Schon nach der ersten kurzen Vorstellung Ende 2007 war klar: Lexus meint es ernst mit dem IS F. Toyotas Edelmarke schlüpft vom grünen Öko-Dress des letzten Hybridbekenntnisses in den Trainingsanzug für die Muckibude. Wobei Lexus mit dem Stammsitz in Toyota (japanische Präfektur Aichi) eine perfektes Trainingsgelände direkt vor der Tür hat. Der Fuji Speedway, mit dem mächtigen gleichnamigen Vulkan im Hintergrund, ist nicht nur Formel-1-Rennstrecke, sondern dient dem japanischen Autoriesen auch als Test- und Entwicklungsstrecke. Für Lexus Grund genug, stellvertretend das F als Label für die Sportmodelle zu zementieren. Wer seine Sportmodelle nach einer Rennstrecke benennt, schleudert damit natürlich den Mächtigen der Szene den Handschuh ins Gesicht, was zur Folge hat, dass Lexus beim Kampf F gegen M gegen AMG Farbe bekennen muss. Und zwar mit dem vollen Programm: So trifft der Lexus IS F mit seinem 5,0-Liter-V8 und 423 PS auf die BMW M3 Limousine mit hoch drehendem 4,0-Liter-V8 und 420 PS sowie auf den Mercedes C 63 AMG, 6,2-Liter-V8, 457 PS.

Auf dem Rundkurs geben die drei Power-Limousinen alles

Und zwar haben die drei elitären Sportler gleich mehrfach das Vergnügen miteinander. Einmal auf der Nordschleife, wo das Wetter leider einen Strich durch die Rundenzeitennahme macht, und zum Zweiten auf dem Hockenheimring, um ebendiese nachzuholen. Doch bevor es so weit ist, gilt es, die Kontrahenten auf Charakter und technische Finessen zu durchleuchten. Zunächst den BMW. Als Limousine bietet der M3 platzmäßig mehr Kompromisse als das Coupé. Technisch bleibt er lobenswerterweise weit entfernt von Papas Sport-Limo für die ganze Familie. Das zeigt sich schon, wenn man morgens den kalten V8 per Stromstoß ins Leben holt. Dann sprotzt er vor sich hin, sägt und schafft es kaum, einen gleichmäßigen Leerlauf zu halten. Die Gänge des Sechsganggetriebes lassen sich nur durch viel Druck miteinander verzahnen. Auch die Kupplung braucht um den Schleifpunkt herum mehr Gefühl als sonst. Solche Diva-Allüren weisen entweder eine Zicke mit schlechter Laune am Morgen aus oder einen Fighter, der ohne Aufwärmprogramm zunächst etwas ungelenk losstakst. Jegliche Zweifel an der Mannhaftigkeit des M3 wischt er aber in der ersten Kurve vom Tisch. Mit der Exaktheit eines Zirkels zeichnet er den Radius nach, das Fahrwerk zeigt mit absoluter Gelassenheit und deftiger Härte, dass bis zum Grenzbereich noch ein ganzes Universum an Spielraum bleibt.

