Straßenkünstler haben es schwer. Wer das Publikum auf offener Bühne im Handstreich für sich gewinnen will, muss sich von der Masse abheben. Das haben die Kreativen mittlerweile wieder begriffen und Autos geschaffen, die so recht in keine Schublade passen wollen. Mit Charme und Witz überschreiten sie bewusst Grenzen. Kia Soul, Citroën C3 Picasso und Honda Jazz sind solche jungen Wilden, die sich absichtlich zwischen die Stühle setzen. Sie bieten Form und Format zu bezahlbaren Preisen. Wer erhält den meisten Beifall? Einen besonders selbstbewussten Auftritt legt der Kia Soul hin. Er macht auf muskulösen Macho, der sich breitschultrig in den Wind stellt, wo andere Mini-Vans mit uniformem One-Box-Design den Weg des geringsten Widerstands suchen. Auf seinen bulligen 18-Zoll-Rädern ähnelt der 4,10 Meter kurze Soul – wohl nicht ganz zufällig – einem zu heiß gewaschenen Mercedes GLK.

Der Kia Soul hat viel Platz für die Passagiere und wenig fürs Gepäck

Kia Soul
Ein Van im klassischen Sinn ist der Soul ohnehin nicht, denn er verteilt den knappen Raum sehr einseitig: Passagiere sitzen vorn und hinten aufrecht bequem, in den Kofferraum passen aber nur 222 Liter. Außerdem beschränkt sich die Variabilität auf klappbare Rücklehnen. Viele Kleinwagen bieten hier mehr. Der Honda Jazz sowieso. Sein Stauraum ist fast doppelt so groß, obwohl er 20 Zentimeter kürzer ist. Bei ähnlich großzügigen Platzverhältnissen für die Passagiere, wohlgemerkt. Zum Raum-Künstler adelt den Japaner aber erst sein geniales Klapp- und Faltsystem der Rückbank, bei hochgestellter Sitzfläche passen bis zu 1,28 Meter hohe Gegenstände in den Fond. Da sieht selbst der Citroën C3 Picasso klein aus. Wie der Soul erteilt der 4,07-Meter-Van dem One-Box-Design eine Absage, zieht stattdessen eine freche Schnauze. Vorn sitzt man wie in einem luftigen Wintergarten. Hinten geht es jedoch spürbar enger zu als bei den Konkurrenten, Erwachsene stoßen mit Kopf und Knie rasch an die Grenzen.

Die Einrichtung des Citroën C3 Picasso ist wohnlich und hat Stil

Citroën C3 Picasso
Das Frachtabteil zeigt schon mehr Talent, zumal die verschiebbare Rückbank und ein flexibler Ladeboden genügend Variationsmöglichkeiten bereithalten. Der Verstellbereich der Vordersitze fällt für Lange allerdings knapp aus, ebenso die Sitzflächen. Dennoch fühlt man sich wohl im C3 Picasso: Die Einrichtung ist wohnlich und hat Stil. Ordentlich verarbeitet präsentiert sich der Franzose zudem. Im Kia dominiert dagegen tristes Schwarz, die Hartplastiklandschaft zieht sich vom übersichtlichen Armaturenträger bis in die Türverkleidungen. Und passt so gar nicht zum frechen Äußeren. Unter stimmungsvollem Soul stellt man sich jedenfalls etwas Peppigeres vor. Im Jazz stimmt der Ton, er ist gefälliger eingerichtet, obwohl auch hier der suchende Finger auf hartes Plastik klopft. Mit den bequemsten Sesseln und der angenehmsten Sitzposition empfiehlt sich der Japaner dennoch für Langstrecken. Zumal auch der kultivierte und drehfreudige Motor des Honda mitspielt.
Zudem stimmt der Verbrauch, und spritzig ist der Vierzylinder auch noch. Nicht einmal der 26 PS stärkere Kia fährt dem Jazz davon. Wie auch? Das SUV-ähnliche Kleid des Soul bremst den Vorwärtsdrang ab 150 km/h spürbar, und mit der Durchzugskraft des kernigen 1600ers ist es auch nicht weit her. Hier kann der Citroën auch nicht mehr Punkte einfahren. Er versucht seine Schwäche mit einem sehr kurz übersetzten Fünfganggetriebe zu kaschieren. Das treibt jedoch den Verbrauch nach oben. Also Tempo raus. Und den Geräusch- und Federungskomfort genießen. Der ist deutlich besser als beim Jazz. Die unausgewogene Abstimmung lässt den Japaner auf schlechten Straßen kräftig hoppeln. Obwohl straffer gefedert, arbeitet das Fahrwerk des Kia insgesamt harmonischer, nur Querfugen kommen trocken durch. Dafür huscht er recht flink um die Kurven. Jazz und Picasso sind träger, ihnen liegt mit ihren gefühllosen Lenkungen eher die gelassene Gangart. Die Fahrstabilität ist – dank ESP – aber tadellos. Anders der Kia: Beim obligatorischen Ausweichtest lässt er das Heck weit heraushängen, weil das ESP zu zögerlich eingreift. Gut bei allen: die Bremsen.

Mit wenig Show und viel Talent verdient sich der Jazz den größten Applaus

Honda Jazz
Beim Preis nehmen sich die drei Charakterdarsteller nicht viel. In der jeweils besten Ausstattungsvariante kosten Kia und Honda knapp 19.000 Euro, für den C3 Picasso sind 20.400 Euro fällig. Auch an der Tankstelle kommt der Citroën am teuersten, er schluckt im Schnitt 8,3 Liter. Der Kia verbraucht einen halben Liter weniger, wird aber von den Versicherungen mit der höchsten Vollkasko- Typklasse bestraft. Dank fünfjähriger Garantie gewinnt der Soul dennoch knapp das Kosten-Kapitel. Den sparsamen Jazz (6,5 Liter) werfen hier hohe Unterhaltskosten und schlechtere Restwertprognosen zurück. Dennoch liegt der Jazz am Ende vorn. Sein Erfolgsgeheimnis: wenig Show, viel Talent. Den Applaus für seine Rolle als bester Straßen-Künstler hat er sich redlich verdient.
Wie die drei Straßenkünstler im Vergleich abgeschnitten haben, erfahren Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Heftarchiv.

Fazit

von

Uli Holzwarth
Der spaßige Soul nur auf Platz drei? Da haben wir uns auch gewundert. Und noch mal nachgerechnet. Doch es stimmt, nach Punkten zieht er in diesem Vergleich den Kürzeren. Der Citroën überholt den Kia mit mehr Komfort und Kofferraum. Der Honda Jazz gewinnt sogar zwei Kapitel, ist auch sonst ein eifriger Punktesammler. Und landet damit zu Recht auf Platz eins.

Von

Uli Holzwarth