrauch.
Tatsächlich ist der Jeep der spritzigste und der sparsamste SUV in diesem Vergleich. Mit 7,4 Liter Durchschnitt steigt der Compass in dieser Disziplin ganz entspannt aufs Siegertreppchen. Für das Abschneiden in einer anderen Disziplin würden wir den US-SUV am liebsten aus der Wertung werfen: Es gibt ab Werk keinen Rußfilter, erst der Händler rüstet den für 750 Euro nach. Das bestrafen wir mit zehn Minuspunkten. Da beruhigt uns auch kaum die Tatsache, dass Jeep dem Compass eine vierjährige Garantie inklusive Wartungskosten verpasst. Auch das stark vom ESP regulierte Ausweichverhalten, der störrische Federungskomfort oder die widerspenstige Schaltung gehören zu den Schwächen des Compass.
Der Outlander bietet viel Auto für verhältnismäßig kleines Geld
Dagegen scheint der Mitsubishi aus einer anderen Welt zu stammen. Er leistet sich keine groben Patzer. Bis auf Ausrutscher in der Motor- Bewertung. Denn wie beim Jeep schlägt auch unter seiner Haube ein etwas ungestümes, rumorendes VW-Herz. Immerhin gibt sich der DI-D-Vierzylinder nur unter Last vorlaut. In unseren Messwerten, bei konstanter Fahrt, spiegelt sich der unangenehme subjektive Eindruck nicht wider. Andere Sinneseindrücke sprechen sogar klar für den Outlander. Er federt straffer als der Honda, aber nie unangenehm, zeigt in Ausweichversuchen keine Schwächen. Besonders tauglich wirkt der große SUV in der Praxis. Seine Sitze in Reihe eins stützen gut und sind bequem, in Reihe zwei faltet sich die Bank sogar auf Knopfdruck zusammen, gibt so einen riesigen Kofferraum frei. Zuletzt ist der Outlander auch noch recht sparsam und günstig im Kaufpreis. Viel Auto für verhältnismäßig kleines Geld also – klingt auch irgendwie paradox.
Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jan Horn
Die Japaner zeigen hier, wie die Klasse funktioniert: vielseitig, flott, praktisch im Umgang, brauchbar in der Größe. Mitsubishi macht es dabei einen Tick besser als Honda – gewinnt deshalb diesen Test. BMW wirft trotz aller Dynamik der hohe Preis zurück. Für Chevrolet und Opel bleibt nur die Mitte. Die beiden patzen nirgends richtig – beeindrucken aber auch in keinem Kapitel mit herausragendem Können. Der Jeep landet trotz geringer Kosten und Spatzendurst auf dem letzten Platz: Sein Verarbeitungsniveau ist spürbar schlechter, seine Lasteselqualitäten sind eher mäßig. Den gesamten Vergleich mit allen technischen Daten und Wertungen können Sie hier bequem als PDF herunterladen.