Der M3 lässt sich individuell an die Bedürfnisse seines Piloten anpassen

BMW M3
Der M3 ist auch als Viertürer weit weg von "Papis Sport-Limo für die ganze Familie".
Im Drehzahlmesser wandert der rote Bereich mit steigender Motortemperatur immer weiter bis über die 8000er-Marke. Erst bei freigegebener Höchstdrehzahl von 8400 Touren heißt es: Ready to race. Mit 420 PS und 1646 Kilogramm Leergewicht bringt der M3 weniger Leistung als seine Mitstreiter, aber auch weniger Masse an den Start – dazu das mit Abstand größte nutzbare Drehzahlband. Außerdem schmeichelt er Technikfans mit netten Spielereien. Mittels M-Taste (520 Euro) lassen sich eigens angelegte Fahrzeug-Setups aktivieren. Sinnvoll etwa in der Kombination aus bissiger Motorsteuerkennlinie mit aggressiver Gasannahme, enthemmt anpackender Stabilitätsregelung und zackig-direkter Lenkung. Aus einer Vielzahl von Parametern kann man so jede Menge M3-Alter-Ego programmieren. Dagegen wirkt der Lexus aus dem Land der Elektrospielereien überraschend langweilig. Per Taste lassen sich zwar die Elektronikhelfer auf "Sport", "Snow" oder "Normal" trimmen und das Stabilitätssystem deaktivieren, darüber hinaus muss man den IS F aber nehmen, wie er ist. Auch die serienmäßig Achtstufenautomatik kennt nur M und D. Wenigstens darf der Fahrer via Schaltpaddel eingreifen.
Ist hier weniger mehr? Schließlich hat man mit den 423 PS des 5,0-Liter-V8 auch so gut zu tun. Er presst in jeder Lebenslage mit bis zu 505 Nm Unmengen Power in den Drehmomentwandler und lässt die Automatik fleißig schalten. Diese haut die acht Stufen zackig durch, im M-Modus aber mit einer Härte, die sich nur beim Angasen auf der Rennstrecke ertragen lässt. Ebenfalls brachial schiebt sich die Soundkulisse in die Wahrnehmung. Beim ersten starken Beschleunigen über 3600 Umdrehungen fällt man fast vom Glauben ab. Da schalten sich zusätzliche Ansaugkanäle ins Geschehen, wodurch der Sound von elegantem V8-Gewummere zum Tourenwagen-Gebolze mutiert. Dagegen ist der M3 ein Waisenknabe. Aber ein ehrlicher, denn er bietet reines V8-Hochdrehkreischen und kein auf Dauer unanständig nervig-künstliches Ad-hoc-Losballern wie der IS F. Nicht nur das höhere Leergewicht von 1732 Kilogramm, auch die schlechtere Gewichtsverteilung von 54 Prozent auf der Vorderachse (M3: 51 Prozent) lassen den IS F zum M3 kopflastiger und schwerfälliger wirken. Dennoch leistet das Fahrwerk gute Arbeit. Mit eindeutiger Härte harmoniert es mit dem Charakter des IS F. Dazu passt auch die ausgewogen direkte Lenkung.

Charakterlich gleicht der Mercedes C 63 AMG dem Lexus IS F

Mercedes-Benz C 63 AMG
Stuttgarter Kraftpaket: Der C 63 AMG hat Kraft ohne Ende – und klingt auch so.
Vom Charakter her liegt der Mercedes C 63 AMG eher im Bereich des Lexus. Aus riesigen 6,2 Litern Hubraum schöpft er bis zu 600 Nm Drehmoment und strotzt damit vor Kraft. Aus jeder Drehzahlprovokation zieht der 457 PS starke V8 mit bärigem Gebollere durch. Ein Kraftprotz, weniger Drehzahlfeingeist. In eben dieser Manier präsentiert sich auch das Fahrzeug drum herum. Laut und auffällig liebt der C 63 die Show und schreit förmlich nach Burnouts und Quertreiberei. Keiner geht so willig in den Drift wie er. Die übersteuernde Ausrichtung mit eher hemdsärmeliger Gasannahme macht extrem viel Spaß, kostet aber Zeit und Sprit. Der C 63 schluckt wie ein Weltmeister, im Schnitt heftige 16,5 Liter Super Plus, über drei Liter mehr als die Rivalen. Mit 1818 Kilogramm wuchtet er die meisten Kilos auf die Waage, aber auch den größten Hubraum, die meiste Leistung und eine schnell schaltende Siebenstufenautomatik. Wirklich entscheidende Vorteile bringt dies alles aber nicht. Beim Spurt auf Tempo 100 erkämpft sich der Mercedes mit 4,7 Sekunden nur einen knappen Vorsprung vor BMW und Lexus (beide 4,8). Bei längeren Sprints fällt der Abstand deutlicher, aber nicht kriegsentscheidend aus.
Beim umgekehrten Prozedere, dem Bremsen aus 100 km/h bis auf null, liegt der M3 mit seinen serienmäßigen Verbundscheiben und Top-Werten von 34,6 Metern bei warmer Bremse vorn. Der Mercedes braucht 35,9, der Lexus 36,0 Meter. Weniger lobenswert: der erste Platz des M3 beim Tiefstapeln. Schließlich rennt er statt der angegebenen 250 km/h Spitze tatsächlich 260. Auch der IS F übertreibt mit 277 zu angegebenen 270 km/h. Nur der C 63 liegt mit 248 echten zu 250 theoretischen km/h auf Kurs.
Wie sich die drei Power-Limousinen auf dem Hockenheimring geschlagen haben, erfahren Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Vergleichstest mit allen Tabellen gibt es im Heftarchiv als pdf.

Von

Oliver Strohbach