Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Da sind Kinder fast schulreif und Autos fertig entwickelt. Fünf Jahre lang musste Mercedes nach München schauen und den großen Verkaufserfolg des BMW X3 tatenlos mit anschauen. Jetzt endlich kontert der Stern die Bayern-Attacke mit einem eigenen Kompakt-SUV. Die Schwaben hatten genug Zeit, um den Mercedes GLK deutlich besser zu machen als den X3. Beim Duell der Erzrivalen müsste Mercedes deshalb viele Trümpfe haben. Wer hat beim Kampf ums (Großstadt-)Revier die Nase vorn? Zunächst ein Lob: Die kompakten Abmessungen von X3 und GLK tun dem Auge gut. Sie wirken nicht so klotzig und provozierend wie ihre größeren Brüder X5 und ML. Hier rollen keine Blechgebirge vor, sondern vertretbar proportionierte Vielzweckautos für Freizeit und Familie. Genau genommen handelt es sich bei beiden um höhergelegte Kombis mit Allradantrieb. Ob man den braucht oder nicht, ist freilich zweitrangig.

Der GLK hat eine deutlich markantere Optik als der X3

Bei Kompakt-SUV geht es mehr ums Träumen, um Abenteuer, Freiheit und Offroad-Pisten, die sich vor dem geistigen Auge ins Gebirge schlängeln. Der Mercedes transportiert diese Illusion konsequent. Er ist ein kantiger Typ und liegt stilistisch irgendwo zwischen Camel-Boots und Stuttgarter Staatstheater. Ein Bonsai-GL mit wuchtigem Lamellen-Grill, großem Stern, kantiger Motorhaube und maskulin modellierter Seitenlinie. Keine Frage: Der GLK hat den markanteren Auftritt als der X3. Im Design setzt Mercedes bewusst einen gelungenen Kontrapunkt – nicht nur zum BMW. Der GLK ist schmaler, wirkt aber speziell von hinten betrachtet breiter. Größere Heckscheibe und Rückleuchten sowie eckige Auspuffspitzen links und rechts lassen ihn stämmiger erscheinen. Dabei steht das "K" in seiner Modellbezeichnung zu Recht für kompakt. Bravo: Der Mercedes hat einen halben Meter kleineren Wendekreis als der BMW und innen mehr Platz, obwohl er vier Zentimeter kürzer ist. Gefühlt ist der Raumvorteil zum X3 sogar noch größer, als das Maßband verrät. Auf den Vordersitzen wie im Fond macht der Mercedes den luftigeren Eindruck. Arme, Beine und Kopf finden reichlich Platz. Die bequemen und großen Sitze sowie die hohe Position hinterm Lenkrad sind nahezu perfekt. Ob groß oder klein – hier findet jeder die ideale Einstellung mit erhabenem Ausblick: einer der wichtigsten Gründe für den Erfolg der SUV – vor allem bei Frauen.

Die BMW-Domäne ist auch beim X3 die Dynamik

BMW X3 xDrive 30d
Sofort nach dem Einstieg fühlt der Fahrer sich in einem typischen Mercedes. Hebel, Schalter, Instrumente – das Cockpit ähnelt weitgehend der C-Klasse, hat aber hier durch kantige Formen etwas SUV-Charme. Leider sind die Türfächer zu klein. Noch ärgerlicher: Die Regler der Klimaanlage sitzen so tief, dass ihre Bedienung vom Verkehrsgeschehen ablenkt. Beim Kofferraumvolumen herrscht praktisch Gleichstand. Trotzdem gibt es Unterschiede: Der Mercedes hat einen doppelten Boden. Darunter ist eine tiefe Mulde – ideal für Wanderschuhe, Fahrradhelme und andere Utensilien, die nicht durchs Ladeabteil kullern sollen. Außerdem bildet die GLK-Ladefläche (maximal 1550 Liter) bei umgelegten Lehnen einen ebenen Boden; beim BMW steigt sie stärker an. Materialien und Qualitätseindruck ist bei beiden Autos okay. Mehr nicht – das ist Premium an der Grenze zur gehobenen Massenware.
Was tun gegen den X3? Ein noch sportlicheres SUV bauen? Da es schwer ist, den X3 in der BMW-Domäne Dynamik zu schlagen, bleiben sich die Schwaben ihren Markenwerten treu. Der GLK ist das harmonischer abgestimmte Auto. Vor allem bei langsamer Fahrt über schlechte Straßen rollt er dank adaptiver Stoßdämpfer geschmeidiger ab als der steifbeinige BMW. Aber: Ein Komfortwunder fühlt sich anders an. Querfugen, Gullydeckel und kurze Wellen dringen bei dem mit 19-Zoll-Rädern bestückten Testwagen spürbar in den Innenraum durch. Die serienmäßigen 17-Zöller versprechen da besseren Abrollkomfort. Geht es scharf um die Ecken, benimmt sich der Mercedes träger. Zwar hat der GLK 320 CDI die Parameterlenkung, doch bei zackigen Ausweichmanövern muss der Fahrer ordentlich kurbeln. Auch die Siebenstufen-Automatik fühlt sich eher im Kulturpalast als im Rockkeller heimisch. Sanft und manchmal etwas zögerlich wechselt sie die Gänge. Bei zurückhaltender Fahrweise wird schon bei 2000 Umdrehungen der nächste Gang eingelegt. Kein Wunder, schließlich bietet der Dreiliter-Diesel seine 540 Newtonmeter bereits bei 1600 Umdrehungen an. Sanft bringt der V6 den GLK ins Rollen, packt dann aber nachdrücklich zu und beschleunigt ihn in 7,8 Sekunden auf 100 km/h. Auf der Autobahn erreicht er laut Tacho 230 km/h und liegt dabei erstaunlich ruhig.

Das Fazit von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan

Guter Einstand für den GLK. Das kleine Mercedes-SUV beendet die Alleinherrschaft des X3 im Premium-Segment. Er ist ein typischer Mercedes, bietet mehr Fahrkultur als der BMW und hat durch sein kantiges Design einen markanten Auftritt.
Weitere Details zum Kompakt-SUV-Vergleich zwischen BMW und Mercedes gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel finden Sie im Heftarchiv als pdf.