Das ist mal ein großes Paket! Ein Schlosser aus Hannover hat von der Post mehr als 1000 Streetscooter gekauft. Jetzt will er die ausgemusterten E-Lieferautos verkaufen. Manche haben nicht mal 100 Kilometer auf dem Tacho, andere bis zu 30.000. Für 8990 Euro gibt’s die Kiste von der Post mit frischem TÜV und fahrbereit. "Ab 50 Stück gewähre ich Rabatt", sagt Schlosser Bernd Biank (Foto unten). Und Gewerbekunden erhalten ihn sowieso billiger. Erste Käufer hat der 59-Jährige schon: eine Apotheke, einen Hotelier, einen Friedhofsgärtner – und einen Angelverein, dessen Mitglieder damit zum Fischen fahren wollen.
E-Postauto
Der 20,4-kWh-Akku lädt an der Haushaltssteckdose in sieben Stunden. Der Beifahrersitz ist neu eingebaut.
Bild: Holger Karkheck / AUTO BILD
Verrückt? Die berühmten Paketautos sind praktisch. Die Alubox auf dem hinteren Teil bietet Platz für 4,3 Kubikmeter Ladung. Insgesamt schleppt der Streetscooter 650 Kilo, er kann mit normalem Führerschein gefahren werden, ist bei 80 km/h abgeriegelt. Es gibt eine Heizung, aber keine Klimaanlage. Und ein wildes Sammelsurium deutscher Automobilbautechnik. "Die Handbremse ist vom Polo, die Vorderbremsen sind vom Golf IV, die hinten vom Audi A3", sagt Biank.
Hinweis
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Der Akku (20,4 kWh) im Ex-Post-Flitzer reicht nicht bis Porto, er kommt etwa 80 Kilometer weit. Aufladen an der Haushaltssteckdose dauert etwa sieben Stunden. Biank, der eigentlich Metallzäune und Balkone baut, hat extra drei Leute eingestellt, die die Autos reparieren. "Aus zehn Stück machen wir sieben oder acht fertig."
E-Postauto
Es gibt einen Fahrerairbag, E-Fenster und eine Heizung, aber keine Klimaanlage.
Bild: Holger Karkheck / AUTO BILD
Kurzer Rückblick: Der Streetscooter war 2010 als Start-​​up aus dem Umfeld der RWTH Aachen entstanden. 2014 übernahm die Deutsche Post das Unternehmen. Im April 2016 startete die Serienproduktion. "90 Prozent meiner Fahrzeuge sind aus dem ersten Jahr", sagt Biank. Häuslebauer hätten schon angefragt, ob sie die Akkus nicht als Stromspeicher für die Photovoltaik-Anlage nutzen könnten. So 60 oder 70 Fahrzeuge seien bislang weg, sagt Biank. Den Verkauf an Privatkunden regelt für ihn ein befreundeter Gebrauchtwagenhändler in Garbsen bei Hannover. Die Ersatzteilversorgung sei über Jahre gesichert. Gibt doch genug Autos. Wer Interesse hat: Schauen Sie auf die handgestrickte Internetseite: www.streetscooter-hannover.de. (Tipps zum E-Autokauf)
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Die ausgemusterten Postautos haben zwischen 100 und 30.000 Kilometer auf dem digitalen Tacho.
Bild: Holger Karkheck / AUTO BILD
Und die Post? Will die ihren Elektro-Muli still und heimlich begraben? Ganz im Gegenteil. Die Anzahl der Streetscooter in der Flotte soll von aktuell 15.000 auf 21.500 bis Ende 2022 wachsen. Noch vor wenigen Monaten hieß es, der firmeneigene E-Autobauer werde aufgrund hoher Verluste eingestellt. Zudem mussten im Sommer 2020 rund 12.000 Streetscooter wegen Brandgefahr in die Werkstatt. Erst vor wenigen Tagen sind wieder zwei in einem Post-Depot in Baden-Württemberg ausgebrannt – samt Ladung. Eines seiner Ex-Paketautos hat Biank übrigens für sich behalten. Sein Sohn hat hinten eine Pritsche eingebaut. "Reicht für exakt 32 Kisten Bier", sagt Biank. Bierkutsche statt Postkutsche – wenn das kein Aufstieg ist.

Keine Elektro-Kaufprämie für den Streetscooter

Gibt's für den Streetscooter auch E-Auto-Förderung? Leider nein! Die Autos sind dafür schlicht zu alt und haben teilweise auch zu viele Kilometer auf dem Tacho. Voraussetzung für eine E-Auto-Förderung bei Gebrauchtwagen ist eine Erstzulassung nach dem 4.11.2019. Zudem darf das Auto nicht länger als 12 Monate erstzugelassen gewesen sein, höchstens 15.000 Kilometer auf dem Tacho haben und dafür noch keine Förderung beantragt worden sein.