Sie ist die Bibel der Autofahrer: die Straßenverkehrsordnung, kurz StVO. Verantwortlich für die Einführung ist vor 85 Jahren unter anderem SS- und Polizei-Chef Heinrich Himmler. Regeln gab es zwar schon vorher in Form der Reichs-Straßenverkehrs-Ordnung. Aber die ist dem "modernen" Verkehr nun nicht mehr gewachsen – und wird durch neue Regeln abgelöst, von denen manche Jahrzehnte Bestand haben.
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Schon damals geht es um Rücksichtnahme, Tempo, Abstand, Überholen, Abbiegen, um Verkehrszeichen und ums Parken. "Rechts vor links" gilt schon damals. Mit der Ausnahme, dass Kraftfahrzeuge stets Vorfahrt vor anderen Verkehrsteilnehmern ohne Motor haben. Also etwa Fahrradfahrern.
Verkehrszeichen StVO von 1938
Schildertafel der StVO von 1938: Die Polizisten tragen damals noch Tschakos (bis 1968).
Bild: Hersteller

"Hebung der Verkehrszucht"

Vorgeschrieben sind "amtlich geprüfte Rückstrahler" ebenso wie "weiße oder schwach gelbe Laternen" vorn am Wagen. Auch Strafen gibt es natürlich, erläutert in Paragraf 6 unter der Überschrift "Maßnahmen zur Hebung der Verkehrszucht auf den Straßen". Im gruseligsten Behördendeutsch heißt es da: "Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei (...) kann durch allgemeine Anordnungen bestimmen, daß Verkehrsteilnehmer, welche die Verkehrsvorschriften nicht beachtet haben, durch polizeiliche Verfügung besonderen Maßnahmen unterworfen werden."
Verkehrszeichen StVO von 1938
Züge, Motorräder und Autos sind im zeitgenössischem Stil gezeichnet. Was es damals noch nicht gibt: ein Stoppschild.
Bild: Hersteller

Haltzeichen statt Stoppschild

In der ersten Novelle Ende 1938 wird die Einführung des "Halt"-Zeichens beschlossen, einer Art Vorgänger des "Stop"-Schilds. Heute ebenfalls aus der Zeit gefallen wirkt das blaue Schild mit rotem Kreuz. Es wies auf einen "Hilfsposten" hin – das waren Bewohner in Straßennähe, die in Notfällen ihre freiwillige Hilfe anboten. Etwa ihr Telefon zur Verfügung stellten.

Alkohol: Promillegrenze bei 1,5

Die StVO der Bundesrepublik war immer ein Spiegel der Zeit. Ab 1953 wird zwar betrunkenes Fahren verboten. Aber die Grenze liegt bei 1,5 Promille – und bestraft wird auch nur, wer einen Unfall baut. Als die Zahl der Autos auf deutschen Straßen von 500.000 in 1950 auf über zwei Millionen in 1956 anwächst, macht das strengere Regeln erforderlich. Und so wird zum 1. September 1957 innerhalb geschlossener Ortschaften Tempo 50 eingeführt. Heute unvorstellbar: Davor durfte man einige Jahre mit vollem Karacho durch Dörfer und Städte sausen. 

"Böse Verärgerung" wegen Tempo 50

Die Skepsis ist anfangs groß, BILD schreibt, es sei während des Berufsverkehrs "zu unübersehbaren Stauungen und böser Verärgerung" ob der neuen Regelung gekommen. Aber nach wenigen Monaten ist klar: Tempo 50 rettet Leben! (Kommt bald Tempo 30 in diesen 90 Städten und Gemeinden?)
Verkehrserziehung 1971
Ein Polizist erklärt Schülern 1971 die neuen Verkehrsregeln und Schilder.
Bild: ullstein bild - AP

Nazi-Regelwerk gilt bis 1971

Das Regelwerk aus der Nazizeit gilt in Westdeutschland weitgehend unverändert bis 1971. Dann folgt, eingeführt mit großem Tamtam, die neue StVO – mit völlig neuen Verkehrsschildern und Vorschriften. Die werden dringend gebraucht, im Jahr zuvor sind 21.322 Menschen auf bundesdeutschen Straßen ums Leben gekommen – so viele wie nie zuvor und nie danach (2022: ca. 2800).
In der ZDF-Reihe "Das kleine Auto-ABC" werden die neuen Zeichen der Zeit erklärt. Und die Bundespost gibt eigens acht Sondermarken heraus, die "Neue Regeln im Straßenverkehr" zeigen. Eine 5-Pfennig-Marke weist auf das nun vorgeschriebene Blinken beim Überholen hin, eine 10-Pfennig-Marke auf die neue Pflicht, ein Warndreieck mitzuführen.

Erst 1972 kommt Tempo 100 auf Landstraßen

Mit der Einführung des "Stop"-Zeichens passt sich die Bundesrepublik damals endlich internationalen Gepflogenheiten an. Auch die Rettungsgasse wird eingeführt – ist aber auch 50 Jahre später immer noch nicht in allen Köpfen angekommen.
Ab 1972 gilt als weitere Maßnahme auf Landstraßen Tempo 100, ein Jahr später wird die Promillegrenze auf 0,8 gesenkt. Es folgen Richttempo 130 auf Autobahnen (1974), die Helmtragepflicht für Motorradfahrer und Anschnallpflicht im Auto (beides 1976, aber noch jahrelang ohne Strafe) – und 1998 die Absenkung der Promillegrenze auf 0,5.

Bildergalerie

StVO-Novelle 2020: neue Verkehrsschilder
StVO-Novelle 2020: neue Verkehrsschilder
StVO-Novelle 2020: neue Verkehrsschilder
Kamera
StVO-Novelle: neue Verkehrsschilder

Zuletzt wird die StVO umfassend 2020 angepasst – auch mit vielen neuen Schildern. Vor allem geht es dabei um Radfahrer. Es gibt nun etwa die grünen Abbiegepfeile an Ampeln speziell für Radler. Und ein neues Parkplatzschild. Darauf zu sehen: ein Lastenfahrrad.