Der Antara schielt auf den BMW X3

Ob das Zufall ist? Fast bis auf den Zentimeter sind beide gleich groß. Nur in der Höhe bietet der Antara etwas mehr (plus drei Zentimeter). Das ist das Maß der neuen "kleinen" SUV-Klasse, die die Japaner schon vor Jahren aufgemacht haben. Mittlerweile sind diese Crossover – eine Kombination aus Kombi, Van und Geländewagen – stark im Kommen. Und der X3 bei uns der Bestseller. Von Januar bis Juni wurden 10.441 Exemplare verkauft – fast 6000 mehr als vom größeren X5. "Wir haben den Anspruch, in dem stark umkämpften Segment eine führende Rolle zu übernehmen", sagt Opel-Marketingchef Alain Visser und möchte mit dem Antara sogar dem noblen X3 Käufer abjagen.

Mit einer Karosserie, die eher schlicht gestaltet ist. Das fein gezeichnete Markengesicht erinnert sofort an Astra & Co: breite Chromstrebe, großer Opel-Blitz, dynamisch nach hinten gezogene Scheinwerfer, fesche Bügelfalte in der Motorhaube. Für den nötigen Schuss Offroad-Gefühl sorgt ein angedeuteter Unterfahrschutz vorn und hinten. Auch die sportlichen Seitenkiemen sind nur Attrappen. Weniger konsequent präsentiert der Antara sein Heck. Kofferraumklappe und die weit in die Seiten reichenden Rückleuchten sind kaum akzentuiert, zeigen keine Ähnlichkeit mit Astra und Zafira. So kann Antaras Rücken nicht entzücken, wirkt eher beliebig. Die Außenspiegel wachsen segelohrig aus den Türen. Nein, hier dürfte sich der Antara gern mehr vom koreanischen Schwestermodell Chevrolet Captiva abheben.

Das neu gestaltete Lenkrad wird es später auch in anderen Modellen geben.
Im Opel sitzt der Fahrer recht hoch. Das ist eines der wichtigsten Argumente für ein SUV. Denn nach vorn ist das Auto sehr gut einzuschätzen. Die Motorhaube liegt komplett im Blickfeld und macht das Einparken einfach. Beim Blick nach hinten stört aber die dicke D-Säule. Der Parkpilot (Serie in der getesteten Cosmo-Ausstattung, sonst 990 Euro im Editionspaket) ist eine sinnvolle Sache. Das neu gestaltete Lenkrad wird später auch in anderen Modellen Einzug halten. Der Rest ähnelt stark der gängigen Opel-Einrichtung. Für Großgewachsene sind allerdings die Schenkelauflagen der Sitze zu kurz. Seitenhalt bieten sie kaum. So thronen Antara-Fahrer sehr aufrecht und auf langen Reisen nicht wirklich entspannt.

Das gelingt im X3 deutlich besser. Er bietet die bequemeren Sitze und die bessere Position hinterm Lenkrad. Im Fond reisen Passagiere im BMW wie im Opel ähnlich unbequem. In beiden Fällen müssen die Beine stark angewinkelt werden, was auf Dauer ermüdend ist. Vorteil Antara: Bei ihm fehlt der lästige Kardantunnel des X3, sodass auch eine dritte Person ausreichend Beinfreiheit auf der Rückbank findet. "Wir haben zwei Jahre lang am Innenraum entwickelt, damit der Antara ein echter Opel wird", erklärt Chefingenieur Chris Pinn. Damit er auch den hauseigenen Duft verströmt, wurden Weichmacher und Kunststoffe ausgetauscht. Ergebnis: So ganz gelungen scheint das nicht.

Der Materialmix aus glänzendem Plastik im Alulook und Holzimitaten wirkt wenig stilsicher. Das Anfassgefühl der Plastiktüröffner und -griffe ist nicht sonderlich hochwertig. Hier wird der koreanische Einfluss spürbar. Verdächtigungen, der Antara sei nur ein getarnter Captiva, tritt Chris Pinn entschieden entgegen: "Eigentlich sind nur die Schweißroboter am Band dieselben." Bleibt die Frage, an welcher Stelle es verpasst wurde, aktuelle Opel-Solidität einzubauen.

Fazit, technische Daten und Ihre Meinung

Immerhin zeigt der Opel bei der ersten Testfahrt ordentliche Geländeeigenschaften. Steile Schotterstraßen in den Alpen meistert er souverän. Nett, aber im Grunde nur für Skiliftbetreiber wichtig: Die Bergabfahrhilfe DCS (Descent Control System) ist serienmäßig an Bord. Auch als Zugpferd für Anhänger (Anhängelast zwei Tonnen) dürfte die Dieselversion – Opel erwartet einen CDTI-Marktanteil von 75 Prozent – gut gerüstet sein. Obwohl der 2,0-Liter-Vierzylinder komplett neu in Korea entwickelt wurde, kann er nicht überzeugen. In Verbindung mit dem Fünfgang-Schaltgetriebe zeigt der 150-PS-Motor eine ausgeprägte Anfahrschwäche. Unter 2000 Touren entwickelt er gar kein Temperament, erst bei 3000/min geht es zur Sache, aber bei gerade mal weiteren 1000 Umdrehungen ist schon wieder Schluss. Bis zum Serienanlauf will Opel noch am Feintuning arbeiten.
Parkpilot empfohlen: Die D-Säule behindert die Sicht beim Rangieren.
Ob das dafür reicht, dass in engen Kurven nicht mehr der erste Gang eingelegt werden muss, darf bezweifelt werden.

Zudem arbeitet die Schaltung unpräziser als bei Astra und Vectra. Bei der gleichvolumigen 127-PS-Dieselversion, die Opel 2007 nachreicht, dürfte die Durchzugsschwäche noch gravierender ausfallen. Auch beim Verbrauch kann das koreanische Common-Rail-Triebwerk keine Marken setzen. Nach 215 Kilometer Autobahnfahrt mit einem Schnitt von 91 km/h zeigt der Bordcomputer einen Verbrauch, der mehr als zwei Liter über der Werksangabe liegt: 9,7 Liter. Kein Säufer, aber leider auch nicht sonderlich wenig und dem X3 2.0d in keinem Fall überlegen.

Natürlich will der Antara dynamisch sein wie der BMW. Sein Fahrwerk findet dafür einen befriedigenden Kompromiss. Es ist sportlich-straff. Gullydeckel und Querfugen pariert es zu hölzern, bei schneller Kurvenfahrt wirkt es trotzdem einen Tick zu weich. Aber damit kann man leben. Insgesamt ist das Auto angenehm handlich. Schließlich hat der Antara einen Quermotor, der bei normaler Fahrt nur die Vorderräder antreibt. Erst bei Schlupf schließt eine elektromagnetisch betätigte Kupplung und leitet bis zu 50 Prozent der Antriebskraft an die Hinterachse. Ein gravierender Unterschied zum Längsmotor-X3, der eine heckbetonte Auslegung bevorzugt. Doch außer bei sehr forscher Gangart wird dieser Philosophie-Unterschied kaum spürbar.

Kraftlos: Unter 2000 Touren kann der Zweiliter-Diesel nicht überzeugen.
Der Antara hat serienmäßig ein Notrad an Bord (BMW: Runflat-Reifen mit Notlaufeigenschaften) und dadurch den kleineren Kofferraum. Dessen Beladung wird durch die extrem hohe Ladekante, die seitlich eingezogene Karosserie sowie große Aussparungen der Radhäuser erschwert. Immerhin 1420 Liter Stauvolumen sind bei flach gelegten 60:40-Rückenlehnen möglich. Optional lassen sich mit dem "Flex-Fix"-Träger Fahrräder und Transportboxen außen am Heck befestigen. Zum Preis: 35.550 Euro kostet der Segmentführer X3 als 150-PS-Diesel. Den vergleichbaren Antara gibt es rund 5000 Euro billiger – eine Menge Geld. Aber ob der Preisunterschied ausreicht, dem X3 das Leben als Bestseller schwer zu machen, darf getrost bezweifelt werden.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan: Der Antara ist eine Bereicherung im SUV-Segment, aber auf den ersten Blick kein Siegertyp. Spontan ist zu spüren: Das ist kein sortenreiner Opel, dies ist irgendein Korea-Import. Es fehlen: Opel-typische Technik-Highlights wie IDS plus oder Kurvenlicht. Vor allem aber: Es fehlt das Opel-Gefühl